Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2025: Leute
Einer der renommiertesten Toxikologen in Deutschland
Zum Tode von Professor Dr. Karl Walter Bock ein Nachruf von Michael Schwarz
Am 8. September 2025, dem Tag seines 90. Geburtstags, verstarb der Tübinger Toxikologe Professor Dr. Karl Walter Bock im Kreis seiner Familie nach kurzer, schwerer Krankheit. Mit ihm verliert die Toxikologie in Deutschland einen ihrer bekanntesten Vertreter.
Toxikologie ist die Wissenschaft der Gifte und Vergiftungen. Prof. Bock sah seine Aufgabe darin, die Wirkungsweise von Giften zu verstehen, um Menschen vor ihren unerwünschten Wirkungen schützen zu können.
Karl Walter Bock wurde 1935 in Pforzheim geboren. Nach dem kriegsbedingten Umzug nach Oberkirch und dem Abitur in Offenburg beschloss er, Pharmazie zu studieren, ein Studium, das er 1959 mit dem Staatsexamen abschloss. Um die Wirkungsweise von Arzneimitteln besser zu verstehen, schloss er daran ein Medizinstudium an. In einer Doktorarbeit am biochemischen Institut der Universität in Freiburg lernte er eine wissenschaftsorientierte Arbeitswelt kennen, die prägend für sein weiteres Berufsleben sein sollte.
Nach dem Medizinstudium und der für die Approbation vorgeschriebenen klinischen Tätigkeit arbeitete Karl Walter Bock von 1965 für 3 Jahre als wissenschaftlicher Assistent am Biochemischen Institut der Universität Freiburg in der Arbeitsgruppe von Hans Grunicke bevor es ihn, wie so viele junge Wissenschaftler zur Weiterbildung in die USA zog, damals ein Ort der wissenschaftlichen Freiheit. Hier arbeitete er als Stipendiat für 3 Jahre am Department für Zellbiologie der Rockefeller Universität in New York, wo er die Bekanntschaft mit den späteren Nobelpreisträgern Günter Blobel und George Palade machte, mit denen er sehr erfolgreich zusammenarbeiten und seine Erfahrungen über die Aufreinigung von Enzymen einbringen konnte.
Noch vor seinem USA-Aufenthalt lernte Herr Bock die Biochemikerin Barbara Hennig kennen, die ebenfalls auf dem Sprung in die USA war. Die beiden besuchten sich und gingen nach 2 Jahren über Japan, Indien und Afghanistan nach Tübingen, wo sie heirateten. Hier wurde auch der Sohn, Simon, geboren.
In Tübingen arbeitete er im Institut für Toxikologie unter der Leitung von Herbert Remmer und habilitierte sich 1973 für das Fach Pharmakologie/Toxikologie. Drei Jahre später übernahm er die Leitung der Abteilung Biochemische Pharmakologie am Zentrum für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Göttingen, von wo er 1987 als Nachfolger von Herbert Remmer zum Direktor des Tübinger Instituts für Toxikologie berufen wurde.
Zu den verschiedenen von Prof. Bock bearbeiteten Themenbereichen zählte zum einen die Biotransformation von Arzneimitteln und Fremdstoffen, die letztendlich der Ausscheidung dieser Stoffe aus dem Körper dient. Hierbei stand die Umsetzung mit Glucuronsäure im Mittelpunkt. In einem zweiten Arbeitsgebiet befasste er sich mit seiner Gruppe mit der Aufklärung der Mechanismen der Toxizität von Dioxinen, insbesondere deren kanzerogene Wirkung, um so das Risiko einer Gesundheitsgefährdung bei gegebener Exposition einschätzen zu können.
Neben der curricularen Lehre für Studierende der Humanmedizin im Fach Pharmakologie/Toxikologie war Prof. Bock entscheidend an der Etablierung des fakultätsübergreifenden Studienzweigs Chemie/Toxikologie, dem sogenannten „Schwarzen Zweig“ beteiligt, den eine beträchtliche Zahl von Studierenden durchlaufen haben, die heute in führender Position in Academia und Industrie arbeiten.
Prof. Bock hat darüber hinaus die Entwicklung der Toxikologie in Deutschland entscheidend mit geprägt. Als Vorsitzender der Sektion Toxikologie führte er diese in eine eigenständige Fachgesellschaft innerhalb der Dachgesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie (DGPT), was zu einer deutlichen Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Teilgesellschaften führte. Aufgrund seiner Verdienste wurde er im Jahr 2000 mit der Ehrenmitgliedschaft der Europäischen Gesellschaft für Biochemische Pharmakologie geehrt und erhielt 2012 die Oswald-Schmiedeberg-Plakette der DGPT, die höchste Auszeichnung der Fachgesellschaft.
Als neuberufener Professor ans Institut für Toxikologie durfte ich Karl Walter Bock in seiner sehr persönlichen und kollegialen Art näher kennen lernen. Auch nach seiner Emeritierung 2001 war Prof. Bock wissenschaftlich aktiv und es war immer eine Freude, mit ihm über neuere gemeinsame Themen diskutieren zu können. Er wird uns fehlen.