Während der frühen Eisenzeit (spätes 10. bis spätes 8. Jh. v. Chr.) wurde der Mittelmeerraum zum Knotenpunkt eines komplexen Netzwerks, an dem seefahrende Völker aus verschiedenen an das Mittelmeer grenzenden Gebieten beteiligt waren. Rund um das Tyrrhenische Meer, insbesondere in Etrurien, kam es dabei zu teils dramatischen Veränderungen mit nachhaltigen soziokulturellen Folgen. Mit seiner zentralen Lage zwischen dem östlichen und dem westlichen Mittelmeer wurde diese Landschaft zum Empfänger zahlreicher Innovationen mit Auswirkungen auf das wirtschaftliche und soziale Leben der dort lebenden Menschen. Eine der Folgen war die Transformation von Dörfern und prä-urbanen Siedlungen hin zu den bekannten Stadtstaaten Zentralitaliens in der Orientalisierenden Periode (spätes 8. Jh. bis frühes 6. Jh. v. Chr.).
Dieses Projekt konzentriert sich auf die Produktion keramischer Objekte und zielt darauf ab, neues Licht auf die technologischen und damit verbundenen sozialen Veränderungen zu werfen, die den Weg hin zu den städtischen Gesellschaften in Etrurien sowie die Formierung der etruskischen Zivilisation vom späten 10. Jh. bis zur Mitte des 7. Jh. v. Chr. begleiten. Um dies zu erreichen, wird diese Untersuchung eine breite Palette keramiktechnologischer Analysen an Funden aus einer Auswahl wichtiger Siedlungen Etruriens über das frühe 1. Jahrtausend v. Chr. hinweg durchführen. Die Untersuchungen werden mit einer systematischen geologischen Begehung des Territoriums der jeweiligen Fundstätten verbunden, um die Rohstoffquellen zu lokalisieren und zu charakterisieren, die den Töpfern in der Antike zur Verfügung standen.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung technologischer Merkmale, die am Übergang von der frühen Eisenzeit zur beginnenden Orientalisierenden Epoche (spätes 8. Jh. bis frühes 7. Jh. v. Chr.) stattfanden. Hierzu zählen u.a. die Einführung der schnell-drehenden Töpferscheibe sowie pyrotechnologische Entwicklungen, welche die Herstellung dichter roten Keramikengoben ermöglichten. Die Übernahme dieser Technologien wird gemeinhin als Beispiele für eine zunehmende Spezialisierung des Handwerks gewertet, die wiederum eine Folge des tiefgreifenden sozio-ökonomischen Wandels in Etrurien im Zuge der interkulturellen Kontakte mit handwerklichen Traditionen der Nuragher, Phönizier und Griechen darstellt.
Eine umfassende Untersuchung der Keramiktechnologie Etruriens mit neusten naturwissenschaftlichen Hilfsmitteln wäre in dieser Form einzigartig. Die Ergebnisse werden es uns ermöglichen, diese entscheidende Phase des Wandels, die durch das Aufkommen des urbanen Lebensstils und weithin ausgreifende Netzwerke gekennzeichnet ist, aus einer handwerklichen Perspektive heraus zu verstehen. Durch den Vergleich der Ergebnisse aus den geologischen Untersuchungen mit denen der Keramikanalyse kann erstmalig eine zuverlässige Referenzstudie vorgelegt werden, an der sich zukünftig Untersuchungen zur Zirkulation von Villanova-zeitlicher und etruskischer Keramik in Italien sowie im weiteren Mittelmeerraum orientieren können.