Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2011: Forschung

Dr. Héloïse Koehler mit Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie ausgezeichnet

Neue Erkenntnisse zu Kategorisierungen von Neandertalerkulturen

Die französische Historikerin Dr. Héloïse Koehler wurde Anfang Februar auf Schloss Hohentübingen mit dem Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie ausgezeichnet. Koehler erhielt den Preis für ihre Dissertation zum Mittelpaläolithikum, das in Europa vor mindestens 200.000 Jahren beginnt und vor etwa 35.000 Jahren endet. Diese Zeit wird insbesondere mit dem Neandertaler in Verbindung gebracht. Für ihre Dissertation untersuchte Héloïse Koehler verschiedene Neandertalerfunde aus dem Pariser Becken.


Eine erste und überraschende Erkenntnis der Dissertation Koehlers liegt in der Beobachtung, dass die bislang das Fach dominierenden Lehrmeinungen zur Definition und Abgrenzung unterschiedlicher Einteilung der materiellen Kultur, wie beispielsweise Werkzeuge oder Geräte, auf unterschiedliche angewendete Analysemethoden zurückgeführt werden können. In ihrer eigenen Arbeit bei der von ihr analysierten mittelpaläolithischen Inventare fiel Héloïse Koehler auf, dass die Zuweisung eines Inventars zu einer bestimmten Raum-Zeit-Einheit von den angewendeten Analysekriterien und vor allem dem wissenschaftlichen Maßstab abhängt, nach dem die Recherchen durchgeführt werden. Dafür untersuchte sie Inventare der Neandertaler aus dem Pariser Becken. Ergebnis dieser Untersuchungen war, dass Ähnlichkeit und Unterschied von Objekten auch von der archäologischen Bestimmungsmethodik abhängig sind, woraus letztlich eine nur bedingte Vergleichbarkeit mit unterschiedlichen Methoden erzielter Ergebnisse resultiert. Die Arbeit der Preisträgerin regt damit zum Nachdenken über die Gültigkeit bislang vorgenommener Kategorisierungen angeblich unterschiedlicher Neandertalerkulturen an.


Der Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie wird von der Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie des Instituts für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Eberhard Karls Universität Tübingen verliehen. Er wird von der Firma EiszeitQuell gestiftet und ist mit 5.000 Euro dotiert. In diesem Jahr wurde er zum 13. Mal verliehen. Der Preis ist der höchst dotierte jährlich vergebene Preis dieser Art für Archäologen.

Simona Steeger-Przytulla

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