Interaktionen, Diskurse und Materialitäten

Religion und Geschlecht gelten als zwei historisch eng miteinander verflochtene Kategorien, die gegenwärtig in ihrem Zusammenhang öffentlich politisiert und alltagsweltlich umstritten sind. Beide werden zentral zur Mobilisierung gesellschaftspolitischer Agenden in Anspruch genommen: Geschlechterkategorien dienen zur Verteidigung oder Kritik patriarchaler Religionstraditionen und umgekehrt sind religiöse Traditionen mit ihrem existenziellen Gewicht Teil der Verteidigung oder Kritik hegemonialer Geschlechterkonstellationen. Projektiert ist eine gemeinsame Forschungsgruppe von Praktischen Theologien (Islamisch, Katholisch, Evangelisch) und Soziologie. 

Die Gruppe will das Verhältnis von Gender und Religion auf eine empirische Fragestellung zurückführen und untersuchen, wie religiöse und geschlechtliche Zugehörigkeiten heute überhaupt hergestellt werden. Die Vollzugswirklichkeit religiöser und geschlechtlicher Praktiken sowie deren wechselseitige Verschränkungen sollen innerhalb verschiedener sozialer Situationen und Kontexte rekonstruiert werden. Sowohl Geschlecht als auch Religion begreifen wir praxeologisch als Prozesskategorien und historisch situierte Wissensformationen, die in Interaktionen, Diskursen und Materialitäten aktualisiert und ausgedrückt werden. Dabei ist die Möglichkeit eines undoing als Inszenierung religiöser bzw. geschlechtlicher Indifferenz ebenso mitberücksichtigt wie die Aktualisierung weiterer sozialer Zugehörigkeiten (beispielsweise Ethnizität, Alter, sexuelle Orientierung). Vorbereitet wurde dir Arbeit u.a. in einem Interdisziplänen Workshop, gefördert durch P 4 "Global Encounters" der Universität Tübingen, am 16. - 18. Juni 2021.
Antragstellende sind: Michael Schüssler (Praktische Theologie/Katholisch-Theologische Fakultät), Fahimah Ulfat (Religionspädagogik/Zentrum für Islamische Theologie), Ursula Offenberger (Soziologie/Methodenprofessur) und Birgit Weyel (Praktische Theologie/Evangelisch-Theologische Fakultät).