A Link Between European and African Universities (English version)
Als Allianz europäischer Universitäten ist CIVIS mittlerweile an der Universität Tübingen bekannt – doch das Netzwerk hat auch sechs assoziierte Mitglieder auf dem afrikanischen Kontinent. Diese Zusammenarbeit habe sich aus der Mission von CIVIS ergeben, sagt Christian Möllmann vom International Office. „Wir wollen Lösungen für globale Herausforderungen wie Klimawandel oder Migration finden – damit das gelingt, brauchen wir die Sichtweise von nichteuropäischen Partnern.“ Möllmann ist „Global Partnerships Officer“ von CIVIS und versteht sich als Bindeglied zwischen den Universitäten diesseits und jenseits des Mittelmeers. Seine Aufgabe ist es, die Aktivitäten der Allianz den Mitgliedern in Afrika näherzubringen und ihre Forschenden, Studierenden und Beschäftigten darin zu integrieren.
2022 hat CIVIS das Abkommen zur Zusammenarbeit mit den Partnern in Afrika geschlossen – von Tunesien und Marokko über Senegal und Uganda bis Mosambik und Südafrika. Bereits im Vorfeld war Christian Möllmann bei der Suche nach geeigneten Partnern dabei. Nach gewichteten Kriterien – darunter bestehende Partnerschaften mit CIVIS-Mitgliedern und Passung zu den Themenschwerpunkten der Allianz – kamen letztlich sechs Universitäten auf die Wunschliste. „Wir waren froh, dass alle die Einladung zur strategischen Partnerschaft sofort angenommen haben,“ so Möllmann.
Nun gehe es auch darum, die Interessen der neuen Mitglieder in den CIVIS-Gremien zu vertreten und sie in alle bestehenden Arbeitsbereiche einzubinden, „ganz gleich, ob wir eine Ausschreibung für Forschungsprojekte oder ein neues Studienprogramm aufsetzen,“ erklärt Möllmann. Als „equitable partnerships in an unequal world“ sieht er die Zusammenarbeit: „Es ist klar, dass wir unterschiedliche Kapazitäten und Profile mitbringen und in einer ungleichen Welt leben. Aber unsere Partner sitzen mit am Tisch und sind einbezogen und wir versuchen, bei allen Aktivitäten auf Augenhöhe zu kommunizieren und zu entscheiden.“
Kontakte pflegt Christian Möllmann vor allem online, regelmäßig tauscht er sich mit Vertreterinnen und Vertretern der afrikanischen Mitglieder aus. Nach der Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens habe eine CIVIS-Delegation Antrittsbesuche bei allen sechs Universitäten gemacht, um die Hochschulen vor Ort kennenzulernen und die Allianz vorzustellen. „Da haben sich viele, viele Kontakte ergeben, von denen ich jetzt profitiere.“ Weitere Dienstreisen nach Afrika seien eher selten, sagt Möllmann mit leichtem Bedauern, die Ressourcen seien beschränkt. „Als Mitglied zentraler CIVIS-Gremien bin ich oft auf Dienstreise, aber ‚nur‘ innerhalb Europas.“ Da Vertreterinnen und Vertreter der afrikanischen Partneruniversitäten zunehmend an CIVIS-Aktivitäten in Europa teilnehmen, trifft er sie jedoch immer öfter auch hier.
Insbesondere Lehrende und Forschende, die europäisch-afrikanische Kooperationen angehen wollen, will der Global Partnerships Officer vernetzen. Möllmann hilft dabei, Drittmittelprojekte anzukurbeln und entsprechende Fördermöglichkeiten zu finden, „weil wir das große Problem haben, dass wir das CIVIS-Budget von der EU nicht direkt für die afrikanischen Partner verwenden dürfen.“ Mit einer Anschubfinanzierung können neue Projekte unterstützt werden. Im Jean-Monnet-Programm der EU, das den Dialog zwischen Ländern und Kulturen fördern will, ist zum Bespiel das Netzwerk PolyCIVIS entstanden. Hier tauschen sich alle CIVIS-Mitglieder sowie vier weitere Universitäten in Afrika zur Polykrise – Klimawandel, wirtschaftliche und soziale Ungleichheit, Umweltzerstörung – und ihrer Bewältigung aus.
Mit gesondert beantragten Erasmus-Mitteln für Mobilität der afrikanischen Partner konnten bisher über 100 Studierenden aus Afrika an den Blended Intensive Programmes (BIPs) teilnehmen. An rund 30 BIPs waren auch afrikanische Lehrende beteiligt, das erste BIP mit einer Präsenzwoche in Afrika fand Ende Juli an der University of Witwatersrand (WITS) in Johannesburg statt. Auch in die Studiengänge, die innerhalb von CIVIS entstehen, werden die afrikanischen Mitglieder eingebunden – hier hebt Möllmann das neue Masterprogramm „EUROSUD“ zu Südeuropa-Studien und den Master „Palaeolithic Archaeology“ heraus, in die unter anderem die Universität Hassan II in Casablanca oder die WITS eingebunden sind. Zukünftige Studienprogramme sollen von Beginn an gemeinsam entwickelt werden.
Die afrikanischen Partner seien in der Zusammenarbeit besonders zielorientiert, findet Möllmann. Da sie nicht direkt von der EU-Förderung für CIVIS profitieren, etwa durch Stellen, hätten sie nicht dieselben Kapazitäten für CIVIS-Aktivitäten wie die Vollmitglieder. „Unsere Kolleginnen und Kollegen dort machen das alles zusätzlich zu ihren Hauptaufgaben,“ sagt Möllmann. Dafür seien die mit der EU-Förderung verbundenen Zusatzaufgaben für sie aber auch kaum ein Thema: Statt auf dem teilweise komplexen Projektmanagement und Reporting liege ihr Fokus stärker auf der Schaffung konkreter Möglichkeiten für ihre Mitglieder, sei es hinsichtlich Mobilität, Forschungskooperationen oder Capacity Building. Sie erhoffen sich auch Beiträge von CIVIS etwa zur Entwicklung digitaler Infrastruktur oder in der Doktorandenausbildung.
Umgekehrt könnten auch die europäischen CIVIS-Mitglieder von den Partnern in Afrika lernen. „Unsere afrikanischen Mitglieder haben ein starkes Profil im sozialen Engagement,“ so Möllmann. Die Universität Hassan II in Casablanca etwa sei an der Stadtentwicklung und der Digitalisierung des öffentlichen Raums beteiligt; an der WITS sei Service Learning in die meisten Studiengänge integriert. „Da können sich europäische Partner viel abschauen.“ Wichtig sei nicht zuletzt der Blick der afrikanischen Partner auf globale Herausforderungen. „Forschende der Universität in Sfax, das in Tunesien am Mittelmeer liegt und als ‚Migration Hub‘ gilt, können ganz unmittelbare Erfahrungen mit Migrationsströmen von Afrika nach Europa einbringen.“
Dieser Austausch und die gesellschaftlich relevanten Themen sind es auch, die seinen Job für Christian Möllmann attraktiv machen. Er schätzt vor allem die Zusammenarbeit mit ganz unterschiedlichen Menschen im internationalen Umfeld. „Dass ich mit meiner Arbeit wichtige Themen indirekt fördern kann, ist eine große Motivation.“ Der Blick auf die großen Ziele helfe auch, Hürden zu überwinden. „Man muss einen langen Atem haben und braucht Ausdauer. Wir arbeiten bei der Integration assoziierter Mitglieder in CIVIS an einer langfristigen Sache und dürfen uns von einzelnen Rückschlägen und Problemen nicht unterkriegen lassen.“ Gelernt hat Möllmann auch, die eigene Arbeitsweise immer wieder zu hinterfragen. „Mit meiner ursprünglich eher nordeuropäischen kulturellen Prägung kann ich feststellen, dass Flexibilität und Spontanität auch wichtig und oft nötig sind, um zum Ziel zu gelangen.“
Nicht zuletzt hat Christian Möllmann seinen Blick auf Afrika geschärft: „Auch wenn es bequem ist, von unseren 'afrikanischen Partnerschaften' zu sprechen, dürfen wir nie vergessen, dass Afrika kein Land ist. Was das bedeutet, habe ich erst durch CIVIS wirklich erfahren. Die Vielfalt ist groß und spiegelt sich in unseren Mitgliedsuniversitäten wider.“ Ob es langfristig bei sechs Partnern auf dem afrikanischen Kontinent bleibt, darauf will Möllmann sich nicht festlegen. Das müsse in den CIVIS-Gremien beraten und entschieden werden, sagt er, aber die Möglichkeit einer Erweiterung der Allianz möchte er nicht ausschließen. „Ich bin ja auch Global Partnerships Officer und nicht African Partnerships Officer,“ sagt er mit einem Schmunzeln. Die Offenheit in alle Richtungen mache CIVIS eben aus.
Tina Schäfer
Das erste African-European CIVIS Forum for Research and Education findet vom 25. bis 27. März 2026 an der Hassan II University of Casablanca in Marokko statt.
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