Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2012: Schwerpunkt Internationalisierung
Internationalisierung auf Fakultätsebene
Zur Internationalisierungsstrategie der Universität Tübingen gehören nicht nur Maßnahmen und Projekte auf Universitäts-, sondern auch Fakultätsebene. Markus Pudelko und Dorothee Kimmich stellen die Strategien ihrer Fakultäten, der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät beziehungsweise der Philosophischen Fakultät, vor.
1) Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Markus Pudelko, Inhaber der Professur für Internationale Betriebswirtschaftslehre / International Management an der Universität Tübingen sowie Prodekan für Internationales und stellvertretender Dekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät:
Für die Universität Tübingen ist die Internationalisierung von Forschung und Lehre ein Kernanliegen nicht nur der Universitätsleitung, sondern auch der einzelnen Fakultäten.
Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät stellt sich dieser Herausforderung bereits seit geraumer Zeit. Kennzeichen hierfür sind:
- die internationale Vernetzung der an der Fakultät Forschenden,
- die hohe Prozentzahl der Studierenden, die ein Auslandssemester absolvieren und auch
- der in einigen Fächern bereits sehr hohe Anteil der englischsprachigen Lehre.
Gleichzeitig gibt es intensive Bemühungen, die Internationalisierung noch stärker institutionell in der Fakultät zu verankern. Dazu wurde beispielsweise die Stelle eines Prodekans für internationale Angelegenheiten eingerichtet und eine umfassende Internationalisierungsstrategie für die Fakultät entworfen. Bei deren Umsetzung sind selbstverständlich die unterschiedlichen Forschungs- und Lehrtraditionen an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät angemessen zu berücksichtigen. Es gibt innerhalb der Internationalisierungsstrategie aber auch fachbereichsübergreifende Herausforderungen, denen wir uns als Fakultät gemeinsam stellen müssen.
In der Lehre gehört hierzu beispielsweise der weitere Ausbau des englischsprachigen Lehrangebots. Erst kürzlich hat sich der wirtschaftswissenschaftliche Fachbereich dem Rektor der Universität Tübingen gegenüber in den sogenannten Commitment-Gesprächen verpflichtet, den Anteil der englischsprachigen Lehre in Betriebswirtschaftslehre und Volkwirtschaftslehre auf mindestens 60 Prozent auszubauen. Dies kommt dem Wunsch inländischer Studierenden entgegen, soll aber gleichzeitig auch die Einbindung ausländischer Gaststudenten erleichtern.
Weitere Zielsetzungen liegen im Ausbau von Doppelabschlüssen und internationalen Studiengängen mit jeweils hochrangingen Partnerinstitutionen. Beispielhaft für neu einzurichtende Doppelmaster stehen Masterprogramme in Comparative and Middle East Politics and Societies (Partner in Ägypten), in Quantitative Economics (Partner in Australien) und in Global Business (Partner in den USA). Weiterhin zu nennen ist der Master in International Business, der neben einem Jahr Studium in Tübingen ein weiteres Jahr Studium an einer oder zwei unserer renommierten Partnerinstitutionen in China, Japan, Korea oder Australien vorsieht.
Dies sind nur wenige Internationalisierungsaspekte aus dem Bereich der Lehre, aber selbstverständlich gibt es ebenso viele Berührungspunkte im Bereich Forschung, etwa im Hinblick auf internationale Forschungsnetzwerke oder die Promotionsausbildung. Wichtig ist hierbei neben einer verstärkten personellen Unterstützung auf Fakultätsebene, dass die Internationalisierungsbestrebungen nicht nur als eine Aufgabe einiger weniger Spezialisten angesehen wird, sondern eine Grundhaltung darstellt, die sämtliche Forschungs- und Lehrbemühungen durchdringt.
2) Philosophische Fakultät
Dorothee Kimmich, Inhaberin der Professur für Literaturwissenschaftliche Kulturwissenschaft / Kulturtheorie am Deutschen Seminar der Universität Tübingen sowie Prodekanin für Internationales der Philosophischen Fakultät:
Die Philosophische Fakultät ist durch Forschungs- und Lehrinhalte grundsätzlich international ausgerichtet. Es werden an dieser Fakultät mehr als vierzig Sprachen unterrichtet; zudem wird in mehr als zwanzig Sprachen geforscht, gelehrt und publiziert. Dazu gehören große und kleine, alte und neue Sprachen. Entsprechend viele Gastwissenschaftler und Gastwissenschaftlerinnen forschen und lehren an der Philosophischen Fakultät. Gleichzeitig studieren hier jährlich mehrere hundert ausländische Studierende ein oder mehrere Semester oder absolvieren auch ihr gesamtes Studium an der Fakultät. Nicht nur die modernen Philologien wie Anglistik, Romanistik oder Slavistik, sondern auch die meisten Kulturwissenschaften sind genuin international ausgerichtet; dazu gehören neben der Japanologie, der Sinologie, der Koreanistik und der Indologie auch die Orientalistik, die Islamwissenschaften, die Ethnologie, die Religionswissenschaften und die Archäologien. In allen diesen Fächern sind Studienaufenthalte und Forschungsprojekte im Ausland ebenso Teil des Fächerprofils wie die internationale Zusammenarbeit. Dazu unterhält die Fakultät in allen Fächern eine Vielzahl stark nachgefragter Erasmuspartnerschaften. Das gilt im Übrigen auch für alte Sprachen wie Latein und Griechisch, deren wissenschaftliche Community immer schon international zusammengesetzt war.
Explizit international ausgerichtete Bachelor- und Master-Studiengänge sowie Promotionsprogramme tragen ebenfalls zu einer verstärkten internationalen Orientierung der Philosophischen Fakultät bei. Dazu gehören:
- drei deutsch-französische Studiengänge mit den Partneruniversitäten in Aix-en-Provence und Marseille (Integrierter Deutsch-Französischer Bachelor- und Masterstudiengang Geschichte TübAix, Master Interkulturelle Deutsch-Französische Studien)
- ein internationaler Studiengang Computerlinguistik (Bachelor und Master) im Bereich der Linguistik (International Studies in Computational Linguistics ISCL) sowie
- ein deutsch-polnischer Studiengang Deutsch-polnische transkulturelle Studien (Profilbereich des Masterstudiengangs Slavistik; gemeinsamer Studiengang der Universitäten Warschau und Tübingen).
Weiter wird auch ein internationaler Promotionsstudiengang angeboten: International Erasmus Mundus Doctoral Programme (PhD) „Cultural Studies in Literary Interzones”. Die „Internationalen Literaturen“ als komparatistisches Fach bilden eine Querschnittsstruktur, mit deren Hilfe die Fakultät Kapazitäten aus nahezu allen Fächern bündeln und nutzen kann.
Eine weitere Besonderheit der Philosophischen Fakultät sind die drei Außenstellen der Universität Tübingen in Asien:
- das Tübinger Zentrum für japanische Sprache in Kyōto,
- das Tuebingen Center for Korean Studies at Korea University (TUCKU) in Seoul und
- das European Centre for Chinese Studies in Peking (ECCS)
Sie ermöglichen den Studierenden in den entsprechenden Fächern einen frühzeitigen Auslandsaufhalt, der den Sprachunterricht und ein Kennenlernen der Landeskultur vor Ort fördert.
Auch die Forschung an der Philosophischen Fakultät spiegelt den hohen Grad der Internationalisierung wider: Nahezu alle Forschungsinitiativen sind international ausgerichtet, sei es durch die jeweils beteiligten Forscher und Forscherinnen, den Untersuchungsgegenstand oder – in den meisten Fällen – beide Komponenten. Dazu einige Beispiele aus verschiedenen Bereichen des Asien-Orient-Instituts, der Neuphilologie und der Geschichte:
- die Forschergruppe „Monies, Markets and Finance in China and East Asia, 1600-1900: Local, Regional, National and International Dimensions“,
- das Projekt „Wertewelten“ und
- das Graduiertenkolleg „Religiöses Wissen im vormodernen Europa (800–1800). Transfers und Transformationen – Wege zur Wissensgesellschaft der Moderne“.
Zukünftig wird es für die Philosophische Fakultät notwendig sein, vor allem die Angebote an binationalen Studiengängen zu erweitern. Geplant ist hier unter anderem ein Studiengang mit koreanischen Universitäten in Seoul. Zudem werden internationale Promotionen vermehrt gefördert werden müssen, Bedingung hierfür ist eine Erleichterung und Standardisierung des Cotutelleverfahrens. Eine effektivere Vernetzung der internationalen Angebote ist ebenfalls geplant, dazu sollen bestehende Querschnittsstrukturen in der Fakultät gestärkt und neue geschaffen werden.