Uni-Tübingen

Was ist eine Abmahnung?

Eine Abmahnung ist eine ernste Angelegenheit, ihre möglichen arbeitsrechtlichen Folgen dürfen nicht unterschätzt werden: Im Allgemeinen gesprochen (und nicht im Speziellen auf die Universität bezogen), bereiten in manchen Fällen Arbeitgeber mit der Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung vor.

Der Arbeitgeber beanstandet ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin, verbunden mit dem Hinweis, dass im Wiederholungsfalle der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber weitere Beweggründe haben, die vom wohlmeinenden „Schuss vor den Bug" bis zum kalkulierten „Abschuss“ eines/einer schlecht gelittenen Beschäftigten reichen können.

Eine direkte gesetzliche Grundlage gibt es für die Abmahnung nicht, sie ergibt sich jedoch aus einer langjährigen arbeitsrechtlichen Rechtsprechung. In § 323 BGB ist sinngemäß geregelt, dass vor einer Vertragsauflösung die Möglichkeit einer Nachbesserung oder Nachfrist eingeräumt werden muss. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebietet, dass den Beschäftigten die Chance gegeben wird, ihr steuerbares vertragswidriges Verhalten zu ändern. Da eine Kündigung immer das letzte Mittel ist, muss davor in der Regel mindestens eine Abmahnung erfolgt sein.

Beanstandungsfunktion

Wirksam ist eine Abmahnung dann, wenn eine klare Beanstandung eines Fehlverhaltens erfolgt. Der Arbeitgeber muss das beanstandete Verhalten konkret bezeichnen. Pauschale Formulierungen wie „mangelhafte Arbeitsleistung“ reichen dafür nicht aus, es muss ein klarer arbeitsvertraglicher Verstoß vorliegen, z. B. einkaufen gehen während der Arbeitszeit.

Hinweisfunktion

Die Hinweisfunktion zeigt auf, dass bestimmte Handlungen oder ein bestimmtes Verhalten als vertragswidrig angesehen werden. Der Arbeitgeber formuliert es meistens so: „Wir sind nicht bereit, eine derartige Pflichtverletzung länger hinzunehmen“. Ein solcher Hinweis hat immer auch die Funktion, auf das steuerungsfähige und damit veränderbare Verhalten der Beschäftigten Einfluss zu nehmen.

Warnfunktion

Unabdingbar für die Abmahnung sind die Warnfunktion und der Hinweis auf arbeitsrechtliche Folgen, wenn das vertragswidrige Verhalten fortgesetzt wird. Es muss klar und deutlich werden, dass im Wiederholungsfalle bestimmte Sanktionen eintreten. Die Formulierung könnte so lauten: „Im Wiederholungsfalle werden wir geeignete Schritte einleiten. Bei einer weiteren derartigen Pflichtverletzung müssen Sie mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen“. Im schlimmsten Falle wird mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses gedroht. Andere Rechtsfolgen können die Versetzung und Schadensersatzforderungen sein.

Wird aus der Formulierung des Arbeitgebers jedoch die Rechtsfolge für die Beschäftigten gar nicht deutlich, sind entsprechende rechtliche Konsequenzen auch nicht durchsetzbar.

Entbehrlichkeit der Abmahnung

Ausnahmsweise ist die Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung entbehrlich, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer nicht willens und nicht in der Lage ist, sich vertragstreu zu verhalten, oder wenn die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung gegeben sind.

Beispiele für Abmahnungsgegenstände:

Unentschuldigtes Fehlen, Unpünktlichkeit bei Arbeitsbeginn oder -ende, Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften, Verschwendung von Betriebsmitteln, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, verspätete Anzeige einer Erkrankung.

Hat der Arbeitgeber die Abmahnung ausgesprochen, kann er wegen dieses bereits angemahnten Sachverhalts nicht nachträglich kündigen.

Abmahnung: mündlich oder schriftlich?

Eine Abmahnung kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Aus Gründen der späteren Beweisbarkeit ist für einen Arbeitgeber die Schriftform vorteilhafter, denn er trägt die Beweislast. Entscheidend für eine Abmahnung ist der Inhalt, nicht der Titel oder die Überschrift. Beanstandungs-, Hinweis- und Warnfunktion müssen deutlich erkennbar sein. Eine Abmahnung und die Stellungnahme dazu werden in der Regel in die Personalakte aufgenommen.

Wie lange eine Abmahnung dort verbleibt ist gesetzlich nicht festgelegt. Je nach Schwere des Vergehens kann die Abmahnung schon nach einem Jahr oder aber auch sehr viel später gelöscht werden.

„Anhörung“ – was tun?

Die Praxis an der Universität sieht folgendermaßen aus: Die Beschäftigten bekommen im Rahmen eines Anhörungsverfahrens durch die Personalabteilung die Möglichkeit, zu den geäußerten Vorwürfen innerhalb einer festgelegten Frist Stellung zu nehmen. Gleichzeitig können sie auf einem Formular ankreuzen, dass der Personalrat beteiligt werden soll.

Je nach Schwere der geäußerten Vorwürfe sollte sich die/der Beschäftigte juristisch beraten lassen, bevor sie/er die schriftliche Stellungnahme verfasst. Gewerkschaftsmitglieder können sich an den Rechtsschutz ihrer Gewerkschaft wenden.

Die Rolle des Personalrats

Im Landespersonalvertretungsgesetz ist das Anhörungsrecht des Personalrats bei schriftlichen Abmahnungen für Beschäftigte im §81 Abs.2, Satz 2 geregelt.

Der Personalrat bekommt, soweit von der/dem betroffenen Beschäftigten auf dem mitgeschickten Formular angekreuzt, von der Personalabteilung eine Mitteilung, dass sie beabsichtigt, eine Abmahnung auszusprechen. In diesem Fall macht der Personalrat gegebenenfalls von seinem Informationsrecht Gebrauch und hört die Beteiligten zu dem Sachverhalt an. Hält der Personalrat die Maßnahme für ungerechtfertigt, lehnt er sie in einer schriftlichen Stellungnahme ab. Diese Stellungnahme wird für die Beschäftigten vor allem dann wichtig, wenn es später zu einer verhaltensbedingten Kündigung und einem Prozess vor dem Arbeitsgericht kommt.

Danach entscheidet die Personalabteilung, ob sie von dieser Maßnahme ganz absieht, diese in eine Ermahnung ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen für die betroffene Person umwandelt oder trotz der Stellungnahme an der Abmahnung festhält. 

Stand: 03/21