Department of History

DFG-Projekt „Osten“ und „Westen“ 400-600: Die kulturelle Dislokation des Imperium Romanum zwischen Spätantike und Frühmittelalter

Wie sich der Übergang von der Antike zum Mittelalter vollzog, wird in der internationalen Forschung kontrovers diskutiert. In den 1990er Jahren hatte sich zunächst das Paradigma einer regional differenzierten, insgesamt aber allmählichen „Transformation der römischen Welt“ etabliert. In jüngeren Arbeiten sind dagegen wieder epochale Brüche und die Bedeutung von Krieg und Gewalt hervorgehoben worden. Parallel dazu entsteht in der Mediävistik eine neue Meistererzählung: Sie setzt das mittelalterliche Europa nicht mehr mit dem lateinischen Abendland gleich und begreift die Kultur des Mittelalters nicht länger als Synthese zwischen Römertum, Germanentum und Christentum. Stattdessen werden die drei monotheistischen Religionen für das mittelalterliche Europa als grundlegend erachtet. In der Byzantinistik schließlich ist der Wandel von der Antike zu den so genannten Dark Ages in jüngster Zeit zum Gegenstand einer regen Forschungsdiskussion geworden. Das Projekt führt diese drei Diskussionskreise zusammen, nähert sich der Epochenschwelle zwischen Antike und Mittelalter dabei aber aus einer neuen Perspektive: Es zielt nicht auf das Verhältnis von Römern und Barbaren, nicht auf Ethnizität ab, sondern stellt die kulturelle Dislokation des östlichen und des westlichen Teils des Imperium Romanum in den Mittelpunkt. Ausgehend von der Hypothese, dass die Jahre um 500 eine entscheidende Phase im Auseinanderdriften der beiden Reichsteile waren, fragt das Projekt, welche Konsequenzen der Prozess kultureller Differenzierung für die Geschichte Europas hatte. Um diesen Prozess zu erhellen, sollen drei systematisch vergleichende Studien, die an Zeitschnitten um 400, um 500 und um 600 angesiedelt sind, durchgeführt werden. Dabei werden vier Felder parallel untersucht, die für die Fragestellung besonders ertragreich erscheinen: (1) die Inhalte und der Stellenwert von Theologie, insbesondere mit Blick auf Fragen der Christologie und der Ekklesiologie, (2) das Verhältnis zwischen Politik und Religion, (3) die Prosopographie der Grenzgänger zwischen „Osten“ und „Westen“, (4) die gegenseitige Wahrnehmung und Deutung.

Bearbeiter des Zeitschnitts um 400: Dr. Fabian Schulz
Projektleitung und Bearbeitung des Zeitschnitts um 500: Prof. Dr. Mischa Meier, Prof. Dr. Steffen Patzold
Bearbeiterin des Zeitschnitts um 600: Carola Föller
Studentische Hilfskräfte: Daniel Schleich, Clara-Maria Seltmann