Uni-Tübingen

Informationen zu Rechten und Pflichten bei Arbeitskampfmaßnahmen

Ein Warnstreik dient dazu, eine allgemeine Streikbereitschaft für die Forderungen im Rahmen von Tarifverhandlungen deutlich zu machen. „Echte“ Streiks, die meist mehrtägig sind, finden erst nach gescheiterten Verhandlungen statt. Dies kann meist durch eine große Beteiligung an Warnstreiks verhindert werden und ist daher für alle Beteiligten vorteilhaft. Warnstreiks sind daher schon länger ein zulässiges Mittel in Tarifrunden (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.06.1988 [AZ 1 AZR 651/86]).

Die Arbeitsniederlegung ist für viele Kolleginnen und Kollegen eine besondere Situation, eine „Ausnahmesituation“. Damit im Fall einer Arbeitsniederlegung keine Unsicherheiten auftreten, haben wir nachfolgende einige Hinweise gesammelt:

Wer darf zu einem (Warn-)Streik aufrufen?

Nur die zuständige Gewerkschaft darf zu einem (Warn-)Streik aufrufen. Ist ein solcher Aufruf erfolgt, sind alle Gewerkschaftsmitglieder im Rahmen des Arbeitskampfes durch ihre Gewerkschaft abgesichert – von der Zahlung der Streikunterstützung bis hin zum Rechtsschutz im Falle einer Auseinandersetzung.

Dürfen auch Nicht-Mitglieder von Gewerkschaften am (Warn-)Streik teilnehmen?

Ja, auch sie haben dasselbe Streikrecht, welches sich aus unserem Grundgesetz herleitet.
Streiken darf auch jede/r, die/der direkt bei der Dienststelle angestellt ist, für den der Streik von den Gewerkschaften angekündigt ist. Wer streikt, kann sich direkt auf das Grundgesetz (GG) berufen. Nach Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG ist „das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, […] für jedermann und für alle Berufe gewährleistet“ („Vereinigungsfreiheit“).

Muss ich meinen Vorgesetzen Bescheid sagen?

Nein, aus rechtlicher Sicht sind Sie dazu nicht verpflichtet. Wenn Gewerkschaften zum Streik aufgerufen haben und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich dem Streikaufruf anschließen, ist automatisch die Arbeitspflicht für die Dauer des Streiks aufgehoben. Soweit in einem bestreikten Betrieb rechtswirksame Regelungen über Verhaltens- und Abmeldepflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Verlassen des Arbeitsplatzes oder des Betriebes bestehen, gelten diese nicht für Streiks!

Wenn Sie sich dennoch abmelden möchten, können Sie das gerne tun. Ein Post-It an der Tür oder am PC mit „Bin beim Warnstreik“ reicht vollkommen aus.

Nur „Schlüsselträger" müssen vor der Streikteilnahme bei ihrem Vorgesetzten anrufen und klären, wo sie den Schlüssel abzugeben haben oder wer ihn abholt, damit man während ihrer Abwesenheit an wichtige Schlüssel kommt.

Muss ich ein- oder ausstempeln?

Nein, das müssen Sie an einem ganztätigen Warnstreik nicht. Sie gehen einfach direkt zum Streik.

Der Personalrat empfiehlt Kolleg*innen in der Zeiterfassung, die Zeitgutschrift beispielsweise über einen Korrekturantrag im elektronischen Workflow abzuwickeln.
Beim Korrekturantrag „nur Textmitteilung“ auswählen und im Textfeld die entsprechende Zeitgutschrift mit Hinweis auf ihre Streikteilnahme beantragen.
Entsprechend zu verfahren ist bei Korrekturanträgen auf Papier oder bei schriftlicher Dokumentation vor Arbeitszeit.

Zur Frage der Abmeldung bzw. des „Ausstempelns“ bei Streikteilnahme gibt es noch weitere Informationen von ver.di (PDF).

Kann ich abgemahnt oder gekündigt werden, wenn ich streike?

Ein deutliches Nein! Es gilt das „Maßregelungsverbot“, da Sie Ihre Grundrechte nach Art. 9 Abs. 3 GG ausüben. Ein Streik, zu dem die Gewerkschaften aufgerufen haben, ist immer ein rechtmäßiger Streik. Sie sind also auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

Benachteiligungen wegen der Teilnahme an einem (Warn-)Streik sind unwirksam.

Wird mein Gehalt für die Zeit des Warnstreiks bezahlt?

Die Dienststelle kann die Vergütung um den Tag kürzen.

Bekommen Gewerkschaftsmitglieder Streikgeld?

Ja, für den ganztätigen (Warn-)Streik gibt es Streikgeld. Hierzu müssen Sie sich im Streiklokal registrieren. Wer am Streiktag Mitglied bei ver.di oder GEW wird, kann auch Streikgeld bekommen. Dazu muss man im Streiklokal Mitglied werden.

Darf der Arbeitgeber mir für die ausgefallene Arbeit Stunden vom Arbeitszeitkonto streichen?

Konsequenterweise ist auch dies verboten. Ein Verrechnen mit Gutstunden wäre nur möglich, wenn Arbeitsleistungen trotz grundsätzlicher Pflicht zum Arbeiten nicht erbracht werden, etwa beim „Abfeiern“. Das ist beim Streik aber gerade nicht der Fall, denn die Arbeitspflicht ist suspendiert.

Können Beamtinnen und Beamte mitstreiken?

Leider nein. Sie können aber freinehmen oder Überstunden abbauen, falls Sie die Kolleg*innen solidarisch unterstützen möchten.

Gilt das Streikrecht auch für Auszubildende?

Außerhalb des Berufsschulunterrichts dürfen sich auch alle Auszubildenden am (Warn-)Streik beteiligen.

Bin ich zur Leistung von Notdienst verpflichtet?

Im Wissenschaftsbereich kommt dies de facto nie vor. Sollte Ihr Chef auf die Idee kommen, Sie zur „Notarbeit“ zu zwingen, können Sie dies ignorieren. Zwingend notwendige Arbeiten können zwar vom Streik ausgenommen werden, um irreversible Schäden zu vermeiden, dies haben jedoch die streikführenden Parteien, also Arbeitgeber und Gewerkschaft, vorab in einer „Notdienstvereinbarung“ zu verhandeln und die Betroffenen werden informiert. Eine einseitige Regelung kommt nicht in Frage.

Kann ich auch im Homeoffice streiken?

Während des Streiks ruht das Arbeitsverhältnis, Streikteilnehmende enthalten dem Arbeitgeber ihre Arbeitsleistung vor. Das geht natürlich auch im Homeoffice.

Was gibt es bei Streikaktionen und Protestkundgebungen zu beachten?

Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat auch während des (Warn-)Streiks das Recht, an Streikaktionen und Protestkundgebungen teilzunehmen. Von diesem Recht sollten alle Kolleginnen und Kollegen Gebrauch machen, damit eine breite Öffentlichkeit von den Forderungen Kenntnis nimmt. 

Es können jederzeit weitere Kolleginnen und Kollegen, sowie mögliche Streikbrecherinnen und Streikbrecher angesprochen werden, um diese für den Arbeitskampf und die damit verbundenen Ziele zu gewinnen. 

Sollte es bei Protestkundgebungen/ Streikaktionen zu Problemen mit der Polizei kommen, ist ausschließlich die örtliche (gewerkschaftliche) Arbeitskampfleitung zuständig und an diese zu verweisen. Es müssen keinen Angaben zum Sachverhalt gemacht werden – lediglich Auskunft zur Person muss erteilt werden. 

Falls erforderlich, erhalten Gewerkschaftsmitglieder kompetenten Rechtsschutz.

Stand: 11/2021