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02.04.2024

Bildungsforscher:innen und Bildungspraktiker:innen verteidigen digitale Medien an Schulen

Forschungslage gibt keinen Anlass für einen Digitalisierungsstopp an deutschen Schulen.

Mit der Veröffentlichung einer Stellungnahme zu den negativen Einflüssen von digitalen Medien im Unterricht, entfachte das schwedische Karolinska-Institut auch in Deutschland eine Debatte über die Ausstattung von Schulen mit digitalen Endgeräten. In einer Gegendarstellung ordnen Bildungsforscher:innen und Bildungspraktiker:innen die Forschungslage und betonen, dass die Qualität des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht entscheidend ist.

Spätestens seit der COVID-19 Pandemie hat der Einsatz von digitalen Medien im Bildungskontext weltweit Vorschub erhalten. In Deutschland wurde dabei lange Zeit ein zu langsames Tempo der Digitalisierung bemängelt. Nun werden seit mehreren Monaten jedoch Stimmen lauter, die vor digitalen Medien im Unterricht warnen und den Fokus in dieser Diskussion verschieben. Ein prominentes Beispiel ist die Stellungnahme des schwedischen Karolinska-Instituts vom 28. April 2023. Darin kritisieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die nationale Digitalisierungsstrategie der schwedischen Bildungsbehörde. Insbesondere weist die Stellungnahme darauf hin, dass digitale Medien im Unterricht negative Wirkungen auf das Lernen von Schülerinnen und Schüler hätten, wie die Konzentration und das Lernverhalten.

In einer gemeinsamen Gegendarstellung kritisieren Bildungsforscherinnen und Bildungsforscher der Universitäten Tübingen, München und Potsdam, des Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM), des Leibniz- Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), des Forums Bildung Digitalisierung sowie Bildungspraktiker nun die einseitige Darstellung des Karolinska-Instituts. Eine differenzierte Betrachtung der Forschungslage gebe keinen Anlass, dem von Skandinavien ausgehenden, geforderte Digitalisierungsstopp an deutschen Schulen zu folgen. Zudem sei die Diskussion über Fragen zur Ausstattung mit digitalen Medien hinaus und sollte nun nicht wieder zwei Schritte zurückgehen.

Die Autorinnen und Autoren der Gegendarstellung betonen, dass das Ziel der digitalen Transformation nicht darin bestehe, den Unterricht, um der digitalen Medien willen digital zu gestalten. Für die Effektivität des Unterrichts seien weniger die sichtbaren Strukturen wie Methoden, Medien oder Sozialformen, sondern die sogenannten Tiefenstrukturen ausschlaggebend, also die tatsächlich ablaufenden Lehr-Lernprozesse. Digitale Medien per se führten nicht automatisch zu einem wirksamen Unterricht, vielmehr komme es darauf an, lernförderlichen Bedingungen zu schaffen: „Es ist die Qualität und nicht die Quantität der Nutzung von digitalen Medien im Unterricht, die bedeutsam für erfolgreiche Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern ist“, erklärt Co-Autor der Gegendarstellung Dr. Tim Fütterer.

Lehrkräfte seien daher gefordert, die Stärken digitaler Medien wie beispielsweise individuelles Feedback in ihren Unterricht zu integrieren und gleichzeitig deren Schwächen wie beispielsweise Ablenkungen zu minimieren. Ein Ansatzpunkt zu einem lernförderlichen Einsatz digitale Medien liege deshalb darin, die medienbezogenen Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern zu fördern.

Originalpublikation:

Fütterer, T., Gerjets, P., Cress, U., Lachner, A., Meurers, D., Köller, O., Fischer, F., Scheiter, K., Müller-Eiselt, R., Nuxoll, F., Bronner, P., Blume, B. & Trautwein, U. (2024, März 26). Wir sollten uns nicht durch die Stellungnahme des Karolinska-Instituts beirren lassen. https://www.campus-schul-management.de/magazin/gegendarstellung-karolinska-studie 

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