Wissenschaftliche Koordination

Die Dissertation untersucht den Umbruch von karolingischer zu postkarolingischer Herrschaft im Königreich Provence (Niederburgund). Die Region brachte 879 den ersten nicht-karolingischen König hervor und stellte für wenige Jahrzehnte ein eigenes Reich dar, bevor sie im Hochmittelalter zu Burgund gehörte, und kann eine Fallstudie zur aktuellen Diskussion um die Transformation der karolingischen Welt liefern. Anders als das west- und ostfränkische Reich hat das Königreich Provence keine regionale Geschichtsschreibung hervorgebracht, was sich in einem geringen Interesse der modernen Forschung widerspiegelt (die letzte Regionalstudie zur Karolingerzeit stammt von 1901). Diese Dissertation begreift dagegen die Quellenlage als Charakteristikum der Region und baut die Analyse auf der Unterscheidung der Quellengattungen auf: Die kurzen Informationen zur Provence in narrativen Texten von außerhalb müssen konsequent in ihrem narrativen Zusammenhang gedeutet werden, wobei das Werk als politischer Beitrag zu einer spezifischen Diskussion der Entstehungszeit verstanden wird. Die nicht-narrativen Quellen, zu denen vor allem Königs- und Privaturkunden zählen, können dagegen einen Blick aus der Region selbst geben. Weil Urkunden weniger Verwaltungsschrifttum als Performanz von Politik sind, zeigen sich hier die politische Kultur und Herrschaftsstrukturen ebenso wie die weit über die Region hinausreichende Vernetzung der politischen Akteure.
 

-    Politik- und Sozialgeschichte der Karolingerzeit
-    Historiographiegeschichte, insbesondere die Debatte um mutation de l’an mil und feudal revolution
-    historische Narrativforschung
-    Geschichte des Mittelmeers
-    frühmittelalterliche Geschichtsschreibung