Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2023 – 26.07.2023

Editorial

Liebe Leserinnen,
liebe Leser,

am 22. Juni sprach die Klimaaktivistin und Autorin Luisa Neubauer bei der „Tübinger Mediendozentur“ über die Gründe, warum es Politik und Gesellschaft nach wie vor schwerfällt, konsequent der globalen Erderwärmung entgegenzutreten, trotz aller Warnungen der Wissenschaft vor den unabsehbaren Folgen des Klimawandels. Der Festsaal der Neuen Aula war mit nahezu 900 Zuhörerinnen und Zuhörern voll besetzt, ebenso ein Hörsaal mit weiteren 300 Menschen, in den die Rede live übertragen wurde. Nochmals weitaus mehr Menschen haben sich das Video der Rede im Internet angesehen. Knapp fünf Wochen später sind es bereits mehr als 31.000. 

Ähnlich war die Resonanz auf eine Veranstaltung, die eine Woche danach im Audimax der Universität stattfand und bei der Forschende aus Bologna, München und Tübingen auf Einladung des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde, des Slavischen Seminars sowie der Friedrich-Naumann-Stiftung über die aktuelle Situation in Russland und der Ukraine sprachen und mit dem Publikum diskutierten. Auch hier wieder voll besetzte Ränge und eine überwältigende Zahl von Zugriffen auf das Video im Netz

Die große öffentliche Resonanz auf diese beiden Veranstaltungen an der Universität Tübingen macht in meinen Augen eines sehr deutlich: angesichts zahlreicher Krisen suchen die Menschen nach profunden Erklärungen. In einer solchen Situation haben Universitäten eine wichtige Aufgabe als Ort freien und faktenorientierten Austauschs. Universitäten erheben nicht den Anspruch, die Wahrheit gepachtet zu haben, aber was unsere Forschenden in kontrovers geführten öffentlichen Debatten beitragen können, ist fundiertes Wissen, basierend auf Beobachtung, Messung, Berechnungen, Analyse, Logik und kritischer Interpretation. Dieses fundierte Wissen kann der Gesellschaft Orientierung geben, wenn Forschende sich nicht scheuen, in einen – manchmal unbequemen – Dialog mit den Menschen außerhalb der Wissenschaft einzutreten. 

Daher bin ich für die zahlreichen Initiativen, die an der Universität Tübingen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten im Bereich der Wissensvermittlung und Wissenschaftskommunikation entstanden sind, so überaus dankbar. Seit Walter Jens und Hans Küng vor über 40 Jahren das „Studium Generale“ ins Leben riefen, ist es an der Universität Tübingen gute Tradition, dass unsere Forschenden nicht allein in Fachzirkeln diskutieren, sondern sich öffnen für den Dialog mit der Gesellschaft in seiner ganzen Breite. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch, dass viele dieser Aktivitäten nur möglich wurden, weil sie von Stiftungen, Unternehmen oder dem Universitätsbund großzügig gefördert werden.   

Vor wenigen Monaten hat die baden-württembergische Landesregierung beschlossen, an der Universität Tübingen ein Institut für Rechtsextremismusforschung aufzubauen. Erklärtes Ziel der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es, nicht nur die Entstehung und Verbreitung rechtsextremer Einstellungen und Praktiken zu erforschen, sondern auch die jeweils aktuellen Bedrohungspotentiale für die offene Gesellschaft zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu eruieren. Auch hier erhoffe ich mir einen breiten Dialog zwischen der Wissenschaft und vielen gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren. Das neue Institut kann damit in Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten, wenn es darum geht, die offene Gesellschaft zu stärken, die auch in unserem Land derzeit so massiv bedroht ist wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in einen breiten Dialog eintreten, über die Ergebnisse ihrer Forschung sprechen und dabei auch oft simplen, aber irreführenden Erklärungen entgegentreten, leisten nicht nur einen wichtigen Dienst an der Demokratie. Sie schützen damit auch die Wissenschaft selbst. Denn nur die offene Gesellschaft gewährleistet die Freiheit von Forschung und Lehre, wie wir sie kennen und von der alle an der Universität und auch die Gesellschaft insgesamt profitieren – Tag für Tag.

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre des Newsletters.

Ihre
Professorin Dr. Karla Pollmann, Rektorin


Forschung

Thesencheck: Adipositas und die „Abnehmspritze“

Seit Juli 2023 ist die sogenannte „Abnehmspritze“ Wegovy in Apotheken in Deutschland erhältlich. Doch wie wirkt sie? Welche Risiken sind mit einer Therapie verbunden? Und vor allem: Warum ist es so entscheidend, dass Betroffene und auch ihr Umfeld Adipositas besser verstehen? Diese Fragen beantwortet Professor Dr. Andreas Birkenfeld, Experte für Diabetes und Adipositas, im Thesencheck-Video. [mehr]

Wie elf Geschwister ihre Kindheit auf dem Land erlebten: ein tiefes, zugängliches und unterhaltsames historisches Sachbuch

Für sein autobiographisch geprägtes Werk „Ein Hof und elf Geschwister“ hat Ewald Frie, Professor für Neuere Geschichte, den Deutschen Sachbuchpreis 2023 erhalten. Im Interview erzählt er, wie es zu diesem Buch kam und wie Oral History Geschichte begreifbar machen kann. [mehr]

Mittelalterliches Qualitätsmanagement: Die Correctio als permanenter Prozess

Die Historikerin Johanna Jebe ist für ihre Dissertation „Regeln, Schrift, Correctio – Karolingerzeitliche Entwürfe von Mönchtum im Spiegel der Schriftproduktion aus St. Gallen und Fulda“ gleich mit zwei Preisen ausgezeichnet worden. Im Mittelpunkt: die Benediktsregel aus dem 6. Jahrhundert und ihre Auslegung. Bei der intensiven Lektüre der Handschriften aus dem 9. Jahrhundert hatte Jebe das Gefühl, die Mönche und ihre Gedanken beinahe persönlich kennenzulernen. [mehr]

Mehr Wohlstand durch Zeit

In Ecuador hat das „Gute Leben“ (Buen Vivir) seit 2008 Verfassungsrang. Der Ökonom René Ramírez war damals Planungs- und Forschungsminister von Ecuador. Heute lehrt er an der Universidad Nacional Autónoma de México. Von Juni bis September ist René Ramírez als Gastprofessor an der Universität Tübingen. [mehr]

Forschungsmeldungen

Frauen verändern Dynamik in Aufsichtsräten – Rolle der Schöffen bei Absprachen im Strafprozess – International Advisory Board zu Besuch – Neues Zentrum für frankophone Welten [mehr]


Studium und Lehre

CIVIS ein Gesicht geben

Als Botschafterinnen für die CIVIS-Allianz engagieren sich die CIVIS Ambassadors Annika Klaus und Alicia Ogwumike. Sie sind studentische Ansprechpartnerinnen für Fragen von Interessierten, die über CIVIS ins Ausland gehen oder nach Tübingen kommen wollen. Im Interview erzählen sie, was ihre Tätigkeit ausmacht und was sie besser machen als etablierte Anlaufstellen. [mehr]

Ein Tübinger Studiengang in Gabun 

Die Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Malaria ist in Zentralafrika besonders hoch. Auch deswegen bietet das Institut für Tropenmedizin der Universität Tübingen jetzt in Zusammenarbeit mit dem Centre de Recherches Médicales de Lambaréné (CERMEL) in Gabun den neuen Master „Infection Biology and Control“ an. Der Studiengang richtet sich ausschließlich an Studierende aus Nicht-EU-Ländern, Unterrichtssprachen sind Französisch und Englisch. [mehr]

„Wir wollten ein Gebäude für die Zukunft entwerfen“

Wie sollte ein Gebäude aussehen, das den Vorstellungen und Bedürfnissen der Bewohnenden entspricht? Man überlässt ihnen die Konzeption! Im Interview spricht Direktorin Ursula Konnertz über das 75-jährige Jubiläum des Leibniz Kollegs, die Vision des Kollegs und dessen Besonderheiten. Kollegiatinnen und Kollegiaten berichten außerdem, was ihr Studienprojekt mit ihrer Lebensrealität zu tun hat. [mehr]


Uni intern

„Als Finanzdezernent muss man beide Welten zusammenführen – Kameralistik und Doppik“

Keine 08/15-Arbeit, dafür ständig neue Herausforderungen – bereits nach einem halben Jahr an der Universität Tübingen wusste er, dass er nicht nach einer anderen Stelle suchen wollte: Am 1. Juli 2023 ist Finanzdezernent Gerd Gekeler in den Ruhestand gegangen, nach fast 42 Jahren an der Universität. [mehr]

Der Herr der Zahlen

Ákos Barna ist Experte für Zahlen und Budgets im Hochschulbereich. Der Wirtschaftswissenschaftler ist seit April Finanzdezernent der Universität Tübingen. In seinem neuen Amt will er auch die Digitalisierung in der Finanzverwaltung voranbringen. [mehr]

„Wenn Sie der Kanzler sind, dann bin ich der Bundespräsident!“

Andreas Rothfuß ist aufgewachsen im Schwarzwald, dort waren Jürgen Klopp und er Schulkameraden: Der eine wurde Fußballtrainer, der andere machte Karriere – als Uni-Kanzler: Seit Juli 2003 ist Dr. Andreas Rothfuß Kanzler der Universität Tübingen und damit auch Leiter der Universitätsverwaltung. Eine kleine Hommage zum 20-jährigen Dienstjubiläum. [mehr]


Alumni Tübingen

Das große Ganze im Blick behalten

Alumna Dr. Annette Matzat hat an der Universität Tübingen Jura studiert und ist heute Vice President HR Policies & Services der Mercedes-Benz Group. Im Interview erzählt sie von ihrem vielfältigen Aufgabenfeld und einem studentischen Nebenjob mit Tiefgang. [mehr]


Leute

Neu berufen an die Universität Tübingen

Juniorprofessorin Ana Rita Brochado (Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät) – Professorin Katrin Giel (Medizinische Fakultät) – Juniorprofessor Balthasar Grabmayr (Philosophische Fakultät) – Juniorprofessorin Emily Mae Graf (Philosophische Fakultät) – Professor Andreas Daniel Hartkopf (Medizinische Fakultät) – Juniorprofessorin Luise von Keyserlingk (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät) – Professorin Megan R. Luke (Philosophische Fakultät) – Professor Georg Martius (Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät) – Professor Andrew L. Mihaljevic (Medizinische Fakultät) – Professorin Cristina Murer (Philosophische Fakultät) – Professor Maximilian Niyazi (Medizinische Fakultät) [mehr]

Karin Amos als Prorektorin wiedergewählt

Professorin Dr. Karin Amos gehört ab 1. Oktober für eine weitere Amtsperiode von drei Jahren der Leitung der Universität Tübingen an: Der Senat der Universität Tübingen hat die Prorektorin für Studierende, Studium und Lehre auf seiner Sitzung Mitte Juni im Amt bestätigt. [mehr]

Evamarie Sander: Hosen nur bei der Gartenarbeit

Die erste Professorin der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät starb kurz vor ihrem 95. Geburtstag. Ein Nachruf von Helga Aberle [mehr]

Ein Wissenschaftler der alten Schule

Zum Tode von Professor Dr. Joachim Neugebauer ein Nachruf von Jobst Wendt [mehr]

Leidenschaftlicher Forscher und Lehrer 

Zum Tode von Professor Dr. Wolfgang Engelmann ein Nachruf von Charlotte Förster und Bernd Antkowiak [mehr]

Ein Pionier der Neuropsychologie und der zerebralen Asymmetrie

Zum Tode von Professor Dr. Bruno Preilowski ein Nachruf von Martin Hautzinger und Rolf Ulrich [mehr]

Hochschullehrer mit Herz und Verstand, der mit Leidenschaft den Bogen von der Kernphysik zur Elementsynthese in Sternen spannte

Zum Tode von Professor Dr. Günter Staudt ein Nachruf von seinen Schülern und ehemaligen Kollegen [mehr]

Personalnachrichten (Rufe, Ehrungen, Jubiläen)

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Forum

Musikalische Botschafter für die Universität und die Stadt Tübingen: 50 Jahre Camerata Vocalis

Im Jahr 1973 gründete der damalige Universitätsmusikdirektor Alexander Sumski an der Universität Tübingen die Camerata Vocalis. Im Interview schaut der jetzt amtierende Universitätsmusikdirektor Philipp Amelung zurück auf die Geschichte der Camerata und gibt einen Ausblick auf die Zukunft des Kammerchors. [mehr]

Erster Computer: Wilhelm Schickard erfand vor 400 Jahren die Rechenmaschine

Ein Brief des Tübinger Universalgelehrten Wilhelm Schickard an den berühmten Astronomen Johannes Kepler vom 20. September 1623 belegt die Erfindung der ersten mechanischen Rechenmaschine. Die Universität Tübingen wird das 400-jährige Jubiläum von Schickards Erfindung am 14. September 2023 mit einem Festakt begehen. [mehr]

Meldungen Forum

Sommeruni startet – Erneute Auszeichnung als familiengerechte Hochschule – Pop-Up-Café auf Schloss Hohentübingen – Science & Innovation Days 2023 [mehr]