Die Tübinger Firma Novis GmbH mit ihrem Geschäftsführer Thomas Helle hat sich auf die Gewinnung wertvoller Stoffe aus Abfall spezialisiert. So gerieten ausrangierte Handys in sein Visier, die einige rare Metalle wie Tantal, Neodym oder Praesodym enthalten, auch „seltene Erden“ genannt. Bakterien sollten als Helfer beim Recycling der Stoffe tätig werden, ohne die kaum ein elektronisches Gerät funktioniert. So kam Professor Dr. Andreas Kappler aus der Geomikrobiologie der Universität Tübingen ins Spiel. „Es war reiner Zufall, dass wir beide am gleichen Ort sitzen“, sagt Kappler.
Die Partner aus Industrie und Wissenschaft kamen schnell zusammen. Ein erstes gemeinsames Forschungsprojekt erhielt eine Anschubfinanzierung vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium, und auch die Müllverbrennungsanlage Mannheim, die Schlacke aus der Verbrennung von Hausmüll liefert, war bald als Partner gewonnen. Die ersten Experimente erwiesen sich als erfolgversprechend. Im Juli 2015 hat Kappler für das Projekt die Auszeichnung „Exzellenter Technologietransfer Neckar-Alb“ der Industrie- und Handelskammer Reutlingen erhalten.
Doch wie helfen nun Mikroorganismen, an die wertvollen Stoffe aus der Schlacke heranzukommen? „Sie werden in zwei Schritten gebraucht“, erklärt Kappler. „Die Metalle, neben den seltenen Erden auch Gold, Platin, Kadmium und Eisen, liegen fest in Mineralen gebunden in der Schlacke vor. Wird diese zerkleinert und mit Säure versetzt, können Bakterien die Minerale als Nährstoffe nutzen und zerstören dabei deren feste Matrix.“ Die freigesetzten wertvollen Metalle werden in der flüssigen Säure gelöst.
Im zweiten Schritt sollen andere Mikroorganismen helfen, sie einzusammeln. Dafür sind manche Bakterien geeignet, eine neue Mitarbeiterin von Kappler experimentiert jedoch auch mit einzelligen Wimpertierchen. Eigentlich können die Mikroorganismen mit den Metallen nichts anfangen. „Manche pumpen sie zur Entgiftung aus ihrer Zelle raus, das ist ungünstig für uns. Aber andere verschließen sie in Bläschen oder lagern sie in die Zelle ein, um sie aus dem Weg zu räumen, dann können wir über das Herausfiltern der Organismen die Metalle zurückgewinnen“, sagt Kappler.
Parallel arbeite Novis bereits an der Hochskalierung der Prozesse, denn in der Mannheimer Anlage fallen pro Tag bis zu 500 Tonnen Schlacke an, die bearbeitet werden müssten. Kappler denkt an große Silos, in denen das Recycling künftig erfolgen könnte. „Wir stehen ständig in Verbindung, einer meiner Studenten arbeitet auch bei Novis mit“, sagt der Wissenschaftler, „inzwischen haben wir es schon in den Kilogrammbereich geschafft.
Janna Eberhardt