attempto!: Herr Krüger, was bedeutet „Resilienz“?
Marco Krüger: Grundsätzlich eine Art von Widerstands- oder Anpassungsfähigkeit. Die Grundidee ist, dass man nicht weiß, was in der Zukunft passiert. Klassische Krisenkonzepte arbeiten mit einem Bedrohungsszenario wie z.B. Erdbeben, Waldbrand oder Krieg. Der Resilienz-Ansatz will Ressourcen schaffen, damit wir für möglichst viele Szenarien anpassungsfähig sind.
Was interessiert Sie als Ethiker an Resilienz?
MK: Ich untersuche aus sicherheitsethischer Perspektive, wie Resilienz ein brauchbares Konzept für unsere Gesellschaft sein kann. In der Politik gilt sie heute als Allheilmittel, manchmal mit der Aufforderung „werdet resilient“. Kritische Stimmen aus der sozialwissenschaftlichen und psychologischen Auseinandersetzung sagen, Resilienz kann nicht bloß Forderung sein, sondern muss aktiv gefördert werden.
Wie kann Resilienz aktiv gefördert werden?
MK: Unter anderem durch eine gute Sozialpolitik. Armut beispielsweise ist ein klassischer Vulnerabilitätsfaktor. Wer arm ist, hat nicht die materiellen Ressourcen, sich auf Herausforderungen vorzubereiten. Wichtig ist auch, bei politischen Entscheidungen die Gesellschaft als Netzwerk im Blick zu haben. Wird ein Bereich vulnerabel, hat dies Folgen für andere. Fällt beispielsweise die staatliche Kinderbetreuung aus, können Eltern weniger arbeiten, das betrifft wiederum Arbeitgeber und – je nach Beruf – die Gesellschaft als Ganzes. Das haben wir während Corona gesehen, erleben es aber gerade erneut aufgrund des Personalmangels in Kitas. Da nützt es nichts, Resilienz ausschließlich vom Einzelnen einzufordern.