Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2022: Studium und Lehre

Geodatenmanager sind sehr gefragt

Tim Leutenmaier macht die berufsbegleitende Weiterbildung zum Geodatenmanager/in beim Tübinger Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung

Hochaufgelöste Luftbilder, aktuelle Satellitendaten, flächendeckende 3D-Stadt- und Landschaftsmodelle der Landesvermessung oder detaillierte Flurstücks- und Gebäudedaten aus dem Liegenschaftskataster: Geodaten über Landschaft und Liegenschaften gewinnen immer mehr an Bedeutung. Sie sind unverzichtbare Grundlagen für gesellschaftliche und politische Entscheidungen und kommen in vielen beruflichen Kontexten vor, sei es in der Verkehrs- oder Raumplanung, in der Landwirtschaft, im Marketing oder bei Standortfragen. Diese Geodaten müssen angesichts der fortschreitenden Zersiedlung der Landschaft nicht nur hinterfragt, sondern durch Fakten und Daten begründet werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über weitreichende Kenntnisse im Umgang mit Geoinformationssystemen (GIS) verfügen, werden daher in vielen Bereichen immer wichtiger.

Das Tübinger Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung bietet seit 2015 eine berufsbegleitende Weiterbildung „Geodatenmanager/in“ an. Die Nachfrage ist groß.

Tim Leutenmaier arbeitet seit 2015 bei der Stadtwerke Augsburg Netze GmbH in der Abteilung Netzdaten - Dokumentation und GIS. Seit Dezember 2019 macht er die Weiterbildung zum Geodatenmanager, um Spezialkenntnisse zu vertiefen und sich beruflich weiterzuentwickeln. Maximilian von Platen hat ihn interviewt.

Herr Leutenmaier, erzählen Sie ein wenig über Ihren beruflichen Werdegang

Nach dem Abitur habe ich ein Geographie-Studium begonnen. Schnell habe ich festgestellt, dass für mich eine Ausbildung mit starkem Anwendungsbezug besser passt als ein sehr breit gefächerter Studiengang. Deswegen habe ich 2015 bei den Stadtwerken Augsburg (SWA) eine Ausbildung zum Geomatiker begonnen - ein damals vergleichsweise neuer Ausbildungsberuf.

Die Ausbildung dauerte drei Jahre. Im ersten Jahr habe ich relativ viel Zeit an der frischen Luft verbracht und gelernt, wie und mit welchen Techniken man selbst Geodaten erheben kann. In meinem Fall ging es dabei um die Vermessung von Leitungssystemen (Wasser, Gas, Strom). Teil der Ausbildung ist aber auch die Frage, woher die Geodaten kommen bzw. welche Datenquellen es gibt – intern im Unternehmen durch eigene Datenerfassungen, aber auch extern, beispielsweise aus Katasterämtern. Ich habe die Grundlagen von Geoinformationssystemen (GIS) gelernt, dazu gehören auch die Bereiche Geodatenerfassung und Geodatenvisualisierung. 

Meine Tätigkeit als Geomatiker umfasste, das GIS der Stadtwerke Augsburg auf aktuellem Stand zu halten, neue Daten einzuarbeiten und bei Anfragen Daten bereitzustellen für alle Sparten der Stadtwerke oder auch für Kunden.

Welchen Mehrwert können Sie für Ihren Beruf aus der Weiterbildung zum Geodatenmanager ziehen?

Die Weiterbildung besteht aus drei Zertifikatslinien: Geographische Informationssysteme (GIS), Fernerkundung und Geodaten. Alle drei werden mit einem Certificate of Advanced Studies (CAS) abgeschlossen. Nach Absolvierung aller drei Zertifikate erhalte ich das Diploma of Advanced Studies (DAS), das vollständige Diplom zum Geodatenmanager.

Vom Zertifikat Geodaten habe ich bislang am meisten für meinen Job profitiert. Die SWA Netze GmbH hat ein zentrales Auskunfts-Geoinformationssystem, in dem alle Geodaten gespeichert werden und auf das bereits über 600 Nutzerinnen und Nutzer zugreifen. Dieses System soll permanent ausgebaut und verbessert werden, dabei stehen genau die Fragen im Mittelpunkt, die das CAS Geodaten behandelt: Wie baue ich eine Geodatenbank auf, wie speise ich Daten dort ein, wie strukturiere ich die Daten, wie kann ich die Daten in der Datenbank bearbeiten und im Web präsentieren. In der Regel passiert das mit der Programmiersprache Python, mit der ich vor meiner Weiterbildung noch nicht gearbeitet hatte.

Die Daten unseres Systems stammen aus sehr unterschiedlichen Quellen, von Vermessungen und auch externen Quellen, wie (digitalen) Liegenschaftskatastern. Die Leitungskataster sind dagegen noch nicht alle digitalisiert. 

Außerdem haben wir aktuell noch sehr viele Pläne im CAD-Format (computer-aided design), die nicht in unsere Datenbank integriert wurden. Diese Dateien sind statisch, man kann aus ihnen genauso wenig „intelligente“ Informationen herausziehen wie aus den früher von Hand gezeichneten Pläne. Datenbank-basierte Pläne bieten dagegen ganz andere Verarbeitungs- und Analysemöglichkeiten von Geodaten - beispielsweise Zustandsanalysen und -bewertungen -, wie sie für eine moderne Projektplanung notwendig sind. Ein wichtiges Projekt meiner Abteilung ist es, diese CAD-basierten Pläne in unsere Datenbank zu übertragen. 

Im Zertifikat Fernerkundung habe ich gelernt, wie sich mit Sensoren aus Satelliten, Flugzeugen und Drohnen Informationen über die Erdoberfläche erfassen lassen. Gezeigt wird außerdem, wie die gewonnenen Daten mittels Bildverarbeitungssoftware und anderer Bearbeitungswerkzeuge ausgewertet werden können. 

Das Zertifikat GIS war für mich eine sehr wertvolle Auffrischung von Inhalten aus meiner Berufsausbildung. Hinzu kamen neue Computeranwendungen sowie Geodaten, mit denen ich in meinem derzeitigen Job noch nicht zu tun hatte. Etwa die Erfassung von Daten mittels GPS, die Nutzung von öffentlich zugänglicher Open-Source-GIS-Software sowie die Arbeit mit Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationen. Ich habe in diesem Modul außerdem gelernt, welche Informationen man tatsächlich aus bestimmten Geodaten rausziehen kann, zum Beispiel wie man mit Höhendaten die Hangneigung oder die Hangausrichtung berechnen kann. Das geht weit über das hinaus, was ich aktuell bei meiner Tätigkeit mache.

Was gefällt Ihnen am DAS Geodatenmanager besonders?

Der DAS Geodatenmanager ist als Weiterbildung im Blended-Learning-Format konzipiert und vereint sehr gut verschiedene Lern- und Lehrformate. Mir haben besonders die vier Präsenzwochenenden pro Ausbildungslinie gefallen, da sie die Möglichkeit für Nachfragen und zum intensiven Austausch bieten. Die Ausbildungslinien dauern normalerweise vier Monate, dabei wird jedes Präsenzwochenende ergänzt durch ein Webinar mit der Möglichkeit zur Vertiefung einzelner Aspekte. Zu allen Modulen gehören außerdem Online-Seminare sowie das Selbststudium mit Online-Materialien. Am Ende jedes Zertifikats steht eine Abschlussarbeit, wahlweise zu den Modulen der jeweiligen Ausbildungslinie oder zu einem konkreten Projekt aus der eigenen Arbeit. 

Hat Ihr Arbeitgeber Sie bei der Weiterbildung unterstützt? 

Ich habe mich frühzeitig nach Möglichkeiten für eine duale Weiterbildung umgeschaut, mein Arbeitgeber hat mich dabei von Anfang an unterstützt. Ich bin dann über die Plattform gispoint.de auf das DAS Geodatenmanager des Tübinger Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung gestoßen und die Stadtwerke Augsburg waren mit diesem Vorschlag einverstanden. 

Bevor ich mit der Weiterbildung beginnen konnte, hatte ich ein Bewerbungsgespräch mit dem Programmkoordinator Jörg Knödler. Eigentlich ist ein Hochschulabschluss Voraussetzung für die Teilnahme, beruflich erworbene Kompetenzen können jedoch – wie in meinem Fall – als einem Hochschulabschluss vergleichbare Kompetenz anerkannt werden. 

Bereits kurz nach Beginn meiner Weiterbildung hatte ich ein Personalgespräch mit meinem damaligen Vorgesetzten. Dabei ging es konkret um einen Plan für meine Karriereentwicklung, einen möglichen Stellenwechsel und eine höhere Bezahlung. 

Mein Arbeitgeber übernimmt für mich die kompletten Fortbildungskosten in Höhe von 3.500 Euro pro Ausbildungslinie (befreit von Mehrwertsteuer). Außerdem werde ich an den Präsenzwochenenden für den Freitag vom Dienst freigestellt. Die übrigen Einheiten der Weiterbildung fallen in meine Freizeit.

Für mich hat sich die Weiterbildung nicht nur fachlich gelohnt: Seit 1. Juli 2022 arbeite ich nun als Geodatenmanager bei der SWA Netze GmbH, habe höherwertige Tätigkeiten übernommen und ein höheres Einkommen.

Das Interview führte Maximilian von Platen