Uni-Tübingen

A 03: Steine aus dem Süden. Der Austausch von Ressourcen zwischen Mesopotamien und dem Gebiet des Persischen Golfs

Projektleitung: Prof. Dr. Peter Pfälzner

Mitarbeiter/innen: Benjamin Glissmann, Maria Venne, Dr. des. Mohammad Karami

Zusammenfassung

In diesem Teilprojekt wird die Rolle des Persischen Golfes bei der Verteilung von Ressourcen über große Distanzen untersucht. Dabei wird insbesondere der Frage nachgegangen, welche Entwicklungen in der kulturellen Bewertung von Ressourcen sich im Verlauf des 3. Jt. v. Chr. ergeben haben. Es gilt zu klären, welchen Einfluss die mesopotamischen Staaten darauf genommen haben und welche sozio-kulturellen Dynamiken dadurch sowohl in den expandierenden Staaten und Großmächten Mesopotamiens, als auch in der Region des Persischen Golfes selbst entstanden sind. Für das 3. Jt. v. Chr. stehen die Periode der rivalisierenden Stadtstaaten oder die Frühdynastische Zeit (2900–2350 v. Chr.) und die Zeit des Großreiches von Akkad (2350–2150 v. Chr.) im Zentrum der Betrachtung. Es soll untersucht werden, in wie weit der kulturelle Umgang mit Ressourcen sich zwischen diesen beiden Perioden unterschieden hat und welche spezifischen ,RessourcenKulturen‘ sich daraus in den Kontaktzonen der Staaten und ihrer entfernten Austauschpartner entwickelten.

Fallstudie

Theoretischer Ausgangspunkt ist das traditionelle Paradigma, demzufolge in den frühen Staaten und Großreichen Mesopotamiens die Entwicklung eines interregionalen Austausches allein aus der Suche nach Rohstoffen für die heimische Versorgung hervorgegangen ist. Dem soll die Prämisse gegenüber gestellt werden, dass die Aneignung und Inwertsetzung von Materialien mit erheblicher kultureller Bedeutung eine ebenso große oder gar noch maßgeblichere Rolle dafür spielte. Dieser Ansatz geht von der These aus, dass die mesopotamischen Reiche des 3. Jt. v. Chr. sich in der Golfregion engagiert haben, weil sie bestimmte Materialien zu begehrten Ressourcen gemacht haben, indem sie ihnen eine besondere kulturelle Bedeutung zuwiesen. In diesem Zusammenhang sind in erster Linie Steine anzuführen, die über den Persischen Golf nach Mesopotamien gelangten. Am wichtigsten waren dabei für die Kulturen des 3. Jt. v. Chr. Lapislazuli, Karneol, Diorit und Chlorit.

Wissenschaftliche Ziele

Während die kulturelle Inwertsetzung dieser Ressourcen offensichtlich von Mesopotamien gesteuert war, ist zu fragen, welche sozio-politischen und sozio-kulturellen Dynamiken durch den Austausch dieser Ressourcen in der Kontaktzone zwischen Mesopotamien und den diese Ressourcen liefernden Regionen angestoßen wurden. Es ist damit zu rechnen, dass sich durch diese Austauschbeziehungen unterschiedliche Ressourcenkomplexe in der Kontaktzone des Golfes während der frühdynastischen und der akkadischen Zeit ausgebildet haben.


Als exemplarisches Untersuchungsgebiet für das Teilprojekt wurde die Region Hormuzgan auf der iranischen Seite des Golfes, an der Straße von Hormuz ausgewählt. Das Projekt beinhaltet eine archäologische Geländeuntersuchung von ausgewählten Bereichen der Region Hormuzgan. Hier wird das 3. Jt. v. Chr. in den besonderen Blickpunkt genommen. In den Geländebegehungen werden zudem GIS-Methoden für die Modellierung von Ressourcenkomplexen herangezogen, so dass an dieser Stelle eine Zusammenarbeit mit der Geographie stattfinden wird. Eine enge Zusammenarbeit ist außerdem mit der Tübinger Ethnologie vorgesehen, die bereits Forschungsvorhaben und Studienprojekte im Iran realisiert hat, über enge Kooperationsbeziehungen mit der Ferdowsi Universität in Mashhad verfügt und ethno-historische Voruntersuchungen zu Ressourcenaustausch und dessen Auswirkungen auf Siedlungs- und Infrastruktur an der Straße von Hormuz durchführen wird.

Bedeutung des Teilprojekts für den SFB

Der SFB wird durch dieses Projekt Einsichten in die Wirkungsweise von überregionalem Ressourcenaustausch und kultureller Inwertsetzung von Ressourcen erhalten und Einblicke in die daraus vor allem in der Kontaktzone verschiedener RessourcenKulturen entstehenden sozio-kulturellen Dynamiken gewinnen. Da hier Stadtstaaten und Großreiche in den Ressourcenaustausch involviert sind, wird eine aufschlussreiche konzeptuelle Gegenüberstellung mit den Entwicklungen in anderen, weniger hierarchisch organisierten Gesellschaften des Altertums möglich werden, die in anderen Teilprojekten des SFB untersucht werden.


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