Über den Weltraum weiß man mehr
Zum Glück für Forscherinnen, die sich wie Kogler, Kimmig und Bürger für Geschlechtsunterschiede im Gehirn interessieren, gibt es in Tübingen eine Professorin, die es immer wieder schafft, große Forschungsvorhaben und die notwendige Finanzierung dafür an die Uni zu holen: die Österreicherin Birgit Derntl, seit 2015 in Tübingen, leitet die Abteilung „Psychische Gesundheit und Gehirnfunktion von Frauen“ an der medizinischen Fakultät, und seit Januar 2023 überdies das internationale Graduiertenkolleg 2804 der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Psychischen Gesundheit von Frauen in der reproduktiven Lebensphase. Kogler, die 2015 zusammen mit Derntl nach Tübingen wechselte, ist ihre Stellvertreterin.
Ihr persönliches Ziel ist es nicht nur zu forschen. Sie möchte auch als Psychologin eingreifen und etwa Patientinnen und Patienten helfen, Stress besser zu managen, um das Gehirn zu schützen. Als Forscherin aber ist sie derzeit ausgelastet. Gerade wurde in der Psychiatrischen Universitätsklinik ein neuer Hirnscanner installiert, der vor allem für Forschung genutzt werden darf. Die ist ihr wichtig, denn es gibt viel nachzuholen.
Eine Vorreiterin für die Arbeitsgruppe von Birgit Derntl ist die amerikanische Psychologin Emily G. Jacobs von der Universität in Santa Barbara, Kalifornien. Sie hat ausgerechnet, dass unter den rund 50.000 wissenschaftlichen Arbeiten zur Hirnforschung, die seit 1995 erschienen sind, sich gerade 0,5 Prozent mit der psychischen Gesundheit von Frauen beschäftigen. In einem aufrüttelnden Video, das für die von ihr geleitete Initiative Ann S. Bowers Women’s Brain Health wirbt, zeigt sie auf, über welche Gebiete die Menschheit mehr weiß als über das Frauengehirn: den Meeresboden, Dinosaurier, Glatzenbildung beim Mann, erektile Dysfunktion, den Weltraum…