Uni-Tübingen

Poetik-Dozentur 2005, Frühjahr

Ruth Klüger

Ruth Klüger, geboren 1931 in Wien, wurde mit zwölf Jahren gemeinsam mit ihrer Mutter nach Theresienstadt, ein Jahr später nach Auschwitz-Birkenau, dann nach Christianstadt deportiert. Bei der ‚Evakuierung' des Konzentrationslagers durch die Deutschen im Februar 1945 gelang ihr die Flucht.
Nach Kriegsende beginnt sie ein Studium der Philosophie und Geschichte in Regensburg. 1948 Emigration in die USA, Studium der Anglistik, Arbeit als Bibliothekarin, Heirat, zwei Kinder. 1962 entschließt sie sich, Germanistik zu studieren, "lernt", wie sie in einem Interview berichtet, ihre Kindheitssprache Deutsch "wieder neu als alte Sprache - Mittelhochdeutsch, Barockdeutsch". Ruth Klüger wird eine international anerkannte Germanistin, deren Essays über Autoren wie Lessing, Kleist, Stifter, Schnitzler und Thomas Mann, über Themen wie schreibende und lesende Frauen, jüdische Gestalten in der deutschen Literatur oder das Verhältnis von Geschichte und Dichtung ("Fakten und Fiktionen") weit über die Grenzen der Fachwissenschaft hinaus rezipiert werden. Als Professorin für deutsche Literatur lehrte sie bis zu ihrer Emeritierung an den Universitäten Princeton und Irvine.
Nach einem schweren Unfall während eines Aufenthalts in Göttingen 1988 beginnt sie mit der Niederschrift ihrer Kindheits- und Jugenderinnerungen: "weiter leben" - 1992 veröffentlicht - gilt heute als einer der wichtigsten literarischen Texte über den Alltag in den Konzentrations- und Vernichtungslagern. Ruth Klüger lebt in Irvine/Kalifornien und in Göttingen.

Publikationen (Auswahl):
weiter leben. Eine Jugend. Göttingen: Wallstein, 1992.
Katastrophen. Über deutsche Literatur. Göttingen: Wallstein, 1993.
Von hoher und niedriger Literatur. Göttingen: Wallstein, 1995.
Frauen lesen anders. Essays. München: dtv, 1996.
Dichter und Historiker: Fakten und Fiktionen. Wien: Picus, 2000.
Schnitzlers Damen, Weiber, Mädeln, Frauen. Wien: Picus, 2001.

 

 

 

Doron Rabinovici

Doron Rabinovici wurde 1961 in Tel-Aviv geboren und lebt seit 1964 in Wien. Er ist Historiker, Essayist und mehrfach ausgezeichneter Schriftsteller. In seinen essayistischen Publikationen nimmt Doron Rabinovici, Mitbegründer der demokratischen Bewegung "Republikanischer Club - Neues Österreich", Stellung zu tagespolitischen Ereignissen, und auch seine Erzählungen konstituieren sich im Spannungsfeld der Geschichte. "Wir eignen uns eine Geschichte an, aber auf der anderen Seite sind wir ihr auch übereignet. Wir können gar nicht anders. Und darüber zu schreiben ist ein Thema, das ich mir nicht wählen muß, sondern das mich schon gewählt hat", so die Voraussetzung, unter der Rabinovici sein Schreiben sieht. Auch das jüdische Gebot des Zakhor, des Erinnerns, findet sich in seinen Texten wieder, denn Literatur wertet Doron Rabinovici als "ein Medium der Erinnerung, eine Festschreibung gegen die Auslöschung, gegen das Vergessen und die Verleugnung". Seine Texte werden dabei selbst zu Gedächtnisträgern, die diverse Felder des Erinnerns und Vergessens, sei es neurologisch, psychoanalytisch oder auch politisch, narrativ umsetzen.


Publikationen (Auswahl):
Papirnik. Frankfurt am Main 1994.
Suche nach M. Frankfurt am Main 1997.
Instanzen der Ohnmacht. Wien 1938-1945. Der Weg zum Judenrat. Frankfurt am Main 2000.
Credo und Credit. Frankfurt am Main 2001.
Ohnehin. Frankfurt am Main 2004.