Forschungsprofil des Forschungsverbundes
Der SFB 923 untersucht Bedrohte Ordnungen. Unter Ordnungen werden Gefüge von Elementen verstanden, die in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen und die Praxis sozialer Gruppen oder ganzer Gesellschaften strukturieren. Als bedroht gelten Ordnungen dem SFB dann, wenn Akteur*innen zu der Überzeugung gelangen, dass Handlungsoptionen unsicher werden, Verhaltensweisen und Routinen infrage stehen, sie sich jetzt oder in naher Zukunft nicht mehr aufeinander verlassen können und wenn es ihnen gelingt, eine Bedrohungskommunikation zu etablieren.
Indem Forscher*innen aus historisch und gegenwartsnah arbeitenden Sozial- und Kulturwissenschaften sowie weiteren Disziplinen gemeinsam an einem Modell ‚Bedrohter Ordnungen‘ arbeiten, sollen vier langfristige Forschungsziele erreicht werden:
- Historisierung aktueller Krisendiagnosen
- Untersuchung der Modi schnellen sozialen Wandels
- Erneuerung der Raum- und Zeitkategorien der Sozial- und Kulturwissenschaften
- Grundlagenreflexion in den Sozial- und Kulturwissenschaften unter den Bedingungen der Globalisierung.
Diese weitgespannten Ziele können erreicht werden, weil mit ‚Ordnung‘ ein epochen- und fächerübergreifend zentraler Begriff des politischen und sozialen Denkens thematisiert wird. Er erfährt über das Attribut ‚bedroht‘ eine Zuspitzung, die ihn anschlussfähig macht für aktuelle disziplinübergreifende Debatten zu den Themen Krise, Revolution, sozialer Wandel und Modernisierung, zu Sicherheit/Unsicherheit, Resilienz und Emotion, aber auch zu Grundfragen einer historisch dimensionierten Globalisierung.
Der SFB nimmt damit Themen auf, die national und international breit diskutiert werden und in zunehmendem Maße auch Gegenstand verschiedener Forschungsverbünde sind. Er untersucht im – kurzfristigen – Moment der Bedrohung die Grundmuster sozialer Ordnung. Indem Bedrohung und Ordnung in dieser Weise zueinander in Beziehung gesetzt werden, können das Existenzielle der Bedrohung einerseits, Konstanz und Varianz von Ordnung andererseits in diachroner Perspektive analysiert werden. Über das angestrebte Modell ‚Bedrohte Ordnungen‘ führt so der Weg zu grundlegenden Fragen der Kultur- und Sozialwissenschaften im 21. Jahrhundert.
Untersuchungsschwerpunkte der ersten Förderphase (2011–2015)
Am Beginn unseres Nachdenkens im Jahr 2011 standen Arbeitsdefinitionen der Zentralbegriffe. Seitdem gilt für den SFB eine Ordnung dann als bedroht, wenn Akteur*innen zu der Überzeugung gelangen, dass Handlungsoptionen unsicher werden, Verhaltenserwartungen und Routinen infrage stehen und sie sich jetzt oder in naher Zukunft wahrscheinlich nicht mehr aufeinander verlassen können. Ihnen gelingt es, eine Kommunikation zu etablieren, in der sie eine konkrete Bedrohungsquelle benennen. Diese Kommunikation ist durch starke Emotionen gekennzeichnet (affektiver Zustand), überlagert mindestens teilweise andere Kommunikationsthemen (Bedeutsamkeit) und argumentiert mit dem Faktor Zeit (probabilistic, Unmittelbarkeit).
Gemäß dieser Definition haben wir uns während der ersten Förderperiode auf Akteur*innen und ihre Kommunikation konzentriert. Weil gängige Ordnungsbegriffe mit starken Vorannahmen über den grundlegenden Gegensatz zwischen vormodernen und modernen, europäischen und nichteuropäischen Ordnungen arbeiten und damit unseren leitenden Forschungsinteressen zuwiderlaufen, hatten wir die Arbeit am angestrebten Modell ‚Bedrohte Ordnungen‘ von den Bedrohungen her begonnen.
Die Verbindung von den Bedrohungen zu den Akteur*innen wurde über Bedrohungskommunikation hergestellt, die sich entlang von vier Dimensionen Bedrohter Ordnungen (Sach-, Zeit-, Sozial- und Gefühlsdimension) untersuchen lässt. Die Entwicklungsdynamiken von Ordnungen unter Bedrohung wurden mithilfe von fünf Leitfragen vergleichend beschreibbar gemacht. Diese richteten sich erstens auf die Identifikation der Bedrohung durch die Akteur*innen, zweitens auf das Ende der Bedrohung (zumal durch Rekonfiguration der Ordnung), drittens auf die Definitions- bzw. Handlungsmacht in den betroffenen Ordnungen, viertens auf nichtintendierte Nebenfolgen und Überraschungen bei der Bewältigung sowie fünftens auf Verlaufstypen Bedrohter Ordnungen.
Im Forschungsprozess der ersten Förderperiode konnten wir mit diesem Instrumentarium die unseren SFB fundierende Grundannahme bestätigen, dass unser Gegenstand interdisziplinär und epochenübergreifend bearbeitet werden kann und muss. Mithilfe des leitfragenorientierten Vergleichs konnten wir erste Aussagen über die Prozesse und ihre Dynamiken in Bedrohten Ordnungen treffen. Durch die Untersuchung von Bedrohungskommunikation haben wir wichtige Ergebnisse zu den Bedingungen erzielt, unter denen Bedrohung für soziale Gruppen und ihre Ordnungen prägend werden kann. Bedrohungen konnten wir nunmehr als Selbstalarmierungen aus Ordnungen heraus definieren.
Damit ist ‚Bedrohung‘ in Bezug auf Ordnung vom Wort zum Begriff geworden:
- ‚Bedrohung‘ bezeichnet die grundlegende Abhängigkeit der Bedrohung von der Ordnung. Bedrohungen sind ordnungsspezifisch und werden auch ordnungsspezifisch kommuniziert.
- ‚Bedrohung‘ weist hin auf ein Selbst, ein ‚Wir‘ hin, das im Moment der Bedrohung angesprochen wird, was zu Inklusions- und Exklusionsprozessen führt. Ordnung wird im Moment der Bedrohung nicht nur sichtbar; sie wird auch verändert. Bedrohungen sind also ordnungsverändernd, ja ordnungsprägend.
- ‚Bedrohung‘ spricht eine Dramatisierung, zeitliche Verdichtung und emotionale Veränderung als Effekte von Bedrohungen an, die im weiteren Verlauf aufgrund der von Akteur*innen bewirkten Komplexitätssteigerung erhebliche nichtintendierte Nebenfolgen zeitigen können.
Der Begriff der ‚Bedrohung‘, verstanden als Selbstalarmierung aus Ordnungen heraus, nimmt damit die vier Dimensionen Bedrohter Ordnung auf, die wir zu Beginn der ersten Förderperiode umschrieben hatten (Sach‑, Zeit-, Sozial- und Gefühlsdimension), und fundiert sie neu.
Untersuchungsschwerpunkte der zweiten Förderphase (2015–2019)
Nachdem die erste Förderperiode ‚Bedrohte Ordnungen‘ erfolgreich als Forschungsperspektive etabliert und zu einer präziseren Bestimmung des Bedrohungsbegriffs geführt hatte, konnte sich der SFB in der zweiten Förderperiode den Prozessen in Ordnungen unter Bedrohungsbedingungen zuwenden. Im Zentrum unserer Forschungen stehen seitdem Prozessierungsformen in Bedrohten Ordnungen – das re-ordering, das wir mittels eines praxeologischen, auf die agency der Akteur*innen fokussierten Ansatzes in den Blick genommen haben. Unter re-ordering verstehen wir den ergebnisoffenen Prozess, der auf eine erfolgreiche Selbstalarmierung folgt: Akteur*innen sind unter hohem Druck bemüht, ihre aus den Fugen geratene, damit thematisierbare und veränderbare Ordnung neu zu gestalten – mit für sie kaum vollständig absehbaren Folgen. Re-ordering beschreibt einen mit der Selbstalarmierung sich öffnenden Raum, in dem vieles möglich ist – von der Rückkehr zur alten Ordnung über die Veränderung der Ordnung mit Gewinnern und Verlierern bis hin zum Zusammenbruch der alten und der Entstehung einer neuen Ordnung.
Wir haben die Wechselwirkungen zwischen Bedrohungsdiagnose und Bewältigungspraxis als zentrale Triebkraft des re-ordering und Analyseachse eingeführt. Diese ist dabei als von zwei wesentlichen Begleitprozessen – der Mobilisierung von Ressourcen und Menschen sowie der Reflexion über das Selbst- und Ordnungsverständnis der Akteur*innen – beeinflusst konzipiert; dadurch haben wir Bedrohte Ordnungen als Kommunikations- und Handlungsraum umrissen, in dem sich re-ordering als komplexer Prozess vollzieht. Dieser Raum ist freilich weder frei noch leer: Zum einen beeinflussen Objekte, Naturphänomene, Maschinen, Lebewesen gerade unter Bedrohungsbedingungen Kommunikationen und Aktionen. Sie verändern, ermöglichen oder verunmöglichen Handeln. Zum anderen wirken Traditionen, Kulturen, Routinen, Skripte auch unter Bedrohungsbedingungen. Ihre Reichweite und Strukturierungsleistung zu ermessen war eine der zentralen Aufgaben, denen wir uns in der zweiten Förderperiode gestellt haben.
Unsere empirische Arbeit mit dem re-ordering-Modell erlaubte es uns, schärfere Kriterien für die Bestimmung des Endes einer Bedrohten Ordnung zu entwickeln. Neben dem Hauptkriterium der abnehmenden Bedrohungskommunikation erscheinen uns die (Wieder-)Herstellung von Vertrauen in eine Ordnung, die Restitution wesentlicher Strukturelemente einer Ordnung sowie die Konvergenz normativer und faktischer Ordnungen (z.B. durch Kongruenzen von Projektionen und Imaginationen der Akteur*innen mit tatsächlichen Bedrohungen) entscheidend, um das Ende einer Bedrohten Ordnung zu identifizieren.
Die Ergebnisse der zweiten Förderperiode haben gezeigt, dass das zugrundegelegte Modell ‚re-ordering‘ funktioniert. Es hat sich nicht nur als heuristisches Analyseinstrument in den Teilprojekten bewährt, sondern auch auf der konzeptuellen Ebene Erkenntnisfortschritte für den SFB insgesamt erbracht, die es uns ermöglichen, empirisch fundiert weitere Schritte zu gehen, um das re-ordering-Modell zu einem umfassenden Modell ‚Bedrohter Ordnungen‘ auszuarbeiten.
Untersuchungsschwerpunkte der dritten Förderphase (2019–2023)
Das Modell der ‚Bedrohten Ordnungen‘ wird der SFB nach Abschluss seiner 12-jährigen Arbeit einen grundlegenden Beitrag zur zeit-, raum- und disziplinübergreifenden Analyse solcher Situationen leisten, in denen Selbstalarmierungen, die sich in einer durch den Verlust gewohnter Handlungsoptionen sowie durch unsichere Verhaltenserwartungen und Routinen erzeugten, emotionalisierten Bedrohungskommunikation manifestieren, komplexe Prozesse hervorbringen, durch die insbesondere sozialer Wandel forciert und ausgerichtet wird. Dies führt zur Neufassung sozialen Wandels aus situativen Dynamiken heraus. Aufgrund der Vorarbeiten der beiden ersten Förderperioden verfügt der SFB 923 bereits über ein einzigartiges Reservoir an Fallstudien.
Dieses soll nun in der dritten Förderperiode noch gezielt um Studien zur diachronen und synchronen Interdependenz Bedrohter Ordnungen ergänzt werden, die es uns erlauben werden, das re-ordering-Modell auch theoretisch weiterzuentwickeln. Zugleich wollen wir die dritte Förderperiode dafür nutzen, die reichen empirischen Erkenntnisse aus unserer gemeinsamen achtjährigen Forschung zu synthetisieren, um unsere vier langfristigen Forschungsziele zu erreichen.
Wir haben uns – forschungspragmatisch begründet – in den beiden ersten Förderperioden auf die Analyse jeweils nur einer, präzise bestimmbaren Bedrohten Ordnung konzentriert. Unsere Fallstudien haben aber aufgezeigt, dass die Prozesse, die sich in Bedrohten Ordnungen vollziehen, stets in größere Zusammenhänge eingebunden sind: Sie werden beeinflusst durch Interdependenzen der Bedrohten Ordnung mit anderen Ordnungen. Dabei lassen sich nach unserer Forschungserfahrung zwei Formen der Interdependenz von Ordnungen analytisch unterscheiden:
- Diachrone Interdependenz: Ergebnisse eines früheren re-ordering, aber auch solche Handlungen, Kommunikationsprozesse und Strukturveränderungen, die einer Bedrohten Ordnung zeitlich vorgelagert sind, können Prozesse, die sich darin vollziehen, beeinflussen. Unsere bisherigen empirischen Ergebnisse deuten bereits auf verschiedene Ausprägungen hin: Einzelne Akteur*innen bzw. Mitglieder sozialer Gruppen können aus der Erfahrung einer selbst erlebten früheren Bedrohten Ordnung heraus handeln; das Wissen um vergangene Bedrohte Ordnungen und ihre Bewältigung kann aber auch mehr oder weniger prominent im kulturellen Gedächtnis einer Gesellschaft verankert sein, ohne dass deren Angehörige persönlich bereits entsprechende Erfahrungen gemacht haben müssen. Unterschiedliche Konsequenzen für das Bewältigungshandeln dürften sich auch aus dem Eindruck einzelner Akteur*innen oder Akteur*innengruppen ergeben, ob frühere Bedrohungen erfolgreich oder weniger erfolgreich bewältigt wurden.
- Synchrone Interdependenz: Prozesse in einer Bedrohten Ordnung können von parallelen bzw. simultanen Vorgängen (Handlungen, Kommunikation, Strukturveränderungen) in anderen Ordnungen beeinflusst werden sowie ihrerseits andere Ordnungen affizieren (Veränderung, Destabilisierung, Stabilisierung). In unseren Fallstudien konnten wir das Handeln von Akteur*innen analysieren, die gezielt von einer Ordnung in eine andere wechseln (etwa um Akteur*innen zu mobilisieren oder neue Ressourcen für die Bewältigungspraxis zu erschließen, um Grenzen zwischen Gruppen zu verändern, Hierarchien umzugestalten oder Narrative zu vermitteln). In anderen Fällen erweisen sich Auswirkungen auf andere Ordnungen eher als Nebenfolgen von Bewältigungshandeln in einer Bedrohten Ordnung – von den Akteur*innen nicht intendiert oder kontrolliert, mitunter nicht einmal wahrgenommen.
Auf diese Weise können wir unser Modell ‚Bedrohte Ordnungen‘ weiter schärfen, so dass es noch differenziertere Aussagen über Modi raschen sozialen Wandels jenseits von etablierten Raum- und Zeitkategorien der Kultur- und Sozialwissenschaften erlaubt.
In den empirischen Untersuchungen der Teilprojekte und den interdisziplinären Arbeitskreis-Diskussionen der beiden letzten Förderperioden haben wir mit Hilfe des Modells Bedrohter Ordnungen vier Muster herausgearbeitet, in denen die in Bedrohten Ordnungen angelegten Existenzreferenzen raum-, zeit- und disziplinübergreifend in besonderer Weise zum Tragen kommen.
- Nutzung alarmierender Bedrohungstopoi: In Bedrohten Ordnungen erfolgt die Selbstalarmierung und Emotionalisierung dadurch, dass Akteur*innen eine Beziehung zwischen der Zukunft ihrer sozialen Ordnung und der individuellen oder kollektiven Existenz herstellen. Diese konstituiert sich offenbar unter Verwendung von Topoi der Selbstalarmierung, die über die traditionell gesetzten Epochengrenzen hinaus bemerkenswert stabil geblieben sind. Es handelt sich dabei um eigene Codes der Bedrohungsvermittlung, die als sich zunehmend etablierende Strukturelemente von Bedrohungskommunikation wirken und in nachfolgende Prozesse Bedrohter Ordnungen als Versatzstücke hineinwirken können. Mit ihnen signalisieren Akteur*innen Existenzbedrohung, die es ihnen erlaubt, spezifische Handlungs-, Mobilisierungs- und Reflexionsappelle zu tätigen.
- Die Verschiebung von Grenzen zwischen (Teil-)Ordnungen und Gruppen: In Bedrohten Ordnungen führt das Zusammenspiel von Bedrohungsdiagnosen, Bewältigungspraxis, Mobilisierung und Reflexion dazu, dass soziale Gruppen oder Gemeinschaften forciert und in neuer Weise Grenzen ziehen, neue Akteur*innen aufnehmen, andere ausschließen – oder sich sogar erst neu konstituieren und etablieren. Akteur*innen schmieden (neue) Allianzen, suspendieren vormals bestehende, suchen Verbündete und gestalten damit neue Konstellationen aus. Es handelt sich dabei um Formen von In- und Exklusionsprozessen, die der SFB von Beginn an adressiert hat, nunmehr jedoch auch auf der Ebene der Fallstudien empirisch nachweisen und in ihrer Bedeutung für die Mobilisierung von Akteur*innen, für Reflexion und Bewältigungspraxis beschreiben kann.
- (Re-)Hierarchisierungen (innerhalb) von Gruppen und Institutionen: In Bedrohten Ordnungen bilden Akteur*innen neue Organisationsformen innerhalb sozialer Gruppen aus: Alte Eliten verlieren an Einfluss, während sich neue etablieren; traditionelle Macht- und Rangverhältnisse geraten in Bewegung, neue Akteur*innen und Institutionen treten hervor und reklamieren Führungsansprüche für sich. Insbesondere gewinnen Prozesse der (Re-)Hierarchisierung an Relevanz – sei es bezogen auf einzelne Akteur*innen, sei es bezogen auf soziale Gruppen.
- Entwicklung von Identitätsnarrativen und normativen Ordnungsentwürfen: Einzelne Akteur*innen und soziale Gruppen beginnen in Bedrohten Ordnungen neu über sich selbst und ihr Verhältnis zu anderen nachzudenken – sie handeln Identitäten und Alteritäten neu aus, entwickeln also ein neues ‚Wir-Gefühl‘. Im Zusammenspiel von Diagnose, Bewältigungspraxis, Mobilisierung und Reflexion ist dabei – so haben die Teilprojekte gezeigt – von besonderer Bedeutung, wie verschiedene Gruppen von Akteur*innen von ihrer Vergangenheit und ihrem Handeln in der gegenwärtigen Situation Bedrohter Ordnung erzählen, welche Narrative ihnen hierbei zur Verfügung stehen bzw. (um-)geformt werden und welchen normativen Entwürfen sie sich für die Zukunft verschreiben.
Mit dem so skizzierten Arbeitsprogramm wird der SFB in der dritten Förderperiode sein Modell ‚Bedrohter Ordnung‘ weiterentwickeln und vollenden, indem gezielt die Frage nach synchronen und diachronen Interdependenzen Bedrohter und anderer Ordnungen in den Blick genommen wird. Die damit gewonnene Komplexität nutzen wir, um vier über verschiedene Zeiten und Räume hinweg wiederkehrende gruppendynamische Zusammenhänge präziser zu erforschen und analytisch zu erfassen, die wir in unserer empirischen Forschung bereits als bedeutsam für schnellen sozialen Wandel unter den Bedingungen Bedrohter Ordnung identifiziert haben.
Auf diese Weise können wir mit Abschluss der 12-jährigen Gesamtlaufzeit des Forschungsverbundes in interdisziplinärer Zusammenarbeit Modi schnellen sozialen Wandels in konkreten historischen wie gegenwartsnah ausgerichteten Fallstudien zeit- und raumübergreifend in hinreichender Komplexität beschreiben und miteinander vergleichen, ohne überkommene Epochenimaginationen fortzuschreiben oder vermeintlich typisch ‚vormoderne‘ von typisch ‚modernen‘ Ordnungen zu unterscheiden.