Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2014: Forschung

Die geheime Geschichte von „müssen”

Humboldt-Stipendiat zu Gast in Tübingen: Sprachwissenschaftler Dr. Igor Yanovich

Seit März forscht Humboldt-Stipendiat Dr. Igor Yanovich am Seminar für Sprachwissenschaft (SfS) der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen. Der russische Linguist untersucht hier den Bedeutungswandel der Sprache unter Einsatz von computerlinguistischen Methoden, der Titel seiner Arbeit lautet "Unsupervised computational methods for extracting fine-grained semantic information about modals from historical and understudied-language corpora". In der Computerlinguistik entwickelt man Datenstrukturen und Algorithmen für die Sprachverarbeitung; mit quantativen Methoden ist es möglich, enorme Textmengen auf verborgene Bedeutungen und grammatikalische Strukturen hin zu analysieren und dabei neue, umfassende Erkenntnisse zu gewinnen. Diese Methoden setzt Dr. Yanovich für die Analyse historischer und bislang kaum untersuchter Texte ein, um Hinweise auf die Entwicklung der englischen Modalverben zu finden. Bereits 2005 bis 2008 entwickelte Yanovich für eine Softwarefirma komplexe Modelle der englischen und der russischen Grammatik.


Dr. Yanovich hat 2013 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) zum Thema Modalität, Zusammenhang und Sprachgebrauch promoviert und arbeitet derzeit als Postdoktorand in einem Forschungsprojekt von Gerhard Jäger, Professor der Allgemeinen Linguisitik am SfS in Tübingen. Igor Yanovich hat sein Diplom 2005 an der Moscow State University mit einer Arbeit zur Semantik abgeschlossen.


Ein besonderer Schwerpunkt seiner Forschung ist der Bedeutungswandel der Modalverben, vor allem im Englischen. In seiner Doktorarbeit beschreibt er die Evolution des englischen Wortes „must“, vom altenglischen „motan“ (könnte werden) bis hin zum heutigen „must” (müssen). Die Laufzeit des Stipendiums von Dr. Yanovich beträgt 18 Monate. Die Humboldt Forschungsstipendien werden an überdurchschnittlich qualifizierte Wissenschaftler aus dem Ausland vergeben, die am Anfang Ihrer wissenschaftlichen Laufbahn stehen und Ihre Promotion in den letzten vier Jahren abgeschlossen haben. Mit dem Humboldt-Forschungsstipendium für Postdoktoranden haben sie die Möglichkeit, ein selbst gewähltes, langfristiges Forschungsvorhaben in Kooperation mit einem selbst gewählten wissenschaftlichen Gastgeber an einer Forschungseinrichtung in Deutschland durchzuführen.

Amanda Crain