Unter der Projektleitung von Professor Bernhard Pörksen vom Institut für Medienwissenschaft der Universität Tübingen und Dr. Wolfgang Krischke, Journalist und Lehrbeauftragter für Sprachwissenschaft an der Universität Hamburg, haben 23 Studierende der Universität Tübingen mit prominenten Politikern, Journalisten, Intellektuellen und Lobbyisten gesprochen und die Interviews Anfang Februar als Buch unter dem Titel „Die gehetzte Politik. Die neue Macht der Medien und Märkte“ veröffentlicht. Ziel war, herauszufinden, wie sich die mediale Dauerbeobachtung, der Journalismus der Gegenwart und die Krisendiagnosen aus der Finanzwelt auf die Politik auswirken. Kati Trinkner, 24, studiert Medienwissenschaft und Germanistik an der Universität Tübingen. Sie sprach im Rahmen des Lehrprojektes mit Nikolaus Blome, dem stellvertretenden Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, mit Daniel Domscheit-Berg, dem ehemaligen Sprecher von WikiLeaks, sowie mit dem Philosophen und Publizisten Richard David Precht. Johannes Baral befragte Trinkner zum Buchprojekt und den Erfahrungen, die sie dabei gesammelt hat.
Wie war es, einen Medienprofi wie Nikolaus Blome zu interviewen?
Da er stellvertretender Chefredakteur der „Bild“-Zeitung ist, hatten wir natürlich schon das Image seiner Zeitung im Hinterkopf. Herr Blome hat dann aber im Gespräch seine Arbeit durch brillante Rhetorik so vermittelt, dass man die mitgebrachten Vorurteile schnell relativiert hat. Es war ein sehr offenes, angenehmes Gespräch, das ihm offensichtlich auch gefallen hat, da er uns deutlich mehr Zeit als die vereinbarte Stunde gegeben hat.
Wie sind Sie und die anderen Studierenden dazu gekommen, an diesem Projekt teilzunehmen? Musste man sich dafür bewerben?
Ja, hier gibt es ein normales Bewerbungsverfahren. Die Ausschreibung läuft über den Career Service der Universität Tübingen und das Veranstaltungsangebot der Medienwissenschaft, richtet sich aber prinzipiell an Studierende aller Fächer. Wir hatten also auch Studierende der Geschichte, Theologie, Politik oder Soziologie im Team. Ich selbst habe bereits an dem Buch „Die Casting-Gesellschaft. Die Sucht nach Aufmerksamkeit und das Tribunal der Medien" mitgearbeitet, das Herr Pörksen und Herr Krischke 2010 herausgegeben haben. In das neue Buchprojekt bin ich dann aufgrund der damaligen Mitarbeit „reingerutscht“. Das aktuelle Buchprojekt ist bereits das fünfte dieser Art, das Professor Pörksen Studierenden angeboten hat. Im Idealfall sollten die Bewerber bereits einschlägige Vorerfahrungen haben und viel Motivation mitbringen. So ein Projekt bedeutet viel Arbeit, das kann man nur schaffen, wenn man wirklich Lust hat, sich darauf einzulassen.
Welche Aufgaben hatten Sie im Rahmen des Projekts?
In erster Linie war die Aufgabe, Interviews zu führen und zu schreiben. Dazu gehörte natürlich auch die sehr umfangreiche redaktionelle Vorarbeit. Nach der Themenfindung, dem Führen der Interviews, dem Schreiben und der Abgabe in den Druck Ende Oktober kam dann die Planung und Umsetzung von Marketingmaßnahmen dazu, woran das ganze Team beteiligt war. Dazu gehörte beispielsweise, dass wir die meisten Interviews als Vorabdrucke an Medien verkauft haben. Unsere Sitzungen zum Projekt waren eher redaktionell geprägt, also keine typischen Seminarsitzungen. Wir sind von einer wissenschaftlichen Grundidee ausgegangen und haben diese zu einem Buchkonzept verarbeitet. Ausgangspunkt war die Frage, wie und warum Politik vor dem Hintergrund des medialen Drucks inszeniert wird. Auf dieser Basis haben wir uns dann Gedanken gemacht, wer für diese Fragestellung als Interviewpartner geeignet ist.
Was haben Sie im Rahmen des Projektes für ihr Studium und ihren späteren Beruf gelernt?
Die Mitarbeit an diesem Buch hat vor allem das Selbstbewusstsein gestärkt, da wir für die Interviews die „kleine universitäre Blase“ verlassen mussten. Wir waren im Grunde zum ersten Mal „Akteure auf der großen Weltbühne“, was sehr spannend war. Das hat die eigene Professionalität geschult. Ich selbst habe das Projekt zudem noch als Hiwi betreut und bei der Koordination und Planung der Interviews im Hintergrund mitgewirkt. Zu meinen Aufgaben gehörte auch, den Überblick über die Produktion zu behalten. Die Interviews sind natürlich auch sehr gute Arbeitsproben für spätere Bewerbungen.
Wie geht’s weiter nach dem Studium?
Ich habe heute meine Bachelorarbeit abgegeben! Als Nächstes werde ich einen Masterabschluss in Angriff nehmen, eventuell weiterführend im Bereich der Medien, vielleicht auch im Bereich der Literatur- oder Kulturwissenschaft oder - das Buch hat mein Interesse durchaus verstärkt - in der Politikwissenschaft. Ob es beruflich in den Journalismus gehen soll, weiß ich noch nicht. Was mir an dem Buchprojekt besonders gefallen hat, war nämlich, dass man für die Interviews deutlich mehr Zeit für die Vorbereitung hatte als es im Journalismus meistens möglich ist. Von daher könnte ich mir die Arbeit bei einer Wissenschaftlichen Zeitschrift oder einem Verlag sehr gut vorstellen.