Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Welchen Anspruch habe ich?
Alle Beschäftigten haben einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung von bis zu sechs Wochen (TV-L, § 22 (1), Satz 1) - und zwar ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses. Dabei ist es unerheblich, ob für dieselbe Krankheit bei einem anderen Arbeitgeber bereits Leistungen erbracht worden sind.
Kommt zu einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine neue Erkrankung hinzu, so wirkt sich diese nicht verlängernd auf den Zeitraum der Entgeltfortzahlung aus (Grundsatz der Einheit des Verhinderungsfalls).
Beispiel: Ein Arbeitnehmer wird am 1.3. auf Grund einer Viruserkrankung arbeitsunfähig. Nach der ärztlichen Bescheinigung dauert diese Erkrankung bis zum 28.3. Während dieser Arbeitsunfähigkeit stolpert er am 23.3. auf der Treppe und erleidet einen komplizierten Bänderriss. Die aus diesem Unfall beruhende Arbeitsunfähigkeit dauert bis zum 25.4. Entgeltfortzahlung erhält er dennoch nur für die Zeit vom 1.3. bis zum 11.4.(sechs Wochen). Ab dem 12.4. erhält er Krankengeld und ggf. Krankengeldzuschuss (siehe unten).
Was passiert wenn ich länger krank bin?
Im Anschluß an die sechswöchige Entgeltfortzahlung erhält der Beschäftigte Krankengeld von seiner Krankenkasse. Voraussetzung ist, dass der Beschäftigte die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig seiner Krankenkasse durch eine ärztliche Bescheinigung nachweist; die Frist hierfür beträgt eine Woche.
Wie lange erhalte ich Krankengeld?
Das Krankengeld beginnt grundsätzlich mit dem auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgenden Tag bzw. mit dem ersten Tag der stationären Behandlung. Es wird für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit gewährt, wegen derselben Krankheit innerhalb von 3 Jahren jedoch maximal für 78 Wochen, die nicht zusammenhängend sein müssen. Kommt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, verlängert dies nicht die Leistungsdauer.
In welchen Fällen erhalte ich zusätzlich einen Krankengeldzuschuss?
Abhängig von der Beschäftigungsdauer wird zusätzlich zum Krankengeld ein Krankengeldzuschuss gezahlt:
Im TV-L, § 22 (3), Satz 1, ist geregelt, dass bei einer Beschäftigungszeit von mehr als einem Jahr der Krankengeldzuschuss längstens bis zum Ende der 13. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit gezahlt wird; bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren bis zum Ende der 39. Woche. Bei einer Beschäftigungszeit bis zu einem Jahr wird jedoch kein Krankengeldzuschuss gezahlt. Der Beschäftigte ist in diesem Fall nach Ablauf der sechs Wochen allein auf das Krankengeld der Krankenkassen angewiesen.
Zu Grunde gelegt wird dabei stets die Beschäftigungszeit, die während der laufenden Arbeitsunfähigkeit vollendet wird. Beispiel: Wird während der Arbeitsunfähigkeit die Beschäftigungszeit von einem Jahr erreicht, so entsteht ein Anspruch auf Krankengeldzuschuss. Der Beschäftigte wird dann so gestellt, als habe er die maßgebliche Beschäftigungszeit bereits zu Beginn des Krankengeldbezugs vollendet gehabt.
Für die Berechnung der Bezugszeiten ist immer vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit auszugehen, so dass der Krankengeldzuschuss für sieben bzw. höchstens 33 Wochen gezahlt wird.
Anspruch auf Krankengeldzuschuss bei Wiederholungserkrankungen
Dem Arbeitnehmer steht der Krankengeldzuschuss bei einer Wiederholungserkrankung nur einmal für bis zu 39 Wochen zu.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer mit einer Beschäftigungszeit von 13 Jahren erkrankt an Rheuma. Die Krankheit wird erstmalig am 01.12.2018 diagnostiziert (Beginn der Arbeitsunfähigkeit). Die Arbeitsunfähigkeit besteht ohne Unterbrechung bis zum 26.7.2019 fort. Am 27.7.2019 nimmt der Arbeitnehmer seine Tätigkeit wieder auf. Am 01.10.2019 wird er erneut auf Grund von Rheuma arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit besteht bis zum 20.1.2020. Am 21.1.2020 nimmt er seine Tätigkeit wieder auf. Am 2.5.2020 tritt erneut Arbeitsunfähigkeit wegen Rheuma ein.
Der Arbeitgeber leistet wie folgt:
Vom 01.12.2018 bis zum 11.1.2019 (sechs Wochen) wird das Entgelt fortgezahlt. Ab dem 12.1.2019 bis zum 26.7.2019 (Ende der 34. Woche nach Beginn der AU) wird Krankengeldzuschuss gezahlt.
Vom 01.10.2019 bis zum 04.11.2019 (5 Wochen) wird noch Krankengeldzuschuss gezahlt. Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist nicht entstanden, weil zwischen dem Ende der ersten Krankheitsperiode und dem Beginn der zweiten keine sechs Monate verstrichen sind.
Auch sind bei Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit seit dem Beginn der ersten Krankheitsperiode nicht zwölf Monate vergangen. Ab dem 05.11.2019 bis zum Ende dieser Krankheitsperiode steht dem Arbeitnehmer kein Krankengeldzuschuss mehr zu, weil insgesamt für diese Krankheit bereits für 39 Wochen Krankengeldzuschuss und Entgeltfortzahlung geleistet worden sind (34 Wochen erste Krankheitsperiode und fünf Wochen zweite Krankheitsperiode).
Ab dem Beginn der dritten Krankheitsperiode ab dem 02.05.2020 besteht wieder Anspruch auf Entgeltfortzahlung (seit dem Beginn der Ersterkrankung ist mehr als ein Jahr vergangen) und im Anschluss daran Anspruch auf Krankengeldzuschuss.
Besondere Probleme können bei Wiederholungserkrankung entstehen in Fällen, in denen die ersten sechs Wochen mit Entgeltfortzahlung bereits vergangen sind, so dass zu Beginn der Wiederholungserkrankung nur noch Krankengeldzuschuss zusteht und der Beschäftigte seine Erkrankung erst am Ende der Nachweisfrist ärztlich feststellen lässt.
Beispiel:
ein Arbeitnehmer mit einer Beschäftigungszeit von sieben Jahren ist in der Zeit vom 01.02.2020 bis zum 22.03.2020 arbeitsunfähig. Auf Grund derselben Krankheit wird er erneut am 02.05.2020 (Mittwoch) arbeitsunfähig. Erst am darauf folgenden Montag (07.05.2020) wird er beim Arzt vorstellig, dabei wird Arbeitsunfähigkeit bis zum 26.05.2020 festgestellt. Der Arbeitnehmer hat folgende Ansprüche gegen den Arbeitgeber:
In der Zeit vom 01.02.2020 bis zum 14.03.2020 hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung (sechs Wochen). Ab dem 15.03.2020 bis zum 22.03.2020 wird Krankengeldzuschuss gezahlt.
In der Zeit vom 02.05.2020 bis zum 07.05.2020 steht ihm weder Entgeltfortzahlung noch Krankengeldzuschuss zu, weil die Entgeltfortzahlungsfrist bereits durch die erste Krankheitsperiode aufgebraucht ist, er aber wegen der fehlenden ärztlichen Bescheinigung keinen Anspruch auf Krankengeld hat, so dass auch kein Krankengeldzuschuss gezahlt werden kann.
Erst ab dem 08.05.2020 hat er Anspruch auf Krankengeld und auf Krankengeldzuschuss.
Höhe des Krankengeldzuschusses
Der Krankengeldzuschuss wird grundsätzlich in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Nettoentgelt und dem Bruttokrankengeld gezahlt. Ausnahme: Für Beschäftigte die bis zum 30. 9.2005 unter den Geltungsbereich des BAT, § 71 ( **Erklärung siehe unten) fielen (Anspruch auf Entgeltfortzahlung für bis zu 26 Wochen) wird als Krankengeldzuschuss die Differenz zwischen dem Nettoentgelt und dem Nettokrankengeld gezahlt.
Berechnung des Nettoentgelts
Vom nach § 21 TV-L ermittelten Bruttoentgelt werden die gesetzlichen Abzüge, also Lohn- ggf. Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag, Arbeitnehmeranteile zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgezogen.
Berechnung des Krankengeldes
Die Höhe des Krankengeldes bestimmt sich nach § 47 Sozialgesetzbuch V. Das Krankengeld beträgt 70 % des kalendertäglichen Regelentgelts (Bruttoverdienst).
Das Regelentgelt wird im ersten Schritt ohne Berücksichtigung von Einmalzahlungen ermittelt. Bei Arbeitnehmern, die eine Monatsvergütung erhalten wird als Berechnungsgrundlage der Kalendermonat vor der Arbeitsunfähigkeit genommen und das gezahlte Entgelt durch 30 geteilt. Im zweiten Schritt wird das Regelentgelt um den 360.Teil der in den letzten 12 Monaten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit gezahlten Einmalzahlungen erhöht.
Das Krankengeld darf aber 90% des Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen (§47 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch V). Es wird deshalb eine Vergleichsberechnung zwischen 70 % des Regelentgelts und 90 % des Nettoarbeitsentgelts durchgeführt. In Höhe des niedrigeren Betrages besteht der Anspruch auf Krankengeld.
Das Nettoarbeitsentgelt wird vom Arbeitgeber ermittelt und der Krankenkasse mitgeteilt.
Absolute Höchstgrenze für das Regelarbeitsentgelt ist die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze, im Jahr 2020 beträgt sie 156,25 Euro, daraus ergibt sich ein Höchstkrankengeld von 109,38 Euro (täglich).
Das so ermittelte Krankengeld ist das Bruttokrankengeld. Von diesem werden noch die Arbeitnehmeranteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt (Nettokrankengeld).
TV-L § 22
Berechnung des Krankengeldzuschusses für Beschäftigte
Für alle Beschäftigten, die nicht unter die Regelung des § 71 BAT fielen, wird als Krankengeldzuschuss die Differenz zwischen dem Nettoentgelt und dem Bruttokrankengeld gezahlt.
entspricht 93 % des Nettoentgelts
TVÜ-L § 13
Berechnung des Krankengeldzuschuss für Beschäftigte, die unter die Übergangsregelung des § 71 BAT fielen
** Unter diese Vorschrift fielen alle Angestellten, die am 30.6.1994 und am folgenden Tag, dem 1.7.1994 in einem Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber im Geltungsbereich des BAT standen.
Als Krankengeldzuschuss wird die Differenz zwischen dem Nettoentgelt und dem Nettokrankengeld gezahlt.
entspricht 100 % des Nettoentgelts
Bei beiden Berechnungsarten ist zu beachten:
Die Berechnung des Krankengeldzuschusses erfolgt generell auf kalendertäglicher Basis. Während das gesetzliche Krankengeld aber stets pauschaliert auf Basis von 30 Kalendertagen ermittelt wird, wird das um die gesetzlichen Abzüge verminderte Entgelt (Nettoentgelt) nach der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage des jeweiligen Kalendermonats berechnet.
In der 4. / 5. Woche, wenn absehbar ist, wie lange Sie noch über die 6. Woche hinaus krankgeschrieben sind, nimmt die Krankenkasse Kontakt mit dem Arbeitgeber auf, um nach dessen Angaben das Ihnen zustehende Krankengeld zu berechnen.
Diese Berechnung der Krankenkasse, die Sie über Ihr kalendertägliches Krankengeld informiert, müssen Sie an das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) senden. Dadurch ersieht der Sachbearbeiter, wie viel Krankengeldzuschuss Ihnen persönlich zusteht und auf das Gehaltskonto überwiesen werden muss.
Sie können zusätzlich zu Ihrem Krankenkassenschreiben den Krankengeldzuschuss formlos anfordern, dies ist aber nicht zwingend nötig.
(Der Artikel wurde leicht verändert veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Personalrats der LMU München)
Stand: 10/2020