Slavisches Seminar

Geschichte des Slavischen Seminars

Vorgeschichte

Das Slavische Seminar der Universität Tübingen besteht seit dem Wintersemester 1961/62, kann sich aber auf eine viel längere Tradition zurückführen. So beschäftigte sich der Orientalist Christian Friedrich Schnurrer (1742–1822) am Ende des 18. Jahrhunderts mit dem slavischen Bücherdruck in Württemberg und insbesondere mit den Schriften des slovenischen Reformators Primož Trubar (1508-1586), der die letzten zwanzig Jahre seines Lebens in Derendingen bei Tübingen gewirkt hat. Die erste Lehrveranstaltung zu slavischen Literaturen bot Prof. Dr. Heinrich Ferdinand Eisenbach (1795–1859) im Sommersemester 1826 an, ab 1846 las Prof. Dr. Moritz Rapp (1803–1883) regelmäßig zu Themen aus dem Bereich der slavischen Sprachen und Literaturen.

Zwanzigstes Jahrhundert (bis 1961)

Institutionell verankert wurde die Slavistik im Wintersemester 1929/30 durch die Einrichtung des „Indogermanisch-slavischen Seminars“, an dem der Indogermanist Prof. Dr. Ernst Sittig (1887-1955) von 1929 bis 1945 auch slavistische Veranstaltungen abhielt. Im Sommersemester 1952 wurde am „Indogermanischen Seminar“ eine slavistische Abteilung eingerichtet, mit deren Leitung der Privatdozent Dr. Heinz Wissemann (1912–2001) betraut wurde. Er bot wie vor ihm Sittig Veranstaltungen zur slavischen Sprach- und Literaturwissenschaft an. Im Sommersemester 1958 wurde er außerplanmäßiger Professor. 1961 wurde er an die Universität Gießen berufen. Nach seinem Weggang beschloss die Universität, die Stelle in ein Ordinariat umzuwandeln und ein eigenes „Slavisches Seminar“ einzurichten.

Ab 1961

1961 beschloss der Senat der Universität Tübingen die Gründung eines eigenständigen Slavischen Seminars, der auch das Ministerium zustimmte. An das Seminar wurde 1961 der Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Dr. Ludolf Müller (1917–2009) berufen, ein zweites Ordinariat wurde 1963 eingerichtet und mit dem Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Rudolf Aitzetmüller (1923–2000) besetzt. Schwerpunkte des Seminars in Forschung und Lehre waren einerseits die russische Sprache, Literatur und Kultur (unter besonderer Berücksichtigung des Altrussischen) und andererseits die slavische Sprachgeschichte. Nachfolgerin von Prof. Aitzetmüller auf dem sprachwissenschaftlichen Lehrstuhl wurde 1968 Prof. Dr. Ilse Kunert (1923–2016), die neben der Russistik auch die Polonistik zu einem Schwerpunkt des Slavischen Seminars machte und zur diachronisch-historischen auch die synchronisch-strukturalistische Sprachwissenschaft in Tübingen heimisch machte. Nach der Emeritierung von Prof. Müller übernahm den literaturwissenschaftlichen Lehrstuhl ab dem Wintersemester 1982/83 Prof. Dr. Rolf-Dieter Kluge (* 1937), mit dessen Kommen auch die Südslavistik zu einem Schwerpunkt wurde, welcher einige Jahre später durch die Einrichtung einer C3-Professur für Slavische Philologie mit dem Schwerpunkt Südslavistik verstärkt und ausgebaut wurde. Diese Professur war von 1989-2010 mit Prof. Dr. Jochen Raecke (* 1943) besetzt, der als inhaltlichen Kernbereich die medienwissenschaftliche Komponente am Seminar einbrachte und zur Serbokroatistik als weitere Sprache die Slovenistik hinzufügte. Nach der Emeritierung von Prof. Ilse Kunert wurde die sprachwissenschaftliche Professur u. a. für fünf Semester von Prof. Dr. Ingeborg Ohnheiser vertreten und im Wintersemester 1994/95 mit Prof. Dr. Tilman Berger (* 1956) wieder besetzt, dessen Schwerpunkte u. a. in der Pragmatik und Korpuslinguistik liegen und der neben der Polonistik auch die Bohemistik als Kernbereich eingeführt hat. Die literaturwissenschaftliche Professur war nach der Pensionierung von Prof. Kluge im Sommersemester 2002 zunächst vakant und wurde im Wintersemester 2004/05 mit Prof. Dr. Schamma Schahadat (* 1961) besetzt. Die Professur für Slavische Philologie mit dem Schwerpunkt Südslavistik wurde nach der Pensionierung von Prof. Raecke in eine Juniorprofessur für "Transkulturelle Ostmitteleuropa-Studien" umgewandelt. Diese Professur war von 2011–2017 mit Jun.Prof. Dr. Irina Wutsdorff (* 1970) besetzt.

Entwicklung der Studierendenzahlen