Diplomatik (3/3)
Die Kanzlei ist ein Hilfsbegriff für die Person(engruppe), die an einem Hof die Urkunden ausstellte. Vor allem im Früh- und Hochmittelalter war dies kein Verwaltungsapparat im modernen Sinn, sondern oft nur ein Geistlicher.
Entstehungsvorgang einer Urkunde:
- Antrag (petitio) des Empfängers, manchmal unterstützt durch die Intervention von Fürsprechern (oft hochgestellte Personen wie Kaiserin, Kanzler, Bischof)
- Nach Vollzug des Rechtsgeschäfts: Aussteller gibt den Beurkundungsbefehl an die Kanzlei.
- Urkunde wird ausgestellt (mundiert), teilweise unter Benutzung älterer Vorlagen.
- Rechtskraft erhält die Urkunde erst durch Vollziehung („Unterschrift“ des Ausstellers - oft stammt nur der Vollziehungsstrich im Monogramm vom Aussteller selbst - und Siegel).
- Urkunde wird ausgehändigt und öffentlich vorgelesen.
- Manche Kanzlei trägt auslaufende Urkunde ins Register ein.
- Mancher Empfänger (z.B. Bistümer, Stifte, Klöster) trägt Urkundeneingang in sogenanntes Chartular oder Kopiar ein.
Regesten:
Regesten sind kurze Zusammenfassungen (v.a. von Urkunden) durch Historiker unserer Zeit. Sie sind chronologisch geordnet und enthalten die Angabe von Aussteller, Empfänger, Rechtsinhalt, Datum und Ort. Am Rand findet sich oft ein Itinerar.
Ein wichtiges Beispiel sind die „Regesta Imperii“, deren Bände inzwischen als Faksimile online und durchsuchbar sind.
Anforderungen im Proseminar:
Am Ende eines Proseminars sollten Studierende (zumindest in Tübingen) in der Lage sein, eine gegebene lateinische Königsurkunde zu verstehen und eine Gliederung vorzunehmen. Des Weiteren sollte man sich allgemein über den Quellenwert von Urkunden äußern können.
© by Larissa Veronesi und Clemens Radl
Update 2006 by Valeria Lilie
Update 2017 by Annette Grabowsky