Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2013: Forschung

„Zeiss Vision Science Lab“ eröffnet an der Universität Tübingen

„Industry on Campus“ im Rahmen der Exzellenzinitiative ‒ Kooperation bringt neue Perspektiven für anwendungsorientierte Forschung

„Wir wollen das Sehen besser verstehen“, sagte Dr. Siegfried Wahl, Direktor des neuen Zeiss Vision Lab an der Universität Tübingen bei der Labor-Eröffnung Anfang Dezember. „Wir wollen herausfinden, wie das Gehirn die Informationen, die es vom bringen“, erklärte Professor Dr. Herbert Müther, Prorektor für Forschung der Universität Tübingen. Beispielsweise könne erforscht werden, warum manche Menschen keine Brille mit Gleitsichtgläsern nutzen können. Auf der Agenda steht ebenso, die Entwicklung des Sehens und krankhafte Veränderungen der Wahrnehmung zu Auge bekommt, verarbeitet.“ Mehr als vier Milliarden Menschen weltweit sind auf augenoptische und medizinische Hilfe angewiesen, um ihre Sehkraft bestmöglich nutzen zu können. „Wir wollen die Grundlagenforschung stärker mit der Anwendung in Kontakt erforschen, um sie möglichst frühzeitig mit geeigneten Messmethoden diagnostizieren zu können. So könnten in Zukunft für diese Patienten personalisierte Lösungen für ein verbessertes Sehen entstehen. Das Zeiss Vision Science Lab ist eine weitere „Industry on Campus“-Arbeitsgruppe an der Universität Tübingen. Im Rahmen der Exzellenzinitiative werden hier neue Kooperationsprojekte mit der Industrie an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und Anwendungsorientierung geschaffen. „Für die Universität ist diese Kooperation eine ausgezeichnete Gelegenheit, neue Wege für Industriepartnerschaften zu gehen und damit neue Perspektiven für die anwendungsinspirierte Forschung zu eröffnen“, sagte Müther. Viele grundlegende Prozesse des Sehens sind immer noch wenig erforscht: Heute kann ZEISS mit individuell angepassten Brillengläsern zahlreiche Sehfehler ausgleichen. Dabei werden mehrere tausend Parameter berücksichtigt, die Sehschärfe, Kontrast- und Farbsehen, UV-Schutz sowie die Sicht bei Dämmerung, Dunkelheit oder in schwierigen Umweltverhältnissen deutlich verbessern. Die Wellenfronttechnologie, ursprünglich in der Astrophysik zum Ausgleich atmosphärischer Störungen eingesetzt, macht es etwa möglich, einen „Fingerabdruck“ des menschlichen Auges zu vermessen und diese Daten in der Fertigung individuell angepasster Brillengläser zu berücksichtigen. „Seit ZEISS 1912 das erste moderne Brillenglas auf den Markt gebracht hat, sind zahlreiche Fortschritte in der Augenoptik gelungen“, sagte Dr. Raymund Heinen, Leiter ZEISS Unternehmensbereich Vision Care.

Doch das komplexe Zusammenspiel von Lichtwellen, Auge, Linse und Brillenglas ist bei weitem noch nicht vollständig entschlüsselt. Wenn die Verarbeitung des Bildes auf der Retina im Gehirn oder die Entstehung von komplexen Sehfehlern zwischen Linse und Retina grundlegend verstanden wird, versprechen sich Experten einen signifikanten Fortschritt bei der Behandlung von Sehschwäche und -fehlern. „Für uns ist die Universität Tübingen der Partner erster Wahl für dieses anspruchsvolle Vorhaben“, sagte Bernhard Wittmann, Leiter Technologie und Innovation bei ZEISS Vision Care. „Das weltweit einzigartige Kompetenzcluster mit Neurologie, Medizin und Augenoptik, die anerkannt exzellente Forschung der Universität und die intensive Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen in direkter Nachbarschaft zum Campus sind für ZEISS entscheidende Gründe gewesen, die Partnerschaft mit der Universität Tübingen zu suchen.“ In den nächsten Monaten werden die Forschungsvorhaben durch die Kooperationspartner definiert und Themen für Promotionsprojekte identifiziert.

Simona Steeger