In den vergangenen Monaten war viel von Cyber Valley zu lesen, insbesondere in Bezug auf einen weiteren Ausbau bzw. Aufbau von Forschungseinrichtungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), dem Einsammeln von Fördergeldern und der Rekrutierung von Forschenden aus aller Welt. Dabei fielen unter anderem Begriffe wie AI Breakthrough Hub, Tübingen AI Center, Exzellenzcluster und ELLIS. Zeit für einen Blick auf den aktuellen Entwicklungsstand des KI-Forschungsstandorts Cyber Valley in Tübingen und Stuttgart.
Als im Dezember 2020 Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Digital-Kommissarin Margrethe Vestager Cyber Valley bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate einen Besuch mittels Videokonferenz abstatteten, gab Merkel den Startschuss für den Aufbau des AI Breakthrough Hub. Die Bundesregierung und das Land Baden-Württemberg bauen ihre Förderung des KI-Standorts Tübingen massiv aus. „Die Bundesregierung wird die KI-Forschung und den Transfer in die Anwendung weiter intensiv unterstützen“, sagte Merkel damals. „Cyber Valley is the place to be“, ergänzte Vestager.
So wird das Tübinger KI-Kompetenzzentrum für Maschinelles Lernen (Tübingen AI Center), eines der fünf KI-Kompetenzzentren Deutschlands, künftig jeweils zur Hälfte durch Bund und Land dauerhaft finanziert – und damit zum AI Breakthrough Hub, in dem öffentlich und privat geförderte KI-Grundlagenforschung gemeinsam und in räumlicher Nähe zu Industrieunternehmen und Start-ups auf internationalem Spitzenniveau weiter gedeihen kann. Der Bund stellt für die fünf Kompetenzzentren ab 2022 jährlich insgesamt bis zu 50 Millionen Euro zur Verfügung. Die Länder haben sich verpflichtet, ihre jeweiligen KI-Kompetenzzentren in gleicher Höhe zu fördern.
Das Land Baden-Württemberg baut bereits jetzt das Zentrum, das von der Universität Tübingen und dem Max-Planck-Institut für Intelligente System betrieben wird, weiter aus, verstärkt es mit einer Coding School, die praktische Kompetenzen im Programmieren vermittelt, und stellt dafür in den Jahren 2021 bis 2023 insgesamt 13,5 Millionen Euro zur Verfügung.
Darüber hinaus werden 100 Millionen Euro von Stiftungen des SAP-Gründers Hans-Werner Hector in die Erforschung und Entwicklung von KI fließen, unter anderem zur Schaffung von „Hector Endowed ELLIS Fellowships“, die das Fundament eines künftigen ELLIS-Instituts in Tübingen bilden sollen. ELLIS steht für „European Laboratory for Learning & Intelligent Systems“ und ist ein Netzwerk von KI-Forschungszentren in Europa, darunter auch Tübingen. Das Ziel von ELLIS: europäische Spitzenforschung im Bereich der KI als international konkurrenzfähig zu etablieren.
Bei der internationalen Etablierung europäischer KI-Forschung spielt insbesondere in Tübingen auch die Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eine bedeutende Rolle. So wurden im Exzellenzcluster „Maschinelles Lernen für die Wissenschaft“ an der Universität Tübingen in den vergangenen Monaten neben drei weiteren Professuren auch drei Nachwuchsgruppen mit vielversprechenden Talenten aus aller Welt eingerichtet. Und das Cyber Valley-Doktorandenprogramm International Max Planck Research School for Intelligent Systems (IMPRS-IS) erfreut sich immer größerer Beliebtheit. 968 Bewerbungen von Studierenden aus 55 Ländern – ein Drittel davon weiblich – waren im Herbst 2020 für den fünften Jahrgang des Doktorandenprogramms eingegangen. Die Nachwuchsforschenden bewerben sich um voll finanzierte Doktorandenstellen und werden in der ersten Jahreshälfte 2021 ihre Arbeit aufnehmen.
„Mit unserem KI-Innovationscampus Cyber Valley im Raum Stuttgart/Tübingen ist in kurzer Zeit ein weltweit beachteter Top-Standort entstanden“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Februar. „Dank der Unterstützung von Bundeskanzlerin Merkel, EU-Vize-Präsidentin Vestager und Dr. Hector haben wir die großartige Chance, die Erfolgsgeschichte des Cyber Valley fortzuschreiben und die internationale Spitzenforschung im Land weiter voranzutreiben.“
Lennart Schmid