Alte Geschichte

Das Tübinger Lykien-Projekt

Das Poliszentrum Kyaneai

Kyaneai liegt auf einem Plateau oberhalb des beeindruckenden Steilhangs, der die Ebene von Yavu nach Norden hin abschließt. Auf dem Siedlungshügel fanden sich zwei wohl bronzezeitliche Steinbeile, die dauerhafte Besiedlung allerdings setzte wohl erst um 500 v. Chr. ein. Zu dieser Zeit war Kyaneai noch lediglich einer - und wohl nicht der bedeutendste - unter mehreren Dynastensitzen im Yavu-Bergland, und entsprechend gibt es wenige Reste aus der klassischen Zeit. Zu ihnen zählen neben einzelnen Mauerstrukturen vor allem einige schöne Reliefs auf lykischen Sarkophagen (o. l.) und die z.T. prächtig gestalteten Felsgräber. Im 4. Jh. v. Chr. stieg Kyaneai dann zum Zentrum des Yavu-Berglandes auf. Es wurde in frühhellenistischer Zeit das Zentrum der das Yavu-Bergland einenden Polis. Zeugen dieser Zeit sind in Kyaneai u.a. die gut erhaltene Stadtmauer und das Theater.

Die meisten Baureste im ummauerten Stadtgebiet gehören jedoch in die römische Kaiserzeit, v.a. ins 2. Jh. n. Chr., als Kaiser Antoninus Pius sich wohl um die Stadt verdient machte. Eine große Thermenanlage (o. r.) ist ihm gewidmet. Auch Bürger von Kyaneai traten als öffentliche Wohltäter auf und wurden durch Inschriften dafür geehrt; besonders eindrucksvoll ist die Iason-Inschrift (u. l.).

Aus der Kaiserzeit stammen außerdem z.B. das "theneleion", eine Markthalle - später in eine dreischiffige Basilika umgewandelt - am Nordrand der Agora und ein dreibogiges, leider schlecht erhaltenes Prunktor im nordöstlichen Teil der Stadtmauer.
Das Denkmal Kyaneais schlechthin sind jedoch die über 300 typisch lykischen Sarkophage mit Spitzbogendeckel, die es nirgendwo sonst in ähnlicher Konzentration gibt. Sie stammen aus der Zeit vom 4. Jh. v. Chr. bis in die römische Kaiserzeit. Zu den ältesten gehört der reich mit Reliefs verzierte Sarkophag des lykischen Adligen Khudalije (o. l.). Den Deckel nehmen Reliefs von Viergespannen ein; dargestellt ist wohl eine mythologische Szene. Die weitaus meisten der Sarkophage von Kyaneai stammen jedoch aus römischer Zeit.
In spätrömisch-byzantinischer Zeit entstanden an Neubauten in Kyaneai vor allem Kirchen, doch durch Umbauten und eine leichte Vorschiebung der Stadtmauer, wozu zahlreiche Steine älterer Gebäude und sogar ganze Sarkophage und Grabhäuser verwendet wurden (u.), erreichte Kyaneai erst in dieser Zeit seine größte Ausdehnung. Es wurde als Siedlungsplatz zu Beginn des 14. Jhs. n. Chr.aufgegeben, wohl unter dem Druck des Vordringens der Seldschuken.