Ein Wörterbuch der Sprache, die unsere Vorfahren vor 15.000 Jahren gesprochen haben? Das wäre dann doch nur ein sehr dünnes Buch, sagt Gerhard Jäger. Seine Analyse von Sprachentwicklung stützt sich nämlich nur auf etwa 40 Begriffe, für die aber Übersetzungen in über 5.000 Sprachen vorliegen. Das Ziel von Jäger, Professor für Sprachwissenschaft am Fachbereich Neuphilologie in der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen, ist aber auch ein anderes: Er will verstehen, wie sich Sprache entwickelt. Dafür nutzt er Methoden, die die Biologie für die Evolutionslehre entwickelt hat. Für diese Forschung bekommt Jäger die höchstdotierte Auszeichnung, die die Europäische Union für Einzelforschungsvorhaben vergibt: einen ERC Advanced Grant. Damit erhält Jäger über die nächsten fünf Jahre verteilt zwei Millionen Euro.
Der Ursprung von Sprache liegt für uns noch sehr im Unklaren. Sie entstand wohl vor 50.000 bis 300.000 Jahren. Ansatzweise rekonstruierbar ist die Entwicklung der letzten 8.000 bis 10.000 Jahre – in Europa und Asien. „Diese Grenze wollen wir nach hinten schieben“, sagt Jäger. Die Situation in der alten Welt ist für die Forscher sehr gut, da es weit zurückreichende schriftliche Quellen gibt: Hethitische Texte sind bis zu 3.500 Jahre alt, die Quellen des antiken Griechisch und Latein sind sehr umfangreich. So sind Aufspaltungen und Verwandtschaftsverhältnisse in der Sprachgeschichte nachvollziehbar. Damit ist die Annäherung an die vermutliche Ausgangssprache, das Ur-Indoeuropäisch, relativ gut möglich.
Diese Annäherung will Jäger mit einer Methode weiter vorantreiben, die er der DNA-Analyse abgeschaut hat. Die Programme, die er verwendet, sind ursprünglich für die Bioinformatik geschrieben worden. Mit ihrer Hilfe vergleicht der Sprachwissenschaftler die immer gleichen Begriffe aus den vielen indoeuropäischen Sprachen – wie „ich“, „Mutter“, „Zahn“. Diese werden nur sehr selten aus anderen Sprachen entlehnt. Das Programm vergleicht die Wörter Laut für Laut. Diese Lautpaarungen werden dann gewichtet. Steht an der gleichen Stelle jeweils der gleiche Buchstabe, erhält das Paar einen hohen Wert. Auch das Paar „d“ und „t“ erhält beispielsweise einen hohen Wert. So haben das deutsche „Vater“ und das niederländische „vader“ eine sehr hohe Übereinstimmung – zum polnischen „ojciec“ ist sie dagegen gering.
Zusätzlich kann Jäger noch bekannte Lautveränderungen einberechnen. In jahrzehntelanger Detektivarbeit haben Philologen beispielsweise herausgefunden, dass das Wort „Fuß“ im Ur-Indoeuropäischen wohl „ped“ oder „pod“ hieß. Wenn Jägers Computerprogramm zu demselben Ergebnis kommt, will er es auch auf indianische oder australische Sprachen anwenden, deren Geschichte weniger gut erforscht ist.
Bisher jedoch ist Gerhard Jäger sozusagen mit der Vorarbeit beschäftigt. Mit seinen statistischen Methoden überprüft er die Verwandtschaftsverhältnisse von Sprachen und Sprachgruppen. Dabei erlebte er auch Überraschungen: Die austronesischen (gesprochen von Madagaskar über die südostasiatische Inselwelt bis in die Südsee) und die Tai-Kadai Sprachen (in Südostasien verbreitet) sind offenbar näher verwandt als gedacht. Dafür haben die Turksprachen und die mongolischen Sprachen unerwartet wenig miteinander zu tun.
Die Grundlage von Jägers Forschung ist eine Datenbank, die 5.000 der weltweit etwa 6-7.000 Sprachen umfasst. Auch Dialekte kommen in dieser Datenbank vor, da die Trennung zwischen Sprachen und Dialekten ohnehin problematisch ist. Die Begriffe sind jeweils in eine standardisierte Lautschrift übertragen, die den Lautvergleich erst ermöglicht. Damit kann Jäger nachvollziehen, wie Sprachen sich im Laufe der Zeit verändert haben, wann und wie sie sich auseinander entwickelt haben. Und wenn er diese Erkenntnisse „rückwärts“ anwendet, kann er rekonstruieren, wie wohl die Vorfahren der Ur-Indoeuropäer zu „Zahn“ sagten.
Jörg Schäfer
Die Europäische Union fördert Spitzenforscher mit den sogenannten ERC Advanced Grants. Mit den bis zu 2,5 Millionen Euro sollen neuartige und risikoreiche Forschungsvorhaben bis zu fünf Jahre Planungssicherheit bekommen. Neben Jäger erhielten von der Universität Tübingen auch der Medizinprofessor Bernd Pichler für sein Projekt „Multiparametrische Tumorbildgebung“ und der Archäologe Professor Ernst Pernicka für die Isotopenanalyse des Zinns in bronzezeitlichen Artefakten ERC Advanced Grants.
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