Wann gibt es Sonderurlaub bzw. Arbeitsbefreiung?
Der Personalrat wird von Beschäftigten häufig danach gefragt, unter welchen Voraussetzungen eine vorübergehende Befreiung von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge möglich sei. Im Folgenden geben wir dazu in Auszügen den Text des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) wieder, wo dem entsprechend besondere Anlässe für eine Arbeitsbefreiung geregelt sind.
1. Arbeitsbefreiung nach dem Tarifvertrag der Länder (TV-L)
§29, TV-L:
„(1) Nur die nachstehend aufgeführten Anlässe gelten als Fälle nach § 616 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), in denen Beschäftigte unter Fortzahlung des Entgelts in dem angegebenen Ausmaß von der Arbeit freigestellt werden:
a) Niederkunft der Ehefrau/der Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes: ein Arbeitstag,
b) Tod der Ehegattin/des Ehegatten, der Lebenspartnerin/des Lebenspartners im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, eines Kindes oder Elternteils: zwei Arbeitstage
c) Umzug aus dienstlichem oder betrieblichem Grund an einen anderen Ort: ein Arbeitstag,
d) 25- und 40-jähriges Arbeitsjubiläum: ein Arbeitstag,
e) schwere Erkrankung
aa) einer/eines Angehörigen, soweit sie/er in demselben Haushalt lebt: ein Arbeitstag im Kalenderjahr,
bb) eines Kindes, das das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wenn im laufenden Kalenderjahr kein Anspruch nach § 45 SGB V (Krankengeld bei Erkrankung des Kindes) besteht oder bestanden hat: bis zu vier Arbeitstage im Kalenderjahr,
cc) einer Betreuungsperson, wenn Beschäftigte deshalb die Betreuung ihres Kindes, das das 8. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung dauernd pflegebedürftig ist, übernehmen müssen: bis zu vier Arbeitstage im Kalenderjahr.
Eine Freistellung nach Buchstabe e) erfolgt nur, soweit eine andere Person zur Pflege oder Betreuung nicht sofort zur Verfügung steht und die Ärztin/der Arzt in den Fällen der Doppelbuchstaben aa und bb die Notwendigkeit der Anwesenheit der/des Beschäftigten zur vorläufigen Pflege bescheinigt. Die Freistellung darf insgesamt fünf Arbeitstage im Kalenderjahr nicht überschreiten.
f) Ärztliche Behandlung von Beschäftigten, wenn diese während der Arbeitszeit erfolgen muss: erforderliche nachgewiesene Abwesenheitszeit einschließlich erforderlicher Wegezeiten.
(2) Bei Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht besteht der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, wenn die Arbeitsbefreiung gesetzlich vorgeschrieben ist und soweit die Pflichten nicht außerhalb der Arbeitszeit, gegebenenfalls nach ihrer Verlegung, wahrgenommen werden können; soweit die Beschäftigten Anspruch auf Ersatz des Entgelts geltend machen können, besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Das fortgezahlte Entgelt gilt in Höhe des Ersatzanspruchs als Vorschuss auf die Leistungen der Kostenträger. Die Beschäftigten haben den Ersatzanspruch geltend zu machen und die erhaltenen Beträge an den Arbeitgeber abzuführen.
(3) Der Arbeitgeber kann in sonstigen dringenden Fällen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts bis zu drei Arbeitstagen gewähren. In begründeten Fällen kann bei Verzicht auf das Entgelt kurzfristige Arbeitsbefreiung gewährt werden, wenn die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es gestatten.
Protokollerklärung zu § 29 Absatz 3 Satz 2:
Zu den begründeten Fällen können auch solche Anlässe gehören, für die kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung besteht (zum Beispiel Umzug aus persönlichen Gründen).
(4) Auf Antrag kann den gewählten Vertreterinnen/Vertretern der Bezirksvorstände, der Landesbezirksvorstände, der Landesfachbereichsvorstände, der Bundesfachbereichsvorstände, der Bundesfachgruppenvorstände sowie des Gewerkschaftsrates beziehungsweise entsprechender Gremien anderer vertragsschließender Gewerkschaften zur Teilnahme an Tagungen Arbeitsbefreiung bis zu acht Werktagen im Jahr unter Fortzahlung des Entgelts erteilt werden; dringende dienstliche oder betriebliche Interessen dürfen der Arbeitsbefreiung nicht entgegenstehen. Zur Teilnahme an Tarifverhandlungen mit der TdL oder ihren Mitgliedern kann auf Anfordern einer der vertragsschließenden Gewerkschaften Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts ohne zeitliche Begrenzung erteilt werden.
(5) Zur Teilnahme an Sitzungen von Prüfungs- und von Berufsbildungsausschüssen nach dem Berufsbildungsgesetz sowie für eine Tätigkeit in Organen von Sozialversicherungsträgern kann den Mitgliedern Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts gewährt werden, sofern nicht dringende dienstliche oder betriebliche Interessen entgegenstehen.
(6) In den Fällen der Absätze 1 bis 5 werden das Tabellenentgelt sowie die sonstigen Entgeltbestandteile, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, weitergezahlt.“
Im Falle einer schweren Erkrankung nach Abs. 1, Buchstabe e) sollten Sie unbedingt den behandelnden Arzt ansprechen und sich eine Bescheinigung ausstellen lassen. Es ist wichtig, dafür nicht den Erholungsurlaub zu opfern, denn den brauchen Sie für Ihre Erholung, speziell wenn Sie Familienmitglieder pflegen und versorgen. Im Zweifelsfall wenden Sie sich direkt an den Personalrat.
2. Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG)
2008 trat die Reform der sozialen Pflegeversicherung in Kraft.
Einerseits stiegen die monatlichen Beiträge für die Pflegeversicherung um 0,25 %, andererseits wurde Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit eröffnet, sich zur Pflege von nahen Angehörigen frei stellen zu lassen:
§ 2, PflegeZG, eröffnet die Möglichkeit bis zu 10 Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben um nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren.
§ 3 und 4, PflegeZG, eröffnen die Möglichkeit einer unentgeltlichen Freistellung von der Arbeit für einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten. Hier muss bei der pflegebedürftigen Person mindestens die Pflegestufe 1 vorliegen.
§ 5, PflegeZG, regelt für die o.g. Fälle der Freistellung den Kündigungsschutz (welcher demjenigen im Mutterschutzgesetz ähnelt).
Stand: 01/21