Topical Prizewinner
Dr. Leopold Lucas-Preis 2020 geht an Linda Woodhead und Adam Seligman
Feier zur Verleihung wird auf 2021 verschoben
Der mit 50.000 Euro dotierte Dr.-Leopold-Lucas-Preis 2020, der jährlich von der Evangelisch-Theologischen Fakultät im Namen der Universität Tübingen vergeben wird, geht 2020 zu gleichen Teilen an Linda Woodhead (Lancaster, GB) und Adam Seligman (Boston, USA). Mit der Entscheidung zur Teilung des Preises würdigt das Vergabekomitee zwei unterschiedliche und doch im Kern aufeinander bezogene Zugänge zum Zusammenhang zwischen Religion und Gesellschaft in der Gegenwart. Die Preisverleihung findet wegen der aktuellen Entwicklungen zur Corona-Pandemie nicht in diesem Jahr statt, sondern wird mit der Preisverleihung 2021 verbunden.
Professor Adam B. Seligman forscht am Department of Religion der Universität Boston. Seine Wirksamkeit geht weit über den klassischen akademischen Rahmen hinaus und zielt auf sozial verantwortetes Handeln in Ostafrika, Asien und dem Balkan. Seine Arbeiten kreisen um die Frage, welchen Stellenwert Religion in einer pluralen Gesellschaft besitzen kann. Er schreitet das Feld zwischen klassischen religiösen Kompetenzen – im Bereich des Rituals, der Tradition und des Vertrauens – und der Notwendigkeit gegenseitiger Achtung in der multireligiösen Gesellschaft ab. Vor diesem Hintergrund engagiert er sich in gegenwärtigen Debatten über Religion und Toleranz.
Auch Linda Woodhead, Professorin für die Soziologie der Religion an der Universität Lancaster, ist eine gesellschaftlich engagierte Intellektuelle. Sie geht in zahlreichen Studien der Frage nach, wie sich Phänomene neuer Religiosität oder auch das Bewusstsein eines Verzichts auf Religion zu der traditionell in Europa und Großbritannien dominierenden und immer mehr zurückgehenden christlichen Religion verhalten. Von hier aus entwickelt sie einen angesichts der Vielfalt und Komplexität der Religionen nur noch selten gewagten weiten Blick auf sehr unterschiedliche religiöse Phänome – und doch auch, unter Beachtung der jeweiligen Rückwirkungen, speziell auf das Christentum.
Beide Preisträger entsprechen laut Jury in besonderer Weise der Intention des Dr. Leopold-Lucas-Preises, der Menschen auszeichnet, deren wissenschaftlich fundiertes Werk die Beziehungen zwischen Menschen und Völkern fördert und sich um die Verbreitung des Toleranzgedankens verdient gemacht hat. Der Preis wurde 1972 zum Gedenken an den jüdischen Gelehrten und Rabbiner Dr. Leopold Lucas gestiftet, der 1943 in Theresienstadt als Opfer des NS-Staates starb.
Seit 1986 ist er mit der Verleihung des Dr.-Leopold-Lucas-Nachwuchswissenschaftlerpreises verbunden, der für 2020 an den katholischen Theologen Dr. Johannes Reich geht. In seiner moraltheologischen Dissertation hat er durch den Vergleich von Kants frühen Vorlesungen und seiner späten Religionsschrift wichtige neue Erkenntnisse zur Kontinuität der kantischen Religionstheorie zu Tage gefördert und die ethische Diskussion hierdurch bereichert.
Kontakt:
Prof. Dr. Volker Leppin
Universität Tübingen
Evangelisch-Theologische Fakultät
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