Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 5/2012: Forum

Nachhaltigkeit in unterschiedlichsten Maßstäben

Die Universität Tübingen zeichnete sechs Abschlussarbeiten mit ihrem Nachhaltigkeitspreis aus


Vom Pedelec in und um Tübingen bis zur Bedeutung von Elektrifizierung in Entwicklungsländern – in Abschlussarbeiten von Studierenden der Universität Tübingen taucht immer wieder auf die eine oder andere Weise das Thema Nachhaltigkeit auf. Sechs dieser Arbeiten hat die Universität Tübingen am 23. November mit ihrem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.


Simone Stöhr, Studentin in International Economics, beschäftigte sich in ihrer Bachelor-Arbeit mit dem sogenannten Rebound-Effekt und der Frage, welche Instrumente es gibt, ihn zu bekämpfen. Rebound-Effekt steht für das Phänomen, dass Energieeffizienz-Steigerungen zu erhöhtem Energieverbrauch führen. So führt etwa der Erwerb eines sparsameren Autos häufig dazu, dass es öfter verwendet wird. Das ließe sich nur verhindern, „wenn alle Akteure an einem Strang ziehen“, sagt Stöhr. Wichtig sei also, dass bei Privatpersonen ein Bewusstsein für diese Problematik geschaffen werde. Zusätzlich sei aber auch eine Regulierung durch den Staat nötig, etwa, indem er Umweltsteuern erhebt. Auch die Wissenschaft nimmt Stöhr in die Pflicht und fordert unter anderem einen interdisziplinären Dialog zwischen Ingenieuren und Ökonomen. Betreut wurde die Arbeit von Professor Dr. Manfred Stadler und von Helen Lückge am Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät.

In die Ferne zog es Hauke Diederich für seine Diplomarbeit. Der Geographie-Student untersuchte, unterstützt von der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), in drei Dörfern in Nicaragua, wie sich dort die Elektrifizierung auf das Migrationsverhalten der Menschen auswirkt. Eines der Dörfer war ohne Stromanschluss, die Zuwanderer dorthin waren vor allem Bauern, die sich im Ort als Tagelöhner verdingten. Die beiden anderen Dörfer wurden von einem Wasserkraftwerk mit Strom versorgt. In diese Dörfer kamen deutlich höher qualifizierte Personen, teils sogar aus Städten. Sie gründeten eigene Kleinunternehmen, zum Beispiel Apotheken, wodurch wiederum die Gesundheitsversorgung der gesamten Bevölkerung verbessert wurde. So wurden durch diesen ersten Impuls „Anschluss an die Stromversorgung“ die Lebensbedingungen der Einwohner nachhaltig verbessert. Diese Arbeit wurde von Professor Dr. Rainer Rothfuß und Dr. Gerhard Halder am Lehrstuhl für Humangeographie der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät betreut.


Die weiteren Arbeiten bewegen sich in unterschiedlichsten Feldern und Maßstäben. Während sich Hans-Martin Krause mit dem Einfluss von Biokohle auf die mikrobielle Denitrifikation, das ist die Lösung von Stickstoff aus Nitrat, beschäftigte, fragte Jan Neidhardt, ob es einen Widerspruch gibt zwischen ökonomischem Wachstum und „grünem Wirtschaften“. Sebastian Geiger untersuchte die Einsatzmöglichkeiten für Pedelecs, also Strom-getriebenen Fahrrädern, in und zwischen den Städten Tübingen und Reutlingen, und Moritz Drupp untersuchte die ökonomische Bedeutung der Belastbarkeit von Ökosystemen.


Mit der Verleihung des Nachhaltigkeitspreises will die Universität Tübingen einen Anreiz für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema schaffen. Zugleich wird damit die aktuelle Lehre und Forschung an der Universität zu Fragen der Nachhaltigkeit vorgestellt und ihre Relevanz für die Gesellschaft sichtbar.


Im Anschluss an die Preisverleihung hielt der international renommierte Umweltexperte Professor Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker die diesjährige Tübinger „Sustainability Lecture“. Weizsäcker wurde in diesem Jahr zum Co-Präsidenten des Club of Rome gewählt. Er gilt als ein Pionier des Nachhaltigkeitsgedankens und griff in seiner Tübinger Rede „Was schulden die Alten den Jungen?“ das Thema der Generationengerechtigkeit auf.

Jörg Schäfer