Entspannter hingegen geht Professor Bernhard Hirt, Direktor des Instituts für Klinische Anatomie, mit der aktuellen Lage um. Das von ihm 2008 ins Leben gerufene Projekt „Sectio chirurgica“, in dem realitätsnahe Live-OPs an Körperspendern durchgeführt und per Livestream im Netz übertragen werden, macht ihn zu einer Art Pionier auf dem Gebiet der digitalen Lehre.
Doch ganz ohne Hindernisse geht es auch bei Hirt in der neuen Situation nicht: „Über eine besondere Expertise verfügen wir beim Livestreaming, wir merken aber jetzt selber wie alle anderen, dass wir lernen müssen, mit innovativen Formen der Distanzlehre umzugehen. Die Tatsache, dass wir Unterricht in der Livesituation synchron hinbekommen haben, bedeutet nicht, dass wir die digitale Lehre, die auf Distanz basiert und asynchron ist, schon begriffen haben“, sagt Hirt. Derzeit versuchen er und sein Team, die gesamte Plattform umzustrukturieren und für alle Lehrformen nutzbar zu machen. Das bedeutet konkret, dass die Medizinische Fakultät an einem eigenen Fernsehkanal arbeitet, der über die aktuellen Themen aus den Kliniken und Studiengängen berichten soll. „Dazu gibt es eine Mediathek, die gut für das asynchrone Lernen ist. Dort können wir Filme ablegen, die zu jeder Zeit abgerufen werden können“, erzählt er.
Besonders begeistert ist Hirt von dem Engagement seiner Kollegen und der Zusammenarbeit untereinander: „Wir bieten nun auch an, dass unser Personal oder Studierende zu uns kommen können, um ihre Lehreinheit aufzuzeichnen. Mobile Kamerateams werden in die Kliniken und Hörsäle geschickt, dies erfolgt unentgeltlich und ist in der aktuellen Situation eine besondere Leistung, der große Anerkennung gebührt“, sagt Hirt. Er sieht den plötzlichen und sich sehr kurzfristig vollzogenen Wechsel auf digitale Formate als eine Chance: „Jetzt ist es wichtig, den nächsten Schritt zu planen. Zum Beispiel das nachhaltige Gestalten der digitalen Lehre. Unsere Aufgabe ist es, diesen Schwung, der nun reinkommt, zu nutzen und konkrete Ansätze verfolgen zu können. Das Ziel muss sein, nicht nur Vorlesungen einfach digital abzuhalten, sondern als eigenständige Form des Lernen zu etablieren.“