Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2011: Forum
Fremde Fracht in Tübingen
8. Baden-Württembergische Übersetzertage
Mehr als zwanzig literarische Übersetzerinnen und Übersetzer kamen Anfang Mai zu den 8. Baden-Württembergischen Übersetzertagen nach Tübingen, um einem breiten Publikum aus Universität und Öffentlichkeit Neuheiten der übersetzten Literatur vorzustellen, Workshops durchzuführen und über die Vermittlung von Kulturen zu diskutieren. Das Thema der Übersetzertage lautete „Fremde Fracht“ und bezog sich darauf, dass Übersetzer fremde Fracht empfangen und versenden, sperrige Texte, die sie zerlegen und mühevoll wieder zusammensetzen.
In der Auftaktveranstaltung im Rathaus stellten Professor Dr. Dr. Jürgen Wertheimer, die Baden-Württembergischen Übersetzerinnen Maja Ueberle-Pfaff und Angela Tschorsnig sowie der rumänische Herta-Müller-Übersetzer Alexandru Şahighian in einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wie politisch ist das Übersetzen?“ die Probleme von zunehmend globalisierten Literaturen heraus. Wenn Autoren aus kleinen Sprachen vermehrt auf Englisch schrieben, so Wertheimer, erreichten sie damit zwar ein größeres Publikum, seien aber gleichzeitig mitverantwortlich für eine fehlende Wahrnehmung kleiner Kulturen und trügen so zum Aussterben von Sprachen bei.
Mit den Isländisch-Übersetzern Professor Dr. Wolfgang Butt (Fontanes) und Karl-Ludwig Wetzig (Den Haag) war der diesjährige Schwerpunkt der Frankfurter Buchmesse „Sagenhaftes Island“ in Tübingen zu Gast. Vor rund 100 Zuhörern im Zimmertheater gaben die Übersetzer mit Auszügen aus ihren Neuübersetzungen Einblick in die mittelalterliche Lebenswelt auf Island.
Auch die Studierenden kamen zu Wort. Die Teilnehmer des Workshops „Übersetzen neuer englischer Dramatik“, der von Dr. Michael Raab aus Frankfurt geleitet wurde, lasen in einer Veranstaltung zu dem englischen Dramatiker DC Moore am Landestheater Tübingen Auszüge aus ihren Übersetzungen.
Moderiert von Professor Dr. Astrid Franke vom Englischen Seminar stellten Ulrich Blumenbach (Basel) und Susanne Höbel (Hamburg) mit David Foster Wallace und William Faulkner zwei wichtige amerikanische Autoren des 20. Jahrhunderts vor. Während Susanne Höbel über ihren ganz persönlichen Übersetzungsprozess sprach, gab Ulrich Blumenbach kurzweilige Kostproben von Sprachspielereien und Dialekten und diskutierte mit Wallace-Fans bis tief in die Nacht hinein einzelne Passagen des 1600 Seiten umfassenden Werkes „Unendlicher Spaß“.
Ob Lesung, Diskussion oder Workshop, auch die übrigen Veranstaltungen der Übersetzertage, die in der Mehrzahl von Mitarbeitern des Fachbereichs Neuphilologie moderiert wurden, zeigten die große Vielfalt übersetzter Literatur in Deutschland. Die Übersetzertage wurden organisiert vom Projekt „Textabdrücke“ am Slavischen Seminar in Kooperation mit dem Fachbereich Kultur der Stadt Tübingen.
Weitere Informationen:
http://www.slavistik.uni-tuebingen.de/textabdruecke.html
Claudia Dathe