Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2018: Forschung

Theoretische Physik: Die Schwerkrafteffekte des Lichts

Eine Forschungsgruppe untersucht, wie sich Lichtstrahlen und kleine Teilchen im Schwerefeld eines Laserstrahls verhalten. Die Effekte, die sehr klein sind und zurzeit noch nicht gemessen werden können, enthüllen bisher unbekannte Eigenschaften von Licht und Schwerkraft.

Ein Lichtstrahl transportiert Energie und verursacht daher ein Schwerefeld, wenn auch ein winzig kleines. Das wurde schon 1931 untersucht. „Damals hat man Licht als linienförmigen Strahl beschrieben und dessen Gravitationsfeld erforscht“, berichtet Fabienne Schneiter vom Institut für Theoretische Physik der Universität Tübingen. Laut dem 85 Jahre alten Ergebnis zieht ein Lichtstrahl kleine Teilchen an und lenkt andere Lichtstrahlen ab. Dabei gibt es eine Ausnahme: Wenn sich zwei Lichtstrahlen parallel zueinander ausbreiten, merken sie nichts vom Schwerefeld des jeweils anderen Lichtstrahls. Dieses Ergebnis haben Fabienne Schneiter, ihr Doktorvater Professor Dr. Daniel Braun und Dr. Dennis Rätzel von der Universität Wien erneut aufgegriffen und mit modernen Beschreibungen von Licht untersucht.

In ihrer Studie betrachteten sie das Licht nicht als linienförmigen Strahl, sondern gingen von einem Laser aus, wie er im Labor erzeugt werden kann. Laser sind scharf gebündelte Lichtstrahlen eines engen Frequenzbereichs. Diese Lichtstrahlen verlaufen nicht ganz parallel, sodass der Strahl einen Öffnungswinkel hat. „Lässt man nun einen Lichtstrahl sich parallel zur Achse dieses Laserstrahls ausbreiten, sollte dieser abgelenkt werden, da er zu fast allen einzelnen Lichtstrahlen des Laserstrahls nicht parallel verläuft“, erklärt Fabienne Schneiter. Diese Vermutung konnten die drei Physiker mathematisch begründen.

Es gelang ihnen, charakteristische Schwerkrafteffekte vorherzusagen: Sie konnten zeigen, dass auch ein Lichtstrahl, der parallel zum Laserstrahl verläuft, von diesem abgelenkt wird. Diese Eigenschaft wurde sichtbar, da sie den Laserstrahl mit einem Modell beschrieben, das die Wellennatur des Lichts berücksichtigt. Weiter fanden sie, dass die Polarisation eines Lichtstrahls, das heißt die Schwingungsrichtung der Lichtwellen, im Schwerefeld des Laserstrahls gedreht wird.

Der Laserstrahl selbst hat auch eine Polarisation, in diesem Fall eine zirkulare. Das bedeutet, dass sich die Schwingungsrichtung der Lichtwellen des Laserstrahls ständig um die Achse des Laserstrahls dreht. „Diese Rotation zerrt die Raumzeit um den Laserstrahl herum mit, sodass diese verdreht wird“, sagt die Wissenschaftlerin. Das habe zur Folge, dass Lichtstrahlen, die radial auf den Laserstrahl zugehen, zusätzlich gekrümmt werden, und zwar abhängig von der Drehrichtung der Polarisation des Laserstrahls.

Experimentell überprüfen lassen sich die Ergebnisse momentan noch nicht, die Effekte sind zu klein. Doch die Wissenschaftler haben die Hoffnung, dass die Genauigkeit in Experimenten eines Tages ausreichen wird, um auch diese kleinen Effekte messen zu können. „Die Effekte wären größer, wenn man Laserpulse statt Laserstrahlen betrachten würde“, beschreibt Fabienne Schneiter, in welche Richtung die nächsten Studien gehen sollen. Auch möchten die Wissenschaftler dem Laserpuls zusätzlich noch einen Bahndrehimpuls geben.

Janna Eberhardt

Publikation:

Fabienne Schneiter, Dennis Rätzel and Daniel Braun: The gravitational field of a laser beam beyond the short wavelength approximation. Class. Quant. Grav. 35 (2018) 195007 (40pp), doi.org/10.1088/1361-6382/aadc81