Abgeschlossene Projekte


Fundmünzen Virunum

1) sog. Fullonica

Im Jahre 2004 wurde durch das Landesmuseum Kärnten, Außenstelle Magdalensberg, im Auftrag des Bundesdenkmalamtes am nördlichen Stadtrand von Virunum eine Notgrabung durchgeführt. Dabei konnte ein Gebäude mit Beckenstrukturen sowie eine nachfolgende Wohnbebauung freigelegt werden. Eine Interpretation der frühen Strukturen als fullonica scheint bei derzeitigem Forschungsstand möglich.
Die lückenlose Stratigraphie vom 1. Jh. bis in die 2. Hälfte des 4. Jhs. bietet hervorragende Möglichkeiten, um den Fundanfall der materiellen Sachkultur eines Fundplatzes im Laufe seiner Entwicklung zu untersuchen. Den Münzen kommt hierbei besondere Bedeutung zu. Die Fundmünzen der frühen Bauphase bieten sich an, um erstmals das Vorhandensein von Geld im urbanen Gewerbe- und Wohnbereich Virunums anhand der archäologischen Evidenz zu studieren. Deponierungen von Münzen und Terrakottafiguren in Baustrukturen belegen die rituelle Funktion von Münzen zusätzlich zum alltäglichen monetären Gebrauch.
In Zusammenarbeit mit dem Ausgräber und den Kleinfund- und Keramikbearbeitern werden die Münzen in ihrem archäologischen Kontext bearbeitet.

2) Basilika

In Kooperation zwischen dem Landesmuseum Kärnten, dem Archäologischen Institut der Universität Padua und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege finden seit 2006 Grabungskampagnen im Bereich der frühchristlichen Basilika von Virunum statt. Die Untersuchungen verdeutlichten, dass es sich um den größten bekannten Kirchenbau Noricums und somit wohl um die Bischofskirche der Stadt gehandelt haben dürfte. Dieser Großbau – wenngleich durch Raubgrabungen und Steinraub stark gestört auf uns gekommen – scheint dem derzeitigen Forschungsstand zufolge Ende des 4. beziehungsweise zu Beginn des 5. Jahrhunderts n. Chr. errichtet worden zu sein.
Die Fundmünzen bieten neben wichtigen Kriterien zur Datierung einzigartige Einblicke in das Spektrum an vorhandenen Münzen zur Zeit des episkopalen Zentrums der Provinz Noricum mediterraneum sowie zur vorhergehenden kaiserzeitlichen Insula- und Straßenbebauung des Areals.
Die Bearbeitung der Fundmünzen erfolgt parallel zu den jährlichen Grabungskampagnen.

Kooperation: Landesmuseum Kärnten, Außenstelle Magdalensberg

Kontakt: Dr. Stefan Krmnicek

Die unpublizierte Grabung der Expedition Ernst von Sieglin in den Basileia von Alexandria

Das von der Sieglin Stiftung finanzierte Projekt hat zum Ziel, mit Hilfe neu aufgetauchter Grabungsdokumente sowie Grabungsplänen aus verschiedenen Archiven den Befund einer Grabung zu rekonstruieren, die im Jahr 1901 von der Expedition Ernst von Sieglin am Osthafen von Alexandria, im sog. Königsviertel (Basileia) unternommen wurde. Die Grabung wurde jedoch im Anschluss an die Expedition nicht publiziert. Ferner sollen die sich in Tübingen befindlichen Funde aus der Grabung erstmals vorgelegt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Architekturfragmenten.

Mitarbeiter: Dr. Ingrid Laube

Hellenistische und Römische Gips- und Kalksteinplastik aus Ägypten in Tübingen und Dresden

In dem zweiten von der Sieglin-Stiftung finanzierten Projekt soll nach der Gesamtpublikation der Marmorplastik jetzt auch der Bestand der Plastik aus Gips und Kalkstein vorgelegt werden, der sich in der Skulpturensammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie der Antikensammlung des Institut für Klassische Archäologie befindet. Ernst von Sieglin hatte um 1900 von privaten Sammlern verschiedene Gattungen erstanden, um diese in Deutschland sowohl durch die Stiftung an Museen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, als auch Universitäten und damit der Forschung zur Verfügung zu stellen.

Kontakt: Dr. Ingrid Laube

Interdisziplinäre Analyse kultureller Kontakte in antiken Randzonen

Dreijähriges Forschungsprojekt gefördert in Höhe von €120.000.-durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Baden-Württemberg

Die griechische Kolonisation Unteritaliens/Siziliens bzw. des Schwarzmeerraumes ist in den letzten Jahrzehnten in allen ihren Facetten in den Focus der Forschung gerückt und zentraler Inhalt zahlreicher Forschungsprojekte in Italien, Rumänien, Bulgarien, Russland, Georgien und der Ukraine geworden. Von hohem Interesse ist hierbei vor allem das oftmals verblüffende Resultat der notwendigerweise stattfindenden kulturellen Kontakte, die einen gewissen Grad von Interaktion zwischen lokal ansässigen Bevölkerungsteilen und neu hinzukommenden Siedlern aus Griechenland oder Ionien nachdrücklich belegen. Diese Interaktion wird in den Siedlungen, vor allem aber in den Gräbern, bei Beigaben keramischer oder metallischer Natur, oder an den jeweiligen Bestattungssitten deutlich.

Allerdings stößt ein geisteswissenschaftlich/kunsthistorisch geprägter Ansatz bei der Interpretation der Funde und Befunde schnell an seine Grenzen: Das Verhältnis zwischen lokaler Population und einwandernden Siedlern ist zwar speziell für die früheste Besiedlungszeit eines Platzes von höchstem Interesse, aber zumeist kaum zu klären – zu merkwürdig inhomogen sind Importkeramik und lokale Keramik, Trachtbestandteile und Waffen griechischen und fremden Ursprunges mit bestimmten Bestattungslagen und –riten kombiniert und auf verschiedene Gräber verteilt.

Ziel des Projektes ist daher eine breit angelegte, interdisziplinäre Untersuchung, die der Beleuchtung von Kolonisationsprozessen in der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. in Großgriechenland und im Schwarzmeerraum dienen soll, aber nun erstmals auf der naturwissenschaftlichen Analyse ausgewählter Fundgruppen fußt. Diese Analysen sollen im Wesentlichen der relativen Herkunftsbestimmung (lokal gegen neu hinzugekommen) von Individuen selbst (mittels anthropologischer Untersuchung), aber auch ihrer Schmuck- und Gebrauchsgegenstände (lokal gegen importiert; mittels archäometrischer Untersuchungen an Keramik und Metall) dienen, um die nur auf theoretischen Konzepten basierenden Forschungsmeinungen erstmals auf eine solide Grundlage zu stellen. Damit soll ein Beitrag zum besseren Verständnis derartiger Prozesse geleistet, darüber hinaus mit der Identifikation von `fingerprints´ ganzer Regionen aber auch eine Vorarbeit von bleibendem Wert für weitere Projekte dieser Art geschaffen werden.

Linosa Survey Projekt

gefördert durch die Fritz-Thyssen-Stiftung

Die Vulkaninsel Linosa (Provinz Agrigent, Italien), das antike Aethusa, ist die nördlichste der Pelagischen Inseln. Sie liegt inmitten der Strasse von Sizilien und damit im Zentrum der antiken Seehandelsrouten, die den östlichen mit dem westlichen Mittelmeerraum und Afrika mit Europa verbinden (Abb. 1 und 2). Archäologisch ist die Insel bislang so gut wie unerforscht.
Trotz des Fehlens an natürlichen Süsswasservorkommen erfuhr die Insel eine intensive Besiedlung in der punisch-römischen Antike und in der Neuzeit seit dem mittleren 19. Jh. Diese Besiedlungen wurden ermöglicht durch ein bis heute einzigartig gut erhaltenes, antikes Wasserversorgungssystem, das System der Comprise: an den Berghängen wurden grosse Wassersammel- und speicheranlagen für Regenwasser angelegt, die aufgrund ihrer immensen Kapazität einen integralen Bestandteil der insularen Wasserversorgung ausgemachen. Inselweit haben sich mehr als 150 antike Zisternen erhalten. Die Comprise nutzen den anstehenden Fels der Hänge als natürliches Impluvium, das dort in den Wintermonaten aufgefangene Regenwasser wird zur Speicherung in Zisternen geleitet (Abb. 3 und 4). Eine erste, vorläufige Datierung der Anlagen legt nahe, dass das System bereits in punischer Zeit angelegt und in römischer Zeit weiter ausgebaut wurde.
Gegenstand des Forschungsprojektes ist es, diese Wasserversorgungsanlagen in ihrem naturräumlichen und siedlungstopographischen Kontext in einem topographischen Modell zu dokumentieren. Begleitend wird in einem intensiven Survey die Chronologie der Bau- und Nutzungsphasen der Anlagen präzisiert. Neben wasserhistorischen und -technischen Fragen steht die Besiedlungsgeschichte der Insel im Fokus der Forschungen.

Literatur

T. Ashby, Lampedusa, Lampione, and Linosa, Annales of Archaeology and Anthropology IV, 1911, 11-34.
P. Calcara, Descrizione dell Isola di Linosa (Palermo 1851).

Fürstengräber

Fürstengräber Etruriens, der Magna Graecia und des West-Hallstattraums der ersten Hälfte des 1. Jtsds. v. Chr.

Teilprojekt des DFG-Schwerpunktprogramms 1171:
"Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse - Zur Genese und Entwicklung ›frühkeltischer Fürstensitze‹ und ihres territorialen Umlandes"

Als charakteristischer Befund der Archäologie der westlichen Hallstattkultur gilt ein enger Bezug zwischen Fürstensitzen, also den mit Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozessen verbundenen Siedlungen, und Fürstengräbern, den mit exzeptionell reichen sowie importierten Beigaben ausgestatteten, monumentalen Hügelgräbern. Dabei sind die Prunk- oder Fürstengräber nach wie vor zentrales Quellenmaterial für sozialarchäologische Problemstellungen, für Fragen der Sozio-, Ethno- und Poleogenese und damit auch der Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse. Auf diesen Zusammenhang zwischen Grabkultur und Urbanisierung, auf Bezüge zwischen Grabluxus, politischer Organisationsform und Siedlungsform zielt das Teilprojekt »Fürstengräber«, und zwar in der vergleichenden Perspektive auf drei unterschiedliche kulturelle Räume der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. Im Fokus stehen neben der westlichen Hallstattkultur Etrurien und die etruskisch beeinflussten Landschaften Mittelitaliens sowie das griechisch geprägte Süditalien (Magna Graecia) mit seinen lokalen Kulturgruppen.
Das Projekt bezieht sich damit auf die im Antrag des Schwerpunktprogramms eingeforderten vergleichenden Forschungen, einerseits zur Zentralisierung und Urbanisierung der Kulturen des Mittelmeerraums, andererseits zu den Prunkgräbern. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass die Prunk- oder Fürstengräber dieser Kulturräume trotz der strukturell ähnlichen Befunde sozialgeschichtlich sehr unterschiedlich interpretiert werden, und damit zwangsläufig auch die mit diesen Gräbern verbundenen Siedlungen. Der Vergleich kann so dazu dienen, theoretische und methodische Ansätze der unabhängig voneinander arbeitenden Forschungsfelder gegeneinander zu stellen, in Hinblick auf die im SPP im Mittelpunkt stehende Hallstatt- und Frühlatènekultur aber auch die sozialarchäologische Diskussion bereichern. In Analogie zu den Verhältnissen des Etrurien der orientalisierenden Zeit sei die These formuliert, dass die eisenzeitlichen Fürstengräber nördlich der Alpen nicht auf eine einzelne Person an der Spitze der Gesellschaftspyramide weisen, sondern eine breiter verteilte Macht belegen. Fürstengräber sind damit zwar Anzeichen für Zentralisierungsprozesse, entsprechende Gräber werden aber nicht mehr angelegt, sobald es tatsächlich zur Ausbildung städtischer Strukturen kommt.
Ein konkreter Zugriff auf Quellenmaterial soll vorrangig über zwei Aspekte erfolgen, die es erlauben, Fürstengräber als Quellen der Siedlungsforschung bzw. in Bezug auf Haus- und Siedlungsstrukturen zu untersuchen. Von besonderem Interesse ist im Rahmen des SPP der topographische Bezug der monumentalen Gräber zu den Siedlungen oder Territorien. Fürstengräber sind als Medium ritueller Kommunikation und territorialer Ansprüche, als monumentale, von der Umgegend abgehobene Orte zentrale Gliederungselemente eines spezifischen Siedlungsgefüges oder Territoriums und damit konstitutive Elemente einer Besiedlungsgeschichte. Zu analysieren ist also die Lage der Fürstengräber: in der Hauptnekropole, in einer kleineren Gräbergruppe, abseits anderer Gräber, nahe der Siedlung / Stadt, im Territorium der Siedlung / Stadt, an Straßen oder auf markanten Geländepunkten.
Zum anderen gelten Fürstensitze als Wohnsitz oder Residenz der in den Fürstengräbern bestatteten Personen. Ein sowohl in irgendeiner Weise architektonisch herausgehobener als auch durch Fundgut deutlich abgesetzter Wohnplatz eines »Hallstatt-Fürsten« ist aber bisher nicht nachgewiesen worden. Die Untersuchung dreier unterschiedlicher kultureller Räume verspricht Ergebnisse darüber, ob Häuser der durch den Bestattungsbrauch herausgehobenen Elite in ähnlichem Maß herausdifferenziert waren wie die Fürstengräber.

Kontakt:
Dr. Beat Schweizer

Links:
http://www.fuerstensitze.de/
http://www.fuerstensitze.de/1916_Fuerstengraeber.htm

Neue Untersuchungen zu den Horrea Agrippiana in Rom

Bei den Horrea Agrippiana am Clivus Tuscus zwischen dem Forum Boarium und dem Forum Romanum gelegen, handelt es sich um eine der ältesten monumentalen Horrea-Anlagen Roms. Sie wurde wahrscheinlich durch Agrippa in früh- bis mittelaugusteischer Zeit errichtet und gilt heute als eines der besterhaltenen Beispiele ihres Bautyps. Das Gebäude besteht aus einer zentralen annähernd quadratischen Platzanlage, die von einer korinthischen Portikus mit knapp dreißig dahinter liegenden Tabernen gerahmt wird. Epigraphischen Funden zufolge wurde in den Tabernen vor allem Kleidung verkauft.

Die bisherige Rekonstruktion der Anlage beruht auf den Arbeiten Heinrich Bauers, der in den 1970er Jahren gemeinsam mit Franco Astolfi, Federico Guidobaldi und Alberto Pronti die Horrea erforscht und die Ergebnisse in der Archeologia Classica von 1978 vorgelegt hat. Sollte Bauers Rekonstruktion stimmen, wären die Horrea Agrippiana ein Schlüsselbefund für die antike Architekturgeschichte. So postulierte Bauer beispielsweise Kreuzgratgewölbe unter Verwendung eiserner Zuganker, wie sie für eine solch frühe Zeit sonst nicht bekannt sind. Allerdings lässt sich diese Rekonstruktion anhand der publizierten Zeichnungen bisher nicht vollständig nachvollziehen.

Die Dokumentation Heinrich Bauers besteht aus 56 Baugliedzeichnungen und befindet sich heute im Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts der Abteilung Rom.
Ziel des Kooperationsprojektes zwischen der Soprintendenza Statale di Rom (Francesco Prosperetti), dem Deutschen Archäologischen Institut der Abteilung Rom (Ortwin Dally) und dem Institut für Klassische Archäologie der Eberhard-Karls-Universität Tübingen (Johannes Lipps) ist es, die existierende Dokumentation um Fotografien der Bauglieder zu ergänzen und digital zugänglich zu machen. Bei dieser Gelegenheit gilt es, die Rekonstruktion Bauers kritisch zu prüfen, gegebenenfalls zu modifizieren und in dieser Form abschließend zu publizieren. Damit soll letztlich ein Beitrag geleistet werden, um die Anlage anschließend in ihrem architektur- und wirtschaftsgeschichtlichen Kontext besser verstehen zu können.

Die römischen Architekturglieder im Museo Gregoriano Profano (Vatikanische Museen)

Das Museo Gregoriano Profano beherbergt ca. 300 römische Architekturteile. Ihre wissenschaftliche Bedeutung liegt zum einen in ihrer vielfach hervorragenden Qualität, zum anderen aber insbesondere darin, dass sie sich zum Teil bekannten Kontexten aus Rom, Ostia und Tivoli zuordnen lassen. Ungeachtet ihres wissenschaftlichen Wertes sind sie bis heute in weiten Teilen nicht publiziert. Aufbauend auf jahrzehntelanger Zusammenarbeit zwischen dem Forschungsarchiv für Antike Plastik der Universität Köln und den Vatikanischen Museen wurden alle Bauteile in den Jahren von etwa 1980 – 1990 photographisch dokumentiert. Ziel des vorliegenden Projektes ist es nun, die Architekturteile des Museo Gregoriano Profano durch ein internationales Expertenteam zu studieren und zu veröffentlichen und die Objekte damit erstmals in vollem Umfang der Forschung zugänglich zu machen.

Vom Lateran zum Museo Gregoriano Profano

Die Lateranischen Museen bildeten seit ihrer Gründung unter Gregor XVI. im Jahr 1844 den Sammelpunkt für alle neugefundenen Antiken profanen Charakters, die seit dem Beginn des 18. Jhs. in Rom und Umgebung zu Tage kamen. Der Wert dieser Sammlung besteht in der Mischung der Objekte. Neben einfachen Werken geringer handwerklicher Qualität ist gerade die Zahl der exquisiten Skulpturen, Porträts, Reliefs und Architekturteile sehr hoch. Vor allem sind aber (im Unterschied zu den Antiken älterer römischer Sammlungen) nur ganz wenige Fundstücke restauriert. Häufig stammen diese Objekte aus bekannten Kontexten, wie etwa dem Trajansforum, aus Ostia oder der Villa Hadriana, so dass jetzt noch Zuordnungen der Teile an einzelne Bauten möglich sind. Die Sammlung wurde 1968 in das unter Johannes XXIII. neu errichtete Museo Gregoriano Profano gebracht, wo sie sich bis heute befindet. Dazu wurden die Stücke gereinigt und besser zugänglich aufgestellt.

Bisherige Forschungen

Die Antikenabteilung der Vatikanischen Museen bildet seit jeher einen herausragenden Gegenstand deutscher Forschung in Italien. Es genügt, an die großen Kataloge der Skulpturen zu erinnern, die von Walter Amelung 1903 begonnen, von Guido von Kaschnitz-Weinberg fortgeführt und von Georg Lippold nach dem Zweiten Weltkrieg 1956 zum Abschluss gebracht wurden. Der damaligen wissenschaftlichen Tradition geschuldet, waren diese frühen Kataloge allerdings nur mit sehr dürftigen Abbildungen ausgestattet, wodurch die Stücke für weitere Forschungen nur bedingt verwendbar waren. Auch die Erforschung des Museo Gregoriano Profano wird seit über hundert Jahren in enger Zusammenarbeit der Vatikanischen Museen und deutscher Forschungseinrichtungen vorangetrieben. So erfolgte eine erste katalogartige Erfassung des Materials bereits im Jahr 1867 durch Otto Benndorf und Richard Schöne. Wie im 19. Jh. üblich, blieb aber auch die Publikation ihrer Arbeiten ohne Abbildungen. Die gegenüber der Skulptur seinerzeit geringer geschätzte Architektur wurde erst gar nicht dokumentiert.

Vorarbeiten

Als die Stücke nach ihrem Umzug vom Lateran in das Museo Gregoriano Profano für eine Neuaufstellung gereinigt und restauriert werden sollten, knüpften Georg Daltrop, der damalige Leiter der Antikenabteilung der Vatikanischen Museen, und Hansgeorg Oehler, Leiter des Forschungsarchivs für Römische Plastik in Köln, daher an diese Tradition an. Sie starteten um das Jahr 1976 ein Projekt, in dem alle Skulpturen und Steinobjekte der Lateranischen Museen publiziert werden sollten; darunter auch die lange vernachlässigten Architekturteile. Die Objekte wurden in den 1980er Jahren in mehreren Kampagnen von den Photographen des Forschungsarchivs für Antike Plastik (Raoul Laev, Gisela Dettloff und Philipp Groß) aufgenommen, so dass inzwischen der Bestand vollständig in hochwertigen Aufnahmen dokumentiert ist. Die Vorlage der Kataloge erfolgte zunächst vergleichsweise rasch, so dass jetzt die Grabdenkmäler in zwei Bänden und die Skulpturen in drei Bänden vorliegen.

Durchführung

Ziel des vorliegenden Projektes ist es, nun auch die Architekturglieder wissenschaftlich vorzulegen. Hierfür wurde ein neues Konzept entwickelt und ein Kollektiv an AutorenInnen gebildet, das sich aus Experten für die jeweilige Kategorie der Bauteiltypen zusammensetzt. Die Beteiligten haben im Jahr 2016 eine durch die Fritz-Thyssen-Stiftung unterstütze Srtudienreise nach Rom unternommen und das Material gesichtet. Derzeit werden auf dieser Basis die Katalogbeiträge verfasst und kontinuierlich in die Datenbank Arachne eingespeist.

Kooperationspartner
Die Arbeiten werden in Kooperation mit den Vatikanischen Museen (Giandomenico Spinola und Claudia Valeri), dem Forschungsarchivs für antike Plastik der Universität zu Köln (Dietrich Boschung und Henner von Hesberg) und der Eberhard-Karls-Universität Tübingen durchgeführt.

Finanzierung
Fritz Thyssen Stiftung

Mitarbeitende
Sara Bozza, Daniel Damgaard, Filippo Demma, Ulrich-Walter Gans, Carlo Hofmann, Kristine Iara, Dominik Maschek, Marion Mathea-Förtsch, Christiane Nowak, Georg Plattner, Charlotte Schreiter

Ansprechpartner für die Projektleitung:
Prof. Dr. Johannes Lipps Juniorprofessor
 

Die Römische Architektur von Ladenburg

In Ladenburg, dem römischen Lopodunum, im Rheinneckarraum wurden seit dem 19. Jahrhundert immer wieder einzelne Architekturfragmente – meist aus Sandstein – gefunden, die zu verschiedenen Bauten der römischen Stadt gehören und eine große Zahl bis heute unbekannter Monumente bezeugen. Ziel der seit 2016 laufenden Arbeiten ist es, diese Bauteile zeichnerisch und photographisch zu dokumentieren, historisch auszuwerten und zu publizieren. Die Untersuchungen werden vom Zukunftskonzept der Universität Tübingen (ZUK 63) unterstützt.

Kooperationspartner:
Andreas Hensen (Lobdengau-Museum Ladenburg)

Mitarbeitende:
Katharina Sahm (Bauforschung)
Thomas Zachmann (Photographie)

Kontakt:
Prof. Dr. Johannes Lipps

Siedlungsplateau Sigeion

Das Sigeion-Projekt ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes Vorhaben mit dem Ziel, die unmittelbar an den Dardanellen gelegene antike Stadt Sigeion zu erforschen. Die partielle Freilegung Sigeions mit Teilen des Umlands soll das urbanistische Bild einer stets exponierten, frühen Stadt in ihrem historischen, wirtschaftlichen und kulturellen Kontext entstehen lassen. Die Ergebnisse werden paradigmatisch das Bild einer aiolischen Kolonie nachzeichnen und einen Beitrag zur Erforschung der griechischen Kolonisation leisten. Projektleiter ist Prof. Dr. Thomas Schäfer, stellvertretender Leiter Prof. Dr. Konrad Hitzl.

Geographische Lage und Topographie

Die von Lesbos gegründete Stadt Sigeion lag an der Südküste der Dardanellen am nordwestlichsten Punkt der durch den Fluss Skamander geschaffenen Ebene ([01]). Die Skamander-Ebene wird auf der Westseite von dem sogenannten Sigeion-Höhenrücken aus Kalkstein begrenzt, der aus zwei durch eine Senke getrennte Plateaus besteht. Das nördliche Plateau liegt zwischen 45 und 60 m über dem Meeresspiegel und fällt steil zur Agäis ab ([03]). Die Hochfläche ist ca. 860 m lang und 150 bis 230 m breit. Sie umfasst etwa 150.000 m² (15 ha) und war von dem griechischen Dorf Yenişehir bedeckt, das 1915 zerstört und verlassen wurde. Das kleinere südliche Plateau liegt etwa 1 km von Yenişehir entfernt und heißt Spratt's Plateau oder Subaşı Tepe. Der Sigeion-Höhenrücken läuft nach Norden flach in das Festungsgebiet von Orhaniye aus, dessen Nordspitze durch den sog. Tumulus des Achill markiert wird. Ungefähr 300 m südöstlich davon liegt ein zweiter, Tumulus des Patroklos genannter Grabhügel ([04]). Beide Tumuli scheinen aus klassischer Zeit zu stammen. Troia liegt in einer Entfernung von 6 km in südöstlicher Richtung jenseits des Skamander ([02]).

Geschichte

Sigeion war im späten 7. Jh. v. Chr. von Mytilene (Lesbos) aus gegründet worden. Um 600 v. Chr. wurde es von Athen erstmalig besetzt. Daraufhin gründete Mytilene eine neue Stadt namens Achilleion, die wahrscheinlich circa 7 km südlich von Sigeion bei der Beşik-Bucht lokalisiert werden kann ([05]). Achilleion dürfte für Sigeion eine ständige Gefahr gewesen sein. Durch seine strategisch äußerst günstige Lage an der Spitze einer Landzunge konnte Sigeion die Einfahrt in die Dardanellen kontrollieren. Gleichzeitig war die Stadt die letzte Anlaufstation für Schiffe, die auf Südwestwind warteten, um die Dardanellen passieren und in das Schwarze Meer gelangen zu können. Im Falle des bronzezeitlichen Troia ist nach wie vor umstritten, ob es einen intensiven Schwarzmeerhandel über See gab, für die Zeit der Kolonisation steht dies außer Frage. Ohne Handelsrouten zum bzw. vom Schwarzen Meer hätte die Gründung einer Stadt wenig Sinn gemacht, wobei sich Sigeion von anderen griechischen Gründungen an den Dardanellen durch seine vorgeschobene Schlüsselposition unterschied ([05]). Die Kämpfe mit Achilleion um den Besitz des strategisch wichtigen Kaps und der Westküste wurden erst von Periandros von Korinth geschlichtet, der in seiner Entscheidung den status quo festschrieb. Der Dichter Alkaios von Mytilene verlor bei diesen Kämpfen seinen Schild, der in Sigeion im Tempel der Athena als Beutestück aufgehängt wurde. Sigeion teilte sich mit Rhoiteion, das weiter östlich an den Dardanellen lag, das Gebiet von Troia, eventuell der einzige größere Landbesitz der Stadt. In der ersten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. ging Sigeion für Athen anscheinend wieder verloren, denn nach Herodot entriss der athenische Tyrann Peisistratos wohl gegen 530 die Stadt den Mytilenern mit Waffengewalt und setzte seinen unehelichen Sohn Hegesistratos als Alleinherrscher ein. Noch 20 Jahre später flüchtete Hippias, der Sohn des Peisistratos, hierher, nachdem im Jahre 510 v. Chr. die Peisistratiden aus Athen vertrieben worden waren. Sigeion war Mitglied des Ersten Delisch-Attischen Seebunds und wurde in den Tributlisten mit einem jährlichen Beitrag von 1000 Drachmen geführt. Spätestens ab 355 v. Chr. wurde es von dem Tyrannen Chares beherrscht, der noch 20 Jahre später Alexander d. Gr. bei seiner Überfahrt über den Hellespont begrüßt haben soll. Unter dem Diadochen Lysimachos wurde es 302 v. Chr. erobert und im 3. Jh. v. Chr. von dem neu gegründeten Ilion zerstört. Möglicherweise fanden unter Konstantin I. zu Beginn des 4. Jhs. n. Chr. Bauarbeiten als Vorbereitung der Errichtung einer Hauptstadt des oströmischen Reichsteils statt, die später zugunsten Byzantions eingestellt wurden.

Lokalisierung

Auf dem nördlichen Plateau des Sigeion- Höhenrückens befand sich bis zum Beginn der Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs im Jahre 1915 das wohl in spätbyzantinischer Zeit gegründete Dorf Yenişehir mit überwiegend Griechisch sprechender Bevölkerung, das nach Ausweis der Karten des 18. und 19. Jhs. die gesamte Hochfläche einnahm (Einwohnerzahl vor 1915 bis zu 2600 Menschen). Ganz im Süden des Plateaus konnte 2005 der Friedhof des Dorfes verortet werden. Im Bereich der ehemaligen großen Kirche ([07], Quadrat F+G/60) wurden 2005 und 2006 mehrere antike Marmorstücke gefunden, darunter das rechte Kopfprofil eines griechischen Grabreliefs ([14a]). Am 19. Februar 1915 zerstörten englische und französische Schlachtschiffe eine türkische Geschützstellung bei Orhaniye. Der Beschuss traf auch Yenişehir, das daraufhin geräumt wurde. Die Meerengen blieben nach der Niederlage des Osmanischen Reiches bis zur Wiederbewaffnung der Türkei im Jahr 1936 ungeschützt. Anschließend wurde das Gebiet um die Festung Eski Kumkale, Orhaniye und Yenişehir militärisches Sperrgebiet. Erst im Sommer 1995 wurde die Militärzone bis auf einen kleinen Posten zur Überwachung des Schiffsverkehrs in Eski Kumkale aufgelöst. Aufgrund des immer dichter werdenden Schiffsverkehrs in den Dardanellen wurde seit 1999 der Aufbau einer neuen Radaranlage seitens der türkischen Regierung geplant. Da auch auf dem Plateau von Yenişehir die Aufstellung eines Radarturms vorgesehen war, entschloss sich das für die archäologischen Aktivitäten in der Troas zuständige Museum Çanakkale zu einer Notgrabung. Diese Grabung fand vom 17. bis zum 29. August 2001 unter der Leitung von Reyhan Körpe von der Universität Çanakkale statt, der von Dr. Rüstem Aslan sowie Dr. Gebhard Bieg, beide Teilnehmer der Troia-Grabung, intensiv unterstützt wurde.
Yenişehir wurde seit dem frühen 16. Jh. häufig von Reisenden besucht, die antike Monumente und Spolien beschrieben. Diese Funde, darunter Inschriften (mit Nennung Sigeions) und Grabdenkmäler attischen Stils sowie Münzfunde (viele mit Inschrift SIGE), spielten bei der Identifizierung der antiken Siedlung mit Sigeion eine wichtige Rolle. Die Hypothese, dass Sigeion nördlich von Yenişehir auf dem Gebiet der Festung Eski Kumkale gelegen habe, lässt sich mittlerweile falsifizieren ([03]]). Zwar beschreiben frühe Reisende antike Marmorfragmente in Eski Kumkale, die bei einem Besuch der Festung im Jahr 2005 zum Teil noch vorhanden waren. Doch handelt es sich in allen Fällen um sekundär hierher verschleppte Spolien. Eine intensive Begehung des Festungsgebietes, die der Kommandant der Festung genehmigt hatte, erbrachte ausschließlich moderne Scherben. Wahrscheinlich existierte das Schwemmland von Eski Kumkale schon in klassischer Zeit, aber es war nicht besiedelt. Die nördlichste Stadt an den Dardanellen auf kleinasiatischer Seite lag auf dem Plateau von Yenişehir (Abb. 04).
Auch das Plateau von Subaşı Tepe (Spratt's Plateau) wurde des öfteren für Sigeion in Anspruch genommen ([04]). Die geringe Anzahl antiker Keramik, die 2005 auf dem Areal gefunden wurde, und das Fehlen antiker Mauern sprechen jedoch eindeutig gegen diese Theorie. Aus demselben Grund kann auch die Stadt Achilleion nicht auf Subaşı Tepe gelegen haben. Beide Plateaus liegen überdies so nahe beieinander, dass sie nur zu derselben Stadt gehört haben können. Die 2005 geglückte Entdeckung einer Nekropole bei Spratt's Plateau konnte diese Behauptung bestätigen. Eine wohl noch archaisch zu datierende Glasvase war ein besonders schöner Fund ([06]).
Alle Überlegungen im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Kampagnen 2005 und 2006 ergeben folgendes Bild. Auf dem Plateau von Yenişehir lag die antike Stadt Sigeion den Dardanellen am nächsten. Zum Stadtgebiet gehörten Spratt's Plateau und die Ebene zwischen den beiden Höhenrücken. Am Subaşı Tepe wurde eine Nekropole angelegt. Das Gebiet von Spratt's Plateau könnte als Sperrgürtel gegen die weiter südlich gelegene Stadt Achilleion gedient haben. Östlich von Sigeion darf mit großer Wahrscheinlichkeit ein Hafen vermutet werden ([05]). Die Existenz eines zweiten Hafens oder zumindest einer Mole westlich der Stadt zeichnet sich im Meer ab ([04]).

Bisherige Arbeiten

Die Generaldirektion für Kulturgüter und Museen des Ministeriums für Kultur und Tourismus der Türkei in Ankara hatte vor dem Beginn von Grabungen im Rahmen des Projektes »SIGEION« einen zweijährigen Survey gefordert, der in den Jahren 2005 und 2006 mit Finanzierung der DFG durchgeführt wurde. Die erste Kampagne fand vom 6. September bis zum 11. Oktober 2005 und die zweite Kampagne vom 6. September bis zum 2. Oktober 2006 statt. In beiden Kampagnen wurden drei Teilprojekte realisiert:
1. der Aufbau eines Vermessungsnetzes sowie die Erstellung eines topographischen Gesamtplans des Sigeion-Höhenrückens einschließlich der Abhänge und der Senke zwischen den Plateaus (FH Karlsruhe);
2. eine geophysikalische Untersuchung (Geomagnetik und Georadar) ausgewählter Flächen auf den Plateaus und in der Ebene durch die Firma Giese, Grubert & Hübner aus Freiburg;
3. die Begehung des Sigeion-Höhenrückens einschließlich der Abhänge und der Senke zwischen den Plateaus.
Das Vermessungsnetz wurde auf dem türkischen Landesvermessungsnetz aufgebaut, das sich mit dem weltweiten UTM-Netz korrelieren lässt ([07]). Die Koordinaten steigen von Süden nach Norden und von Westen nach Osten an. In dieses Netz wurde ein archäologisches Raster von Quadraten zu 25 m Seitenlänge eingepasst, das von West nach Ost mit Buchstaben und von Norden nach Süden mit Ziffern versehen ist ([07]). Dieses Raster, dessen Quadrat a/1 nordwestlich von Sigeion im Meer liegt, bietet den Vorteil einer fast unbegrenzten Erweiterung nach Osten und Süden. Der topographische Gesamtplan ist weit fortgeschritten, es fehlen noch die Meerseite der beiden Plateaus und die Oberfläche von Subaşı Tepe ([08] - [09]).
Die geophysikalische Untersuchung ausgewählter Flächen ist vorerst abgeschlossen. Die geomagnetische Prospektion erbrachte eine Nekropole bei Spratt's Plateau, eine große runde Struktur unmittelbar südlich des Plateaus von Sigeion sowie mögliche Gräber nahe des Ostabhangs. Besonders wichtig sind die mit Georadar gewonnenen Erkenntnisse ([10]). Nach den Ergebnissen des Jahres 2006 konnten vor allem im Süden des Plateaus von Sigeion in einer Tiefe von 60 bis 80 cm deutliche Strukturen nachgewiesen werden, die sich mit Ausnahme der Zisternen an der Oberfläche nicht abzeichnen. Es spricht alles dafür, in diesen Strukturen die Reste des antiken Sigeion zu sehen ([11]).
Die Surveys in den Kampagnen 2005 und 2006 ließen gerade in ihrer Mischung aus positiven und negativen Ergebnissen wichtige Erkenntnisse zu. Auf Spratt's Plateau und in Orhaniye wurde nur sehr wenig Keramik gefunden, was eindeutig gegen eine intensive Besiedlung spricht. Dagegen konnten im Bereich der Nekropole neben der bereits erwähnten Glasvase ([05]) auch Reste von Pithosbestattungen geborgen werden ([12][14]). Auf dem Plateau von Yenişehir kam antike Keramik in bescheidenem Umfang zutage. Erfolgreicher war die Ausbeute an den Hängen, vor allem im Süden, und in den Quadraten F+G/41 ([07]), wo ein Graben gezogen worden war, um die Stromversorgung des Radarturms zu sichern. Im Aushub dieses Grabens kam sehr viel frühe Keramik zutage, wenn auch mitunter in kleinsten Fragmenten. Dies lässt darauf schließen, dass die heutige Oberfläche die antike Substanz quasi versiegelt hat, und bildet eine gute Ausgangsposition für die geplanten Grabungen.
In den Jahren 2005 und 2006 wurden insgesamt 10574 Scherben aufgesammelt ([13]); moderne Ziegelfragmente wurden beim Survey nicht berücksichtigt. Die Verteilung ist wie folgt: 60,3% osmanische Keramikfragmente, 34,4% archaische Scherben, 5,21% klassische Scherben und 0,09% spätbyzantinische Fragmente.

Zukünftiges Arbeitsprogramm

Das vorrangige Ziel des Projektes »SIGEION« ist die Erforschung des Stadtplateaus von Sigeion. Die Fläche soll zunächst durch Schnitte und danach durch großflächigere Freilegungen untersucht werden. Man darf erwarten, auf eine im Wesentlichen klassische Stadtanlage zu stoßen. Es besteht aber auch die realistische Möglichkeit, noch die archaischen Strukturen der lesbischen Apoikie erfassen zu können. Wo stand der schon zu Zeiten des Dichters Alkaios bestehende Tempel der Athena? Nahm er eine zentrale Position im Stadtgebiet ein oder diente er als von See her sichtbares Wahrzeichen der Stadt? Behielt er sein archaisches Aussehen kontinuierlich bei oder wurde er in klassischer Zeit erneuert? Wie verhalten sich Wohnbezirke, öffentliche und sakrale Räume zueinander? Folgt die Anlage einer aiolischen Kolonie einem festen Plan, der auch die Wohnhäuser berücksichtigt? Unterscheidet sich das athenische Sigeion im Stadtbild erkennbar von der lesbischen Gründung? Lässt sich auf einer gesicherten Grundlage die Einwohnerzahl abschätzen? Neben der Erforschung der frühen Stadt muss das Ende von Sigeion bestimmt und mit den schriftlichen Quellen korreliert werden. Wurde die Siedlung aufgegeben oder systematisch zerstört? Zur Zeit Strabons existierte jedenfalls keine Stadtmauer mehr.
Es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die archaische Keramik aus Sigeion ein breites Spektrum aus importierten und lokalen Waren bieten wird. In den Bauphasen der Stadt und der Intensität der Funde wird sich die Geschichte einer lesbischen Gründung und athenischen Basis widerspiegeln und neues Licht auf die Geschichte der griechischen Kolonisation und Expansion werfen. Keine andere Stadt als Sigeion bietet hinsichtlich der Erhaltung und der fehlenden nachklassischen Überbauung ein besseres Potential für die exemplarische Erforschung der frühen Kolonisation auf dem Weg zur Erschließung neuer Siedlungsgebiete am Schwarzen Meer. Insofern spielt die Stadt für die gegenwärtig aktuelle Diskussion um die Ziele der Schwarzmeergründungen eine Schlüsselrolle.

Kontaktadressen:
Prof. Dr. Thomas Schäfer

Landwirtschaft und Zisternen auf Pantelleria

Forschungsschwerpunktprogramm Baden-Württemberg: Ressourcenknappheit und Versorgungsstrategien

Isola arida: Ressourcenmanagement auf Pantelleria (Italien) - Siedlungskammern im Wandel der punisch-römischen Antike

Auf der 82 km² großen, semiariden Vulkaninsel Pantelleria in der Straße von Sizilien (Ita­lien) gibt es weder nennenswerte Süßwasservorkommen noch, aufgrund der starken Winderosion, ausreichend tiefgründige, landwirtschaftlich nutzbare Böden. Trotz dieser prekären Ressourcenlage wurde der insulare Naturraum seit phönizisch-punischer Zeit sukzessive erschlossen und in einen Kulturraum transformiert, der vor allem durch eine extensive, flächenschaffende Anlage von Terrassen sowie das konsequente Auffangen und Speichern von Regenwasser in Zisternen geprägt ist. In den verschiedenen Peri­oden der antiken Geschichte Pantellerias wurden zahlreiche Kleinräume der Insel (Abb. 1 und 2) besiedelt und zum Teil hochgradig dem Lebensraum angepasste Besiedlungs- und Versorgungsstrategien entwickelt oder adaptiert. Ihre Un­tersuchung erlaubt es, den Umgang mit den Ressourcen, die Erschließung des Hinterlandes der punischen Kolonie sowie den zeitlichen und räumlichen Transfer ruraler Kulturtechniken zu fokussieren. Weitere Fragen schließen an: Wann wurden welche Gebiete der Insel erschlossen? Welche Anbau- und Versorgungsstrate­gien wurden eingesetzt und wie veränderten sich diese? Welchen Grad an Versorgungs­sicherheit konnten die eingesetzten Strategien leisten? Wie viele Personen konnten er­nährt werden? In welchem Verhältnis steht die verfügbare Wassermenge zum landwirt­schaftlich genutzten Boden? Was konnte angebaut, was musste importiert, was konnte exportiert werden?


Von zentraler Bedeutung für die Beantwortung dieser Fragen ist das Verständnis des Naturraumes Pantelleria. In vorliegenden Studien zur Geographie und Biologie der Insel werden vor allem die sehr großen intrainsularen Differenzen betont: So lassen sich auf engstem Raum drei Vegetationszonen voneinander scheiden; es gibt Gunst- und Ungunstregionen, deren landwirtschaftliches Potential ebenso wie der jährliche Nieder­schlag (zwischen 150 und 900 mm) erheblich variiert (Lux 1991; Gianguzzi 1999; Rühl 2003). Um den erheblichen Bedingungsschwankungen auf methodischer Ebene Rechnung zu tragen, soll ein Modell entwickelt werden, welches die Parame­ter eines Wasserversorgungssystems, das vom jährlichen Niederschlag abhängig ist, zu fassen und in eine folgerichtige Relation zu bringen vermag. Dabei sind die maßgeb­lichen Faktoren – kulturell (z. B. Bevölkerungsgröße, Wasserverbrauch), klimatisch (z. B. Niederschlag, Verdunstung) und technisch (z. B. Werkstoffeigenschaften, Speicherkapazitäten) – als quantifi­zierbare Variablen aufzufassen, die das spezifische Gewicht der einzelnen Faktoren prä­zise zu bestimmen erlauben. Das Modell orientiert sich an prognostischen Methoden der Entwick­lungshilfe und soll ein Raster objektiver Möglichkeiten schaffen, innerhalb dessen die histo­risch äußerst differente Siedlungsgeschichte Pantellerias kontrastierend erklärbar wird (Gould - Nissen-Petersen 1999; Pacey - Cullios 2006). Als Fallbeispiel eines insularen Siedlungskleinraumes wurde u.a. die Cala Cottone, ein etwa 700 m langes und bis zu 120 m breites Tal mit einer angrenzenden Bucht im Nordosten der Insel, näher untersucht (Abb. 3 und 4):
Die in einer Feldbegehung aufgenommenen antiken Funde und Befunde, die Topographie und die rezente Bebauung des Tales, die Nutzung der Felder sowie die infrastrukturelle Anbindung wurden in einem digitalen Geländemodell dokumentiert (in Zusammenarbeit mit: Martin Grünheid, Fachbereich Vermessung / Geomatik, Fachhochschule Karlsruhe). Das Modell verdeutlicht die antiken wie rezenten, inseltypischen Siedlungsmuster im ländlichen Raum. In Ergänzung dazu konnte damit begonnen werden, die archäozoologischen und archäobotanischen Überreste auf der Akropolisgrabung hinsichtlich ihrer Aussagekraft über das Verhältnis Stadt/Hinterland zu untersuchen. Weiterhin wurden in einer ersten archäometrischen Untersuchungsreihe lokale Rohstoffvorkommen, Produktionsstätten und Bauwerken, lokale und importierte Keramikwaren sowie die z. T. aus Rohstoffen bestehende Ladung eines vor der Küste der Insel gesunkenen Handelsschiffs beprobt und analysiert, um naturwissenschaftlich fundierte Daten über die Integration Pantellerias in die antiken, mediterranen Handelsnetze zu gewinnen (in Zusammenarbeit mit: Prof. Dr.-Ing. Andreas Gerdes, Hochschule Karlsruhe). Ferner werden zur Entwicklung eines modellhaften Bezugspunktes für das Verständnis der Insel in punisch-römischer Zeit, die kulturellen und technischen Praktiken im Umgang mit der knappen Ressource Wasser im Pantelleria der jüngsten Geschichte und Gegenwart untersucht (Abb. 5) (in Zusammenarbeit mit: Dr. Martina Neuburger, Institut für Geographie, Universität Innsbruck).

Literatur

L. Gianguzzi, Vegetazione e bioclimatologia dell’Isola di Pantelleria (Came­rino 1999).
A. Lux, Macchia und Wald der Insel Pantelleria (unpubl. Diplomarbeit, Universität Erlangen 1991).
J. Gould - E. Nissen-Petersen, Rainwater Catchment Systems for domestic supply (Warwickshire 1999).
A. Pacey - Adrian Cullis, Rainwater Harvesting. The collection of rainfall and runoff in rural areas 4(London 2006).
J. Rühl, Vascular plant diversità in abadoned vine and caper cultures of Pantelle­ria island (Sicily) and conclusions for landscape conservation (unpubl. Diplomarbeit, Univer­sität Greifswald 2003).

Sog. Haus des Augustus

Rekonstruktion und Bedeutung der Stuckdekoration des sogenannten Oecus

Das in den 1960er Jahren ausgegrabene sog. Wohnhaus des Kaisers Augustus auf dem Palatin in Rom ist bis heute nicht umfassend rekonstruiert. In einem der prächtigsten Empfangsräume des Hauses – dem sogenannten Oecus – wurden bei den Ausgrabungen am Boden mehrere hundert, sehr kleinteilige Stuckfragmente gefunden, die ursprünglich das Deckengewölbe des Raumes verzierten. In den vergangenen Jahren wurden diese Stücke bereits restauriert und dokumentiert.

Ziel des laufenden Projektes ist es, auf der Grundlage der gefundenen Stuckfragmente das Aussehen der Stuckdecke zeichnerisch zu rekonstruieren und somit detaillierte Aussagen über die mögliche antike Raumwahrnehmung zu gewinnen. Das Projekt wird in Kooperation mit dem Ministero per I Beni e le Attività Culturali. Soprintendenza Speciale per i Beni Archeologici di Roma (Anna Maria Moretti / Roberto Egidi / Maria Antonietta Tomei), dem Deutschen Archäologischen Institut der Abteilung Rom (Henner von Hesberg) und dem Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke München (Ingeborg Kader) durchgeführt.

Download: Posterpräsentation "Das sog. Haus des Augustus auf dem Palatin"

Download: Zusammenfassung "Das sog. Haus des Augustus auf dem Palatin"

Publikation

J. Lipps, Die Stuckdecke des oecus tetrastylus aus dem sog. Augustushaus auf dem Palatin im Kontext antiker Deckenverzierungen, TAF 25 (Rahden/Westf. 2018) ISBN 978-3-89646-916-8 

Ansprechpartner für die Projektleitung:

Prof. Dr. Johannes Lipps
 

Römische Monumentalarchitektur in Augsburg

Von den Monumentalbauten der ehemaligen römischen Provinzhauptstadt Augusta Vindelicum/Augsburg sind nur einzelne Bauteile überliefert. Erstmalig wurden diese Bauglieder in einem Team bestehend aus Bauforschern, Klassischen Archäologen, Provinzialrömischen Archäologen und Geologen systematisch untersucht. Dabei konnten mehrere römische Großbauten erschlossen und zeitlich bestimmt werden. Dadurch leistet das Projekt einen Beitrag zur Stadtgeschichte des römischen Augsburg.

Kooperationspartner:
Klaus Müller (Technische Universität München)
Sebastian Gairhos (Kunstsammlungen und Museen Augsburg - Stadtarchäologie)
Michaela Hermann (Kunstsammlungen und Museen Augsburg - Stadtarchäologie)
Klaus Poschlod (Bayerisches Landesamt für Umwelt)

Publikationen:

  • J. Lipps – M. Unterwurzacher, Neue Forschungen zur römischen Architektur in Bayern, AA 2014/1, 45–60
  • K. Müller – J. Lipps, Römische Monumentalarchitektur in Augsburg. Augsburger Beiträge zur Archäologie 7 (Augsburg 2016) mit Beiträgen von Sebastian Gairhos, Michaela Hermann und Klaus Poschlod. ISBN-13: 978-3957860859 

Kontakt:
Prof. Dr. Johannes Lipps

Historischer Atlas der Antiken Welt

Der 2007 als Supplementband 3 zum Lexikon “Der Neue Pauly“ beim J. B. Metzler Verlag, Stuttgart, erschienene Atlas umfasst Karten zur Geschichte der zentralen altorientalischen Reiche und von Ägypten ab dem dritten Jahrtausend v. Chr., die griechische und italische Frühgeschichte sowie die frühen Kulturen des nördlichen Schwarzmeerraums, des Balkan, Mittel- und Westeuropas und des westlichen Mittelmeergebiets. Den Kernbereich des Atlas bilden Karten zur eigentlichen ’klassischen' Antike. Damit verlagert sich der zentrale Fokus aus dem Gebiet des Vorderen Orients in die Mittelmeerwelt, die auf der Grundlage der weitreichenden Aktivitäten der Phönizier bzw. Punier, der Griechen, Etrusker und schließlich der Römer als kulturelle Einheit begriffen wird. Der dritte Abschnitt ist der Darstellung der spätantiken und der byzantinischen Geschichte gewidmet, die durch die neuen zentralen Kulturräume des griechischen Ostrom, der islamischen Welt und der christlich geprägten germanischen Reiche gestaltet wird. So beschreibt der Atlas die antike Geschichte von ca. 3000 v. Chr. bis ca. 1000 n. Chr. und konzentriert sich nicht nur auf die politischen Ereignisse, sondern auch auf andere kulturelle Bereiche wie Wirtschaft, Gesellschaft, Religion und Sprachen. Der Atlas stellt im Format DIN A 4 auf 170 Farbtafeln rechtsseitig die historische Entwicklung dar; linksseitig finden sich jeweils ein knapper Kommentar, Quellenangaben und Literatur sowie andere erläuternde Details wie Tabellen, Stemmata und historisch-geographische Skizzen.

Die Karten zum Zeitraum zwischen ca. 3000 und dem 3. Jh. v. Chr. wurden unter Mitarbeit einiger Fachkollegen in Tübingen, die Karten zur römischen, spätantiken und byzantinischen Zeit in Stuttgart konzipiert und erarbeitet bzw. betreut. Die kartographische Umsetzung liegt in den Händen von Richard Szydlak, Geographisches Institut der Universität Tübingen. Momentan ist die englische Version, die vermutlich 2010 bei Brill (Leiden) publiziert wird, in Vorbereitung.

Kontakt: Dr. Anne Wittke

Expedition Ernst von Sieglin

Verantworliche: Dr. Ingrid Laube Skulptur des Hellenismus und der Kaiserzeit aus Ägypten

Survey/Grabung in Cosa

Dank jahrzehntelanger archäologischer Tätigkeit der American Academy of Rome scheint kaum eine antike Stadt Italiens aus republikanischer Zeit auf den ersten Blick besser erforscht als Cosa, neben dem heutigen Ort Ansedonia und etwa 120km nördlich von Rom gelegen. Dort war 273 v. Chr. eine römische Kolonie zur Sicherung eigener Interessen auf etruskischem Gebiet gegründet worden, die später eine sehr wechselvolle Geschichte voller Blütezeiten und Katastrophen erleben sollte. Der Einfluss der amerikanischen Grabungen bzw. der Publikationen ihrer Ergebnisse (vor allem durch Frank Brown) ist als außergewöhnlich zu bezeichnen: kaum ein Handbuch, das ohne die verschiedenen Bauten, Stadtmauern bzw. Strukturen der Innenbebauung auskommt, deren Charakteristika, Aussehen und zeitlichen Einordnungen von den Ausgräbern sehr bestimmt dargestellt worden waren. Man glaubte anhand des Ergrabenen relativ genau zu wissen, wie die übrige Stadt in ihrem Gesamtbild und in ihrer historischen Entwicklung ausgesehen haben müsste.

Auch deswegen folgte in den 90er Jahren eine zweite Phase der intensiven Erforschung der Stadt durch E. Fentress, die sich sehr kritisch mit den früheren archäologischen Arbeiten und Interpretationen auseinandersetzte, diese zum Teil sehr bewusst falsifizieren wollte und einen neuen Schwerpunkt auf die späteren Besiedlungsphasen bis ins Mittelalter legte. Zahlreiche und sehr kleinräumige Sondierungen im ganzen Stadtgebiet wurden vor allem dort angelegt, wo man Straßen oder Straßenkreuzungen vermutete, um tatsächlich das gesamte Areal erfassen zu können: die Folge waren neue Bebauungspläne, die ein viel stärker zeitlich differenziertes Bild zeichneten, aber in Vielem noch immer auf Hypothesen bzw. Interpolierung angewiesen waren. Danach verschwand Cosa wieder für einige Jahre von der Landkarte der laufenden Grabungsprojekte in Italien.

2013 nahm schließlich Prof. Dr. A. U. DeGiorgi von der Universität Tallahassee/Florida die feldarchäologischen Tätigkeiten wieder auf, denn Cosa kann aus mehreren Gründen mitnichten als vollständig erforscht gelten. Viele Fragen zu Gebäuden und tatsächlicher Struktur der Stadt waren immer offen geblieben bzw. hatten sich in den letzten Jahrzehnten in der mediterranen Welt so viele neue Gesichtspunkte ergeben, dass auch alte, als eigentlich gesichert angesehene Ergebnisse wieder in Frage gestellt werden müssen: war die Stadt überhaupt je auf vollständige Bebauung ausgelegt? Stimmen die Datierungen von eindrucksvoller, polygonaler Stadtmauer oder dreiteiligen Bogen am Eingang zum Forum überhaupt? Wo zeichnet sich ein offensichtlich in augusteische Zeit zu setzender Aufschwung architektonisch eigentlich ab? Handelt es sich bei der imposanten Badeanlage mitten in der Stadt womöglich um eine der frühesten ihrer Art?

Während sich der Projektleiter A. U. DeGiorgi mit seinem Team der erstmalig umfassenden Erforschung eben dieser prominent im Stadtzentrum platzierten Badeanlage widmet, ist es Ziel der Tübinger Archäologen, das Stadtgebiet mit seiner Bebauung gesamtheitlich zu erfassen. Dies geschieht zunächst vorrangig mit geophysikalischen Messmethoden durch die Freiburger Firma `GGH Solutions in Geosciences´, wobei sich vor allem der Einsatz von Georadar als äußerst gewinnbringend erwiesen hat. Obwohl zeitaufwändig und mit der Notwendigkeit verbunden, das Gelände erst von Bewuchs und größeren Steinen oberflächlich säubern zu müssen, sind die bisherigen Ergebnisse noch wesentlich besser als erhofft: klar zeichnen sich bislang noch nicht aufgedeckte Mauerzüge und Zisternen als Anomalien ab und stellen wesentlich verlässlichere Indikatoren für die jeweilige Bebauungsdichte dar.

Dies ist allerdings bereits der entscheidende Punkt, denn wo sich im Zentrum neben dem so genannten `Haus der Diana´ deutlich der nächste und abermals sehr großzügig angelegte Wohnkomplex erkennen lässt, zeigen die Messbilder weiter westlich und in größerer Nähe zur Stadtmauer nur noch die Anlage (und auch Pflasterung) von Straßen, jedoch ohne Häuser dazwischen. An einer Stelle scheint sich sogar ein Steinbruch zur Gewinnung von Baumaterial für die Stadtmauer abzuzeichnen, was angesichts der ohnehin geringen Ausdehnung des Stadtgebietes einigermaßen überrascht. In den nächsten Jahren soll das gesamte Stadtgebiet so weit wie irgend möglich in dieser Art und Weise erforscht werden, wobei es bisweilen notwendig und sinnvoll sein wird, die sichtbar gewordenen Strukturen durch kleinräumige Grabungen auch in ihrer Datierung zu erfassen.

Siehe auch http://www.cosaexcavations.org/

Literatur:

  • F. E. Brown, Cosa I. History and Topography, MemAmAc 20, 1951, 5–113
  • F. E. Brown, Cosa. The Making of a Roman Town (Michigan 1980)
  • R. T. Scott, The Latin colony of Cosa, Dialoghi di archeologia, ts6, 2, 1988, 73–77
  • F. E. Brown – E. Hill Richardson – L. Richardson, Cosa III. The Buildings oft he Forum, MemAmAc 37, 1993
  • E. Fentress, Introduction. Frank Brown, Cosa, and the Idea of a Roman City, in: E. Fentress (Hrsg.), Romanization and the City: Creation, Transformations, and Failures: Proceedings of a Conference Held at the American Academy in Rome to Celebrate the 50th Anniversary of the Excavations at Cosa, 14–16 May, 1998, JRA Suppl. 38 (Portsmouth 2000) 11–24
  • E. Fentress (Hrsg.), Cosa V. An Intermittent Town. Excavations 1991–1997, MemAmAc Suppl. 2 (Michigan 2003)
  • E. Fentress, Cosa in the Empire. The Unmaking of a Roman Town, JRA 7, 1994, 208–222

Mitarbeiter:

L. Balandat B.A.; J. Krippner B.A.; M. Rönnberg B.A. (Universität Tübingen)

Neue Forschungen am Forum von Pompeji: Comitium und Ostportikus

Das Forum von Pompeji ist seit etwa 200 Jahren zentraler Gegenstand klassisch-archäologischer Forschungen. Die Fülle und der gute Erhaltungszustand der Denkmäler sowie die Kenntnis zahlreicher historischer Zusammenhänge machen den Platz für die Archäologie besonders attraktiv. Die lange und disparate Forschungsgeschichte mit ihren vielen unpublizierten Grabungen sorgt aber auch dafür, dass grundsätzliche Fragen zur Geschichte der Platzanlage und damit verbunden zur Stadtgeschichte bis heute nicht abschließend geklärt sind.

Ein seit 2003 an der Universität Augsburg unter der Leitung von Valentin Kockel angesiedeltes Projekt hatte es sich deswegen zum Ziel gesetzt, die lange Forschungsgeschichte zum Forumsplatz und den Bauten im Süden erneut zu sichten sowie den vermeintlich gut bekannten Bestand durch Photogrammetrie und Bauaufnahme erstmals systematisch zu dokumentieren. Ergänzt wurden die Arbeiten ab 2007 durch gezielte Sondagen im südlichen Forumsbereich, die vor allem halfen, die Altgrabungen Amedeo Maiuris gründlich zu dokumentieren und besser zu verstehen. Zudem konnte durch die Erweiterung der Schnitte erstmals stratifiziertes Fundmaterial gewonnen werden, um die bauliche Entwicklung in diesem Bereich des Forums zeitlich auf abgesichertem Fundament zu skizzieren.

https://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/archaeologie/Forschung/Forschungsprojekte_Kockel/Forum

Daran knüpft sowohl inhaltlich und methodisch als auch personell ein jetzt an der Universität Tübingen angesiedeltes Folgeprojekt an. Ausgangspunkt für dieses Projekt sind Probleme und Fragestellungen, die sich im Zuge der Augsburger Forschungen ergeben haben. Es stehen vor allem zwei Teilaspekte im Fokus, die der Forumsentwicklung eine deutlichere historische Tiefe verleihen sollen. Teilprojekt 1 beschäftigt sich dabei explizit mit der baulichen Entwicklung und der nach wie vor umstrittenen Funktion des sog. Comitium und Teilprojekt 2 mit der taberna-Bebauung an der Ostseite des Forums (Abb. 1). Ziel dieser Teilprojekte wird es vor allem sein, den Wandel des Platzes an seiner Ostseite von der Republik bis in die frühe Kaiserzeit besser zu verstehen; den Wandel eines Forumsplatzes, der ab etwa der Mitte des 4. Jhs. v. Chr. durch einfache taberna-Bebauung. Unklar ist bisher, wie lange das Forum an seiner Ostseite durch diese stark wirtschaftlich ausgelegten Strukturen bestimmt war und wohin man deren Funktion nach ihrer Niederlegung spätestens in augusteischer Zeit umlagerte. Möglicherweise übernahmen spezialisierte Bauten wie das macellum und auch das sog. comitium die Aufgaben der alten tabernae.

Im August 2015 konnten durch die freundliche Genehmigung der Soprintendenza di Pompei (Massimo Osanna, Sara Masseroli und Laura D’Esposito) und durch die Unterstützung der Kommission zur Erforschung des antiken Städtewesens der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe 'ArchäoGeophysik' der Universität zu Köln die Ostportiken und das sog. Comitium geophysikalisch prospektiert werden (Abb. 2). Besonders bemerkenswert sind die gut sichtbaren Befunde, die sich unterhalb des bis heute nicht gegrabenen sog. comitium abzeichnen und hier nun erstmals Hinweise auf die Struktur der republikanischen Vorgängerbebauung liefern (Abb. 3). Diese lassen sich vorsichtig als Überreste von zur Via dell’Abbondanza ausgerichteten Tabernen und ehemalige Begrenzungsmauern der anschließenden Häuser und Wege interpretieren, die beim Bau des sog. comitium beschnitten wurden. Die Ergebnisse der geophysikalischen Untersuchungen belegen einmal mehr, dass der Bereich im Südosten des Forums im Aufeinandertreffen unterschiedlicher Funktionsräume eine Schlüsselposition zum Verständnis der Entwicklung des pompejanischen Forums einnimmt, da an dieser Stelle wirtschaftlich genutzte Tabernastrukturen im Norden, auf ‚private’ Hausarchitektur im Süden und eine öffentliche Platzanlage im Westen treffen.

Aufbauend auf den Ergebnissen der geophysikalischen Prospektion ist für den Sommer 2017 und 2018 ein Folgeprojekt im Bereich des sog. comitium geplant. Ziel des Projektes ist es, anhand einer erstmaligen Bauaufnahme, einer gründlichen Reinigung des Innenraums und weniger gezielter Sondagen die Datierung, Entwicklung und funktionale Deutung des Baus und damit seine Einbindung in den historischen und urbanen Kontext Pompejis zu überprüfen. Dahinter steht die Absicht, seit dem 19. Jh. geläufige Verknüpfungen literarischer und archäologischer Quellen am Forum von Pompeji kritisch zu hinterfragen und alternative, stärker auf das archäologische Material gestützte Deutungsmodelle zu entwickeln.

Ansprechpartner / Verantwortlich:
Manuel Flecker und Johannes Lipps

Kooperationspartner:
Soprintendenza di Pompei (Massimo Osanna)
Universität zu Köln (Manuela Broisch)

Mitarbeiter:
2015: Manuela Broisch, Matthias Angenendt, Shabnam Moshfegh Nia, Christian Schöne, Linda Stein.

Förderung:
Bayerische Akademie der Wissenschaften

Literatur:

  • John J. Dobbins, The Forum and its Dependencies, in: J. J. Dobbins - P. Foss (Hrsg.), The World of Pompeii (London 2007) 150-183.
  • M. Flecker - J. Lipps - M. Broisch, Geophysikalische Untersuchungen im sog. Comitium am Forum von Pompeji, Kölner und Bonner Archaeologica 5, 2015, 153-165.
  • Günther Fuchs, Fragmenta Saeptorum. Untersuchungen am sogenannten Comitium in Pompei, RM 64, 1957, 154-197.
  • Valentin Kockel – Manuel Flecker, Forschungen im Südteil des Forums von Pompeji. Ein Vorbericht über die Arbeitskampagnen 2007 und 2008, RM 114, 2008, 271-303.
  • Amedeo Maiuri, L'ultima fase edilizia di Pompei (Roma 1942).
  • Amedeo Maiuri, Alla ricerca di Pompei preromana (Neapel 1973).
  • Klaus Müller, Die Ehrenbögen in Pompeji, Studien zur antiken Stadt 10 (Wiesbaden 2011).
  • Antonio De Simone – Salvatore Ciro Nappo, L’accesso monumentale al Foro Civile, in: La Magna Grecia e i grandi santuari della madrepatria. Atti del Trentunesimo convegno di studi sulla Magna Grecia, Taranto 4 - 8 ottobre 1991 (Taranto 1992) 362-364.
  • Kurt Wallat, Die Ostseite des Forums von Pompeji (Frankfurt 1997).
  • Paul Zanker, Pompeji. Stadtbild und Wohngeschmack (Mainz 1995).

Studien zu antiker Architektur und Skulptur auf Djerba

Zielsetzung und Forschungsstand
Im Zeitraum vom 22.09.-13.10.2017 haben Archäologen, Bauforscher und Geologen der Universitäten Tübingen, TU Berlin und Würzburg ergänzend zu den Deutsch–Tunesischen Ausgrabungen in Meninx unter Leitung von Sami Ben Tahar und Stefan Ritter einen Architektur- und Skulptursurvey durchgeführt. Ziel der auf zwei Jahre angelegten Arbeiten ist es, anhand der oberirdisch sichtbaren Architekturteile des antiken Stadtareals sowie der aus Meninx und zum Teil aus Bourgou stammenden unpublizierten Bauglieder und Skulpturen im Bordj el Ghazi Mustapha in Houmt Souk Einblicke in die ursprüngliche Bebauung und Statuenausstattung der antiken Städte zu gewinnen. Hierfür kann die Untersuchung auf die umfangreichen Vorarbeiten von Thomas J. Morton zurückgreifen, der hauptsächlich in den Jahren 1998-2000 eine erste Sichtung von etwas mehr als hundert Architekturgliedern im Bereich des mutmaßlichen Forums von Meninx vorgenommen hat. In seiner im Jahr 2003 abgeschlossenen Dissertation „The Impact of Luxurary: the Forum of Meninx. An Architectural Investigation“ wies Morton diese Bauglieder hypothetisch verschiedenen Bauten zu. Davon lassen sich aktuell nur Bauglieder einer zweistöckigen Basilika sicher im Stadtareal verorten. Der städtebauliche Kontext der übrigen Stücke ist hingegen unbekannt. Da Morton weitestgehend auf zeichnerische Dokumentationen der Bauteile verzichtet hatte, sind die Architekturteile für weiterführende Fragestellungen in der Forschung bislang aber nur bedingt verwertbar.

Geleistete Arbeiten

Im Jahr 2017 konnten ca. hundert Bauglieder, die aktuell auf dem antiken Stadtareal und im Bordj el Ghazi Mustapha in Houmt Souk liegen, per Fotografie und Structure from Motion dokumentiert werden. Ferner wurden unter Leitung von Katharina Sahm besonders gut erhaltene Bauteile gezeichnet und durch Vilma Ruppiene ca. fünfzig Materialproben ausgewählter Objekte genommen. Im Unterschied zu den Arbeiten von Morton, der auf eine Freilegung der vom Sand oft großflächig bedeckten Stücke verzichtet hatte, wurden dafür alle Bauteile, von denen Überreste oberirdisch anstanden, bis an ihre Unterkannten freigelegt und gereinigt. Dadurch wurden zum einen einige neue Stücke erkannt, die Morton noch nicht aufgenommen hatte, zum anderen konnten zahlreiche Bauglieder (und eine Skulptur) in ihrer ursprünglichen Funktion überhaupt erstmals präzise angesprochen werden. Außerdem war an vielen Stücken die Ornamentik der im Erdreich gelegenen Bereiche besonders gut erhalten, was eine bessere stilistische Beurteilung der Objekte erlaubt. Am Ende der Kampagne wurden diese freigelegten Bereiche aus konservatorischen Gründen wieder zugeschüttet. Die fünfzig Marmorproben wurden ausgeführt, um in Würzburg die Isotopenanalysen durchführen zu lassen.

Erste Ergebnisse

Das Hauptaugenmerk der ersten Kampagne lag auf dreizehn besonders großformatigen Baugliedern, die von Morton aufgrund ihrer enormen Größe zurecht demselben Gebäude, dem sog. Südtempel, zugewiesen und in das 2. Jh. n. Chr. datiert worden waren. Bei dem mit diesen Bauteilen verbundenen Gebäude handelt es sich um den größten bislang bekannten Bau des antiken Meninx. Mangels der fehlenden Freilegung war es anhand der wenigen und stark verwitterten oberirdischen Oberflächen bislang jedoch nicht möglich gewesen, die Gebälkteile genauer zuzuordnen und eine Rekonstruktion des Baus zu anzubieten. Neben einer Basis und zwei Kapitellfragmenten konnten 2017 vier Architravblöcke, drei Horizontalgeise sowie zwei Stücke des Schräggeisons sicher identifiziert und gezeichnet werden, wobei insbesondere ihr Dekor detailliert erfasst wurde. Insbesondere ein Geisonblock mit Dachschräge wird neben dem über eine gefundene Soffitte nun errechenbaren Interkolumnium eine hypothetische Rekonstruktion der Tempelfassade erlauben. Daneben wurden 2017 bereits zahlreiche Bauglieder der Basilica sowie der mutmaßlichen Forumsportiken dokumentiert.

Die Arbeiten im Magazin der Insel im Bordj el Ghazi Mustapha in Houmt Souk galten hingegen zum einen einer Reihe an hellenistischen Bauteilen, die Sami Ben Tahar im Frühjahr 2017 in Bourgou gefunden hat und deren wissenschaftliche Erschließung gerade im Kontrast zu den aus Meninx bekannten, großteils deutlich späteren Bauteilen von Bedeutung ist. Zum anderen wurden in Houmt Souk fünf lebensgroße Marmorstatuen via SfM dokumentiert, die ursprünglich aus Meninx stammen und einen ersten Eindruck von der Qualität und den genutzten Schemata der städtischen Skulptur geben.

Langfristige Ziele

Eines der Hauptziele der Arbeiten besteht darin, die verschiedenen Bauglieder langfristig auch mit baulichen Strukturen im Befund verbinden zu können. Dabei geht es insbesondere um das Forum von Meninx, zu dem die meisten der bekannten Bauglieder gehören. Die geplante Reinigung der Basilica soll daher möglicherweise auch in Richtung Forum bis zur vermuteten Forumsportikus ausgedehnt werden. Gemeinsam mit Schnitt 4 der Meninxgrabung, der 2018 noch in Richtung Forum erweitert werden soll, wären dadurch zwei Platzecken bekannt und vielleicht auch die Verortung der Portiken geklärt.

Kooperationspartner

Die Arbeiten werden in Kooperation mit den Deutsch –Tunesischen Ausgrabungen in Meninx unter Leitung von Sami Ben Tahar und Stefan Ritter (LMU München) sowie mit der Bauforscherin Katharina Sahm (TU Berlin) und der Geologin Vilma Ruppiene (Uni Würzburg) durchgeführt.

Finanzierung

Finanziert werden die Arbeiten durch den in Tübingen ansässigen Sonderforschungsbereich 1070 „RessourcenKulturen“ im Rahmen der Arbeiten des Teilprojektes B04. Mitarbeitende Elisabeth Kammerer, Daniel Richter und Julien Vogel (Tübingen), Katharina Sahm (Berlin) sowie Vilma Ruppiene (Würzburg).

Ansprechpartner für die Projektleitung

Prof. Dr. Johannes Lipps Juniorprofessor

Grabungsprojekt: Compsa

Die antike Stadt Compsa, das heutige Conza della Campania, liegt auf einem Hügel (608 m ü.M.) weit im Osten der Region Kampanien im Grenzgebiet zur Basilikata. Der moderne Ort wurde nach dem schweren Erdbeben vom 23. November 1980 verlassen und am Fuß des Hügels in der Ebene des Flusses Ofanto neu errichtet. Mit dem Verlassen des alten Siedlungshügels endete eine Siedlungskontinuität von der Antike bis in die Gegenwart.

Die antike Siedlung entwickelte sich in vorrömischer Zeit an einem wichtigen antiken Kommunikationsweg, der die adriatische Küste mit dem tyrrhenischen Meer über die Flüsse Ofanto und Sele verband. In den antiken Quellen taucht Compsa erstmalig im Zusammenhang mit dem hannibalischen Krieg und der Schlacht von Cannae auf, wo sie als Winterlager für Hannibal diente (Livius 23, 1, 1-3). Die ersten archäologischen Zeugnisse einer Besiedlung stammen jedoch bereits aus früherer Zeit. An den Abhängen des Hügels wurde in den 70er Jahren eine Nekropole des 6. – 4. Jhs. v. Chr. (Oliveto-Cairano-Kultur) ergraben und publiziert (Barbera 1994). Siedlungsspuren in Form von Häusern oder Hütten konnten aus dieser Zeit bisher noch nicht nachgewiesen werden.

Trotz einer Häufung antiker Quellen im 3. – 2. Jh. v. Chr. (Schlacht bei Cannae, gracchischen Reformen), existieren aus dieser Periode bisher nur wenige archäologische Funde. Einzelne Keramikscherben beweisen jedoch die Frequentierung des Hügels auch in dieser Zeit. Im 1. Jh. v. Chr. verdichten sich die archäologischen Hinterlassenschaften (Di Giovanni 2015). Um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. entsteht eine erste Forumsanlage mit zentralem Tempel, die in augusteischer Zeit gepflastert und ausgebaut wurde. Ebenfalls aus der frühen Kaiserzeit stammt ein Amphitheater, welches nur zu Teilen ergraben ist. Des Weiteren hat sich ein antiker Gebäudekomplex in Ziegeltechnik erhalten (sog. Thermen), dessen Funktion und Datierung jedoch noch unklar sind.

Das Grabungsprojekt verfolgt das Ziel, die Entwicklung der Stadt von vorrömischer bis in römische Zeit nachzuzeichnen. Nach einer vollständigen Erfassung der antiken Strukturen anhand von Drohnenbefliegung und Laserscanning im Sommer 2018, werden sich die Grabungen für das Jahres 2019 auf das Forumsareal konzentrieren, um die Nutzung der Platzanlage in vorrömischer Zeit klären zu können. Weitere Sondagen sind im Gebiet des Amphitheaters und in der Via Torrione geplant, wo Keramikfunde aus dem 4. – 3. Jh. v. Chr. eine frühere Besiedlung wahrscheinlich machen.  

Projektleitung: Dr. Christiane Nowak-Lipps (SFB 1070 RessourcenKulturen, Universität Tübingen), Dott. Riccardo Montalbano (Università di Venezia)

Kooperationspartner: Dott.ssa Silvia Pacifico (Soprintendenza Archeologica di Salerno e Avellino); Dr. Matthias Lang (eScience Center der Universität Tübingen)

Ausgrabungsprojekt Villa Metro Anagnina

Die Villa Metro Anagnina befindet sich im südöstlichen Suburbium der Stadt Rom. In der Antike lag sie zwischen der Via Gabina im Norden und der Via Latina im Süden. Im modernen Stadtraum liegt sie zwischen der Metro Station Anagnina und der römischen Filmstadt Cinecittà. Die Villa wurde erst 2009 entdeckt und wird seitdem erstmalig archäologisch erforscht. Auf einer unbebaut gebliebenen Fläche von etwa 2 ha hat sich der vollständige Grundriss einer römischen Villa, außerdem ein Steinbruch und eine antike Straße erhalten. Das Forschungsprojekt verfolgt das grundlegende Ziel, die Bau- und Nutzungsgeschichte der Villa Metro Anagnina vollständig zu rekonstruieren. Damit wird dem Suburbium von Rom ein neuer archäologischer Referenzpunkt hinzugefügt. Übergreifende Fragestellungen betreffen die Entwicklungsgeschichte der römischen Villa Rustica und die agrar-ökonomische Transformation des Suburbiums von Rom am Übergang von der Republik zur Kaiserzeit.

In der ersten Projektphase sind von 2010 bis 2013 vier reguläre Ausgrabungskampagnen durchgeführt worden. In diesem Zeitraum war das Projekt am Institut für Klassische Archäologie der Universität Leipzig angesiedelt. Die Feldforschungen wurden 2010 von der Fritz-Thyssen-Stiftung und von 2011-2013 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. In diesem Zeitraum wurden der Grundriss der Anlage dokumentiert und die Bauphasen chronologisch eingeordnet. Die Villa Metro Anagnina wurde im 3. Jh. v. Chr. errichtet und bestand ursprünglich aus einem Gebäudekomplex mit einem Hofhaus im Osten und einem kleineren Nebengebäude im Westen. Die Villa wurde als landwirtschaftlicher Betrieb für die Verarbeitung von Wein und Öl genutzt. Im 1. Jh. v. Chr. ist die Anlage erweitert worden: u.a. wurde im Südwesten ein großes Gartenperistyl hinzugefügt. In frühen 1. Jh. n. Chr. ist die Villa dann vollständig zerstört worden. Die Ausgrabungen konnten den Schutt dieser Zerstörungsphase umfassend dokumentieren. Anschließend wurde die Villa in einem neuen Grundriss wieder aufgebaut, der nicht im Detail rekonstruiert werden kann.

Im Fokus der zweiten Projektphase, die von März 2016 bis September 2017 von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und seitdem von Tübingen aus organisiert wird, stehen zunächst die kaiserzeitlichen Bauphasen der Villa Metro Anagnina. Hierfür werden die Ausgrabungen in den nördlichen Bereich des Villenareals verlagert. Außerdem wird das westlich gelegene Nebengebäude der ersten Bauphase vollständig dokumentiert.

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
An dem Forschungsprojekt Villa Metro Anagnina sind die folgenden Projektpartner beteiligt:
Soprintendenza Archeologia Belle Arti e Paesaggio per il Comune di Roma
Deutsches Archäologisches Institut: Abteilung Rom
Institut für Baugeschichte, TU Braunschweig
Dipartimento di Biologia Ambientale, Università La Sapienza, Roma
Sotteranei di Roma: Centro Ricerche Speleo Archeologiche
Verantwortlicher: PD Dr. Martin Tombrägel

Torreparedones - Untersuchung einer iberisch-römischen Kulturkontaktzone

Projektleitung: Dr. Philipp Baas (Tübingen) und Juniorprofessor Dr. David Ojeda (Cordoba)

Als gemeinsames Projekt der Universitäten Tübingen und Cordoba findet eine Grabung in der iberisch-römischen Stadt Torreparedones statt. Heute archäologischer Park, war der Ort in der Antike Schauplatz einer massiven römischen Intervention. Die iberische Siedlung wurde im 1. Jh. v. Chr. erobert und die Stadt nach römischen Muster restrukturiert, sodass die indigene-iberische Bebauung den weiträumigen Umbaumaßnahmen zum Opfer fiel.

Heute sind das zentrale Forumsareal nach Muster einer römischen Planstadt, das regelmäßige Straßensystem und die Befestigung bekannt. Überall werden unter den römischen Umbauten ältere iberische Strukturen sichtbar, die nach der Eroberung durch römische Eingriffe vernichtet wurden. So ist der gesamte Ort ein einzigartiges Beispiel für eine Kulturkontaktzone, in der die indigene Bevölkerung offenbar von den Eroberern ein römisches Stadtsystem übernommen hat.

Einzig in einem kleinen Bereich nördlich des Forums wird das römische Straßenraster durchbrochen und die älteren iberischen Strukturen werden respektiert. An dieser hochspannenden Stelle soll das Grabungsprojekt der Universität Tübingen in Kooperation mit der Universität Cordoba (Juniorprofessor Dr. David Ojeda) ansetzen und die dortige Bebauung freilegen. Ausschließlich in diesem Bereich scheint keine bauliche Intervention nach der Eroberung durch die Römer stattgefunden zu haben, sodass dort mit einer zentralen Einrichtung der Stadt zu rechnen ist, die sowohl in iberischer als auch römischer Zeit von großer Bedeutung gewesen sein muss und nicht durch römische Strukturen ersetzbar war.

Die bauliche Kontinuität an dieser Stelle lässt vielschichtige Forschungsfragen nach der Dynamik von kulturellen Übernahmeprozessen innerhalb einer Kontaktzone zu, die ansonsten von massiven Umbrüchen gekennzeichnet ist.

Das Forschungsprojekt fügt sich also in die aktuelle Kulturkontaktdebatte innerhalb der Altertumswissenschaften ein und wird eine einzigartige Perspektive auf Akkulturations- und Romanisationsprozesse eröffnen. Besonders der Vergleich mit anderen Arealen der Stadt wie auch anderen iberischen Städten wird zeigen, dass Kulturkontaktprozesse viele verschiedene Facetten offenbaren.

Das erste Projektjahr mit einer Feldkampagne im März 2017 wird gefördert und finanziert von der Initiative Zukunftskonzepts der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Universidad de Córdoba. Kooperationspartner sind das eScience-Center der Universität Tübingen, der Parque Arqueológico de Torreparedones und die Forschergruppe Antiguas Ciudades de Andalucía (PAI-HUM 882).

„Supported by the Institutional Strategy of the University of Tübingen (Deutsche Forschungsgemeinschaft, ZUK 63)“

Rezeptionsprozesse antiker Statuenschemata: Griechenland – Rom – Nordprovinzen

Der Großteil antiker Statuen lässt sich anhand enger formaler Übereinstimmungen in Gruppen, sog. Schemata, ordnen. Ein einmal entwickeltes Statuenschema, wie z. B. das des polykletischen Diadumenos, wurde oft über Jahrhunderte hinweg in immer neuen Versionen tradiert und in unterschiedliche materielle, räumliche und funktionale Kontexte integriert. Die Übernahme bzw. Aneignung einer Form, aber auch deren Übersetzung in andere Kontexte und Materialien, konnte dabei intentional aus verschiedenen Motiven, z. B. ästhetischer, politischer und/oder religiöser Natur, erfolgen. Oft waren es aber auch rein praktische Gründe, wie das Vorhandensein einer bestimmten Formvorlage oder nicht hinterfragte Produktionstraditionen, die zur Herstellung einer Statue in einem bestimmten Schema geführt haben. Dabei konnten die verschiedenen Produkte die einstigen Sinnzusammenhänge ihrer Vorlagen überwiegend oder auch nur teilweise beibehalten, aber auch mit neuen Bedeutungszuschreibungen versehen werden.

Ziel der geplanten Untersuchung ist es, die Dynamik und transformativen Kräfte der Rezeptionsprozesse am Beispiel ausgewählter Statuen aus Athen und Rom systematisch in den Blick zu nehmen und bis in die Nordprovinzen des Römischen Reiches zu verfolgen. Damit ist die Absicht verbunden, unter Einbeziehung der jeweiligen zeitlichen, räumlichen und sozio-kulturellen Kontexte, die gleichberechtigt nebeneinander behandelt werden, die antiken Strategien und Mechanismen im Umgang mit statuarischen Vorlagen auszuloten.

Kooperationspartner:
Jochen Griesbach (Universität Würzburg)

Finanzierung:
Das Projekt wird gefördert durch das Juniorprofessorenprogramm des Landes Baden-Württemberg

Mitarbeitende:
Martin Dorka Moreno (Postdoc)
Beatrice Böse (Hilfskraft)
Linda Stoessel (Hilfskraft)

Kontakt:
Prof. Dr. Johannes Lipps

Die spätantike Zerstörung der Basilica Aemilia am Forum Romanum

Ziel des vorliegenden Forschungsprojektes ist, den Zeitpunkt und die Gründe der spätantiken Zerstörung der Basilica Aemilia am Forum Romanum in Rom zu untersuchen. Im Zentrum des Projekts steht das aus einem einheitlichen, spätantiken Brandhorizont stammende Fundmaterial des Baus, bei dem es sich mit seinen ca. 2600, bislang ungelesenen Münzen um einen Schlüsselbefund der spätantiken Archäologie Roms handelt. Bisher gilt die Basilica Aemilia durch die Verbindung ihrer Zerstörung mit der Plünderung Roms durch den Goten Alarich im Jahr 410 n. Chr. als eines der wenigen Beispiele, die barbarische Zerstörungen konkret archäologisch nachvollziehbar machen. Diese Interpretation ist durch die Reinigung und Bestimmung der übrigen Münzen zu überprüfen und gegebenenfalls zu modifizieren.
Neben den konkreten Ergebnissen zur Ereignis- und Wirtschaftsgeschichte wird dadurch ein Panorama für die spätantike Forumschronologie und die Datierung der anschließenden Baumaßnahmen an der Basilica Aemilia und angrenzenden Bauten neu eröffnet. Die Einbeziehung der übrigen Funde soll ferner Hinweise auf die Nutzung des Baus geben, die allgemein bei antiker, profaner Basilicaarchitektur aufgrund fehlender Funde bisher fast ausschließlich anhand literarischer Quellen diskutiert wird.

Das Projekt wird in Kooperation mit Dr. P. Fortini – Dr. R. Egidi (Soprintendenza autonoma di Roma); Dr. U. Broccoli, Dr. C. Parisi-Presicce, F. Catalli (Comune di Roma); Prof. Dr. R. Förtsch (Forschungsarchiv Antike Plastik der Universität zu Köln und des Deutschen Archäologischen Instituts); Prof. Dr. K. S. Freyberger (Deutsches Archäologisches Institut der Abteilung Rom) durchgeführt.

Downloads und Links:
Zusammenfassung des Projekts
Link zum Projekt auf der Seite des DAI

Ansprechpartner für die Projektleitung:

Prof. Dr. Johannes Lipps

Die Römischen Steindenkmäler in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim – Wissenschaftliche Dokumentation und Edition

Ziel des Projektes ist die detaillierte Dokumentation, wissenschaftliche Aufarbeitung und Publikation (sowohl in Buchform wie auch digital) der römischen Steindenkmäler in den Reiss-Engelhorn Museen (REM) Mannheim. Dabei handelt es sich um eine der bedeutendsten Sammlungen römischer Grabsteine, Weihreliefs, Meilensteine, Architekturglieder und weiterer Inschriften in Deutschland, die bis heute nur ausschnitthaft publiziert wurde. Sie besteht aus ca. 120 Objekten, die knapp zur Hälfte aus dem Rhein-Neckar-Raum stammen und Auskunft über die Kulturgeschichte der Region - in römischer Zeit ein Teil der civitas Ulpia Sueborum Nicrensium - geben. Die andere Hälfte der Stücke gründet sich auf die Sammelleidenschaft des Kurfürsten Carl Theodor und wurde im 18. Jh. von ihm, später durch den Mannheimer Altertumsvereine aus verschiedenen Teilen Deutschlands zusammengekauft. Die Stücke sind somit nicht nur wichtig für die antike Sozial-. Religions- und Mentalitätsgeschichte der Gegend um Mannheim, sondern auch als Zeugnis zunächst höfischer, später bürgerlicher Sammelleidenschaft und von außerordentlicher rezeptionsgeschichtlicher Bedeutung.

Die Arbeiten werden in Kooperation mit dem Institut für Alte Geschichte, Universität Heidelberg (Christian Witschel), den Reiss-Engelhorn-Museen (Michael Tellenbach) und dem Mannheimer Altertumsverein (Hermann Wiegand) durchgeführt.

In Zusammenarbeit mit:
Christian Witschel (Universität Heidelberg)
Michael Tellenbach (Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim)
Hermann Wiegand (Mannheimer Altertumsverein)

Literatur:

  • K. Baumann, Römische Denksteine und Inschriften der Vereinigten Altertums-Sammlungen in Mannheim. Wissenschaftliche Beigabe zum Programm des Gymnasiums zu Mannheim für das Schuljahr 1888/89 (1890).
  • E. Gropengiesser, Römische Steindenkmäler, Bildhefte des Städt. Reiss-Museums Mannheim. Archäologische Sammlungen Nr. 1 (Mannheim 1975).
  • F. Haug, Die römischen Denksteine des Großherzoglichen Antiquariums in Mannheim. Wissenschaftliche Beigabe zu den Programmen des Gymnasiums Mannheim für die Schuljahre 1875/77 (Mannheim 1877)

Kontakt:
Prof. Dr. Johannes Lipps

Frühgeschichte der Mittelmeerkulturen (12.-6. Jh. v. Chr.)

Siedlungsgrabung Castellina del Marangone

Die Oberflächenuntersuchungen und Ausgrabungen (1995-2002) auf dem zuvor nur punktuell erforschten Hügel ergaben eine kontinuierliche Besiedlung von der Mittleren Bronzezeit bis in die frühe römische Kaiserzeit sowie ein Nachleben in frühchristlicher Zeit und im Mittelalter (Kirche, Friedhof, Konvent). Der von weitläufigen Nekropolen umgebene Siedlungshügel hatte seine kulturelle Blüte in etruskischer Zeit (bes.7./6. und im 4./3. Jh. v. Chr.). Dabei besaß die Hügelkuppe offensichtlich sakrale und administrative Funktion, während die durch einen Mauerring befestigte Wohnsiedlung sich längs der Hänge erstreckte. Die etruskische Siedlung profitierte wirtschaftlich von den reichen Erzlagern der benachbarten Tolfaberge und ihrer günstigen Lage in Meeresnähe auf halber Strecke zwischen den Metropolen Caere und Tarquinia.

Verantwortliche:
Prof. Dr. Friedhelm Prayon (Uni Tübingen)
Dr. Jean Gran-Aymerich (CNRS Paris)

Finanzierung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bonn
Centre National des Recherches Scientifiques, Paris

Publikationen:

  • F. Prayon – J. Gran-Aymerich, Castellina del Marangone (Comune di S. Marinella, Prov. Roma), Vorbericht über die deutsch-französischen Ausgrabungen in der etruskischen Küstensiedlung (1995-1998), unter Mitarbeit von Almudena Domínguez, Christoph Kohler, Michael Lesky, Philippe Martinez, Martin Miller, Laura Simons und Dorothea Steiner), in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung 106, 1999, 343-364.
  • J. Gran-Aymerich – A.Domínguez-Arranz (Hrsg.), La Castellina a sud di Civitavecchia. Origini ed eredità (Origines protohistoriques et évolution d’un habitat étrusque), Roma 2011.
  • F. Prayon, Castellina del Marangone presso Civitavecchia – un sito etrusco tra il mare ed i Monti della Tolfa, Civitavecchia, in Druck.

Medinaceli-Reliefs

Gegenstand des Projekts ist ein Zyklus von 11 Platten aus lunensichem Marmor, die um 1570 aus dem Regno di Napoli nach Sevillia verbracht wurden und heute auf Sammlungen in Spanien und Ungarn verteilt sind. Die Reliefs stammen von einem unbekannten Bau claudischer Zeit, zeigen aber wesentliche Begebenheiten des augusteischen Prinzipats: die Schlacht von Aktium, verschiedene Fragmente von Opferzügen, Triumphquadriga und Tensa des Augustus. Der Zyklus wurde erstmals in den Ausstellungen in Rom und Paris zum 2000. Todestag des Augustus zusammengeführt, vgl.

  • Th. Schäfer, Ciclo di rilievi Medinaceli, in: Augusto (Mostra Roma 18.10.2013 – 9.2. 2014) 321-323.
  • Th. Schäfer, Bas-reliefs Medinaceli-Budapest dits “reliefs d’Actium” in: Auguste (Exposition Paris, Grand Palais, 19.3. – 13.7.2014) 292 – 295.

Städtisches Lapidarium Stuttgart

Der Renaissancegarten der ehemaligen Villa Ostertag-Siegle, beherbergt im Städtischen Lapidarium Stuttgart die römische Antikensammlung von Carl von Ostertag-Siegle (1860 - 1924). Die Objekte umfassen ein breites Spektrum von griechischen Weihreliefs über Porträtplastik bis hin zu Sarkophagfragmenten und Architekturproben. Ziel ist es, in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Studierenden der Universitäten Tübingen und Stuttgart die gesamte Sammlung fachgerecht zu publizieren. Vgl. bislang: M. Schmid - J. Ronke, Städtisches Lapidarium, Museumsführer (Stuttgart 2006).

Monumenti rupestri nella Tuscia (prov. Viterbo, Italien)

Im Gebiet zwischen den Monti Cimini und dem Tibertal befinden sich in großer Anzahl isoliert liegende Felsbrocken aus vulkanischem Peperingestein, die sich durch antike Bearbeitungsspuren auszeichnen. Abtreppungen, profilierte Basen, begehbare Plattformen, cippusförmige Steinsymbole, Grabkammern, Loculi und lateinische Inschriften verweisen auf unterschiedliche Funktionen im Kontext von Grabmälern und Altären.

Aufgabe des Projektes ist die systematische Befundaufnahme der Denkmäler selbst sowie des Umfeldes mit dem Ziel, die Zeitstellung und ursprüngliche Funktion der einzelnen Monumente in dieser ungewöhnlichen „Sakrallandschaft“ näher zu bestimmen und dabei auch – mit Hilfe der Inschriften – Auftraggeber und Adressaten zu erschließen. Ferner wird untersucht, in welcher Form in den mehrheitlich aus der Zeit der späten Republik und der Frühkaiserzeit stammenden Monumenten lokal-etruskische Traditionen wirksam sind. Nach einer Erstpublikation (2011) erfolgt aufgrund neu entdeckter Monumente eine zweite erweiterte Auflage.

Leitung:

Friedhelm Prayon (Universität Tübingen)
Stephan Steingräber (Università Roma Tre)

Mitarbeiter:

Serafino Beretta (Barbarano Romano)
Valentino D’Arcangeli (Soriano nel Cimino)
Francesca Ceci (Roma)
† Lidio Gasperini (Canale Monterano)

Literatur:

  • F. Prayon – S. Steingräber, Grab und Altar. Römische Felsdenkmäler in etruskischer Tradition, in: Zeitreisen. Syrien – Palmyra – Rom (Festschrift A. Schmidt-Colinet), Wien 2010, 219-234.
  • S. Steingräber – F. Prayon, Monumenti rupestri etrusco-romani tra i Monti Cimini e la Valle del Tevere, Associazione Canino Info Onlus, Grotte di Castro (VT) 2011.
  • F. Prayon, In ricordo di Lidio Gasperini. Altari e tombe-altari rupestri romani tra i Monti Cimini e il fiume Vezza. Tipi – funzione – cronologia, in: L’Etruria meridionale rupestre, Atti del convegno internazionale „L’Etruria rupestre dalla protostoria al Medioevo...“, Barbarano Romano – Blera 2010, Roma 2014, 359-377.

`Litterae Aureae´; Forschungsprojekt zur Entzifferung antiker Weihinschriften im römischen Osten

Bedeutende Bauten der römischen Kaiserzeit tragen bisweilen Weihinschriften aus vergoldeten Bronzebuchstaben, den so genannten litterae aureae. Diese, im Regelfall an der Hauptfront des Gebäudes angebracht, machen es im Idealfall möglich, das genaue Jahr der Fertigstellung bzw. zumindest der Einweihung des Heiligtums, Bogenmonuments oder Hallenbaues zu ermitteln. Sie bieten damit einen noch viel solideren Datierungshinweis als der jeweilige Bauschmuck - vorausgesetzt natürlich, sie sind erhalten. Solche Buchstaben, deren Materialwert nicht gering war, haben nur in den seltensten Fällen die Stürme der nachantiken Zeit überdauert. Zurück blieben an den Architraven lediglich die Stiftlöcher der herausgerissenen Buchstaben, manchmal aber auch ihre Umrisse, wenn schwere, gegossene (im Unterschied zu aus Bronzeblech gesägten) Buchstaben wegen ihres beachtlichen Gewichtes bisweilen zusätzlich in den Stein eingetieft wurden.

Doch auch wenn nur die Befestigungslöcher vorhanden sind, kann eine Kombination aus genauer Beobachtung der Stiftloch-Kombinationen und Wissen um die möglichen Titulaturen zu spektakulären Entzifferungserfolgen führen – wie etwa bei dem Obelisken auf dem Petersplatz in Rom (mit Inschrift aus dem Jahre 30 v. Chr.), der augusteischen Maison Carrée in Nîmes, dem ebenfalls augusteischen Theater in Merida, dem Augustus und Roma-Tempel in Vienne, dem tiberischen Triumphbogen in Orange, dem vespasianischen Colosseum oder dem in trajanischer Zeit eingeweihten Aquädukt in Segovia, die allesamt lateinische Weihinschriften des 1. und frühen 2. Jhs. n. Chr. trugen. Technisch vergleichbare griechische Weihinschriften, von denen sich nur noch die Befestigungslöcher der Metallbuchstaben erhalten haben, konnten in Athen (Ehrung des Nero an den Architravblöcken der Ostfront des Parthenon) und in Argos (Altar(?) zu Ehren des Domitian) entziffert werden. Zuletzt glückte die Entzifferung der Weihinschrift des Zeustempels von Aizanoi, mithilfe derer eine Neudatierung des gesamten Heiligtums in flavische Zeit gesichert werden konnte.

 

Für einige ähnliche Fälle aus dem römischen Osten sind dagegen zwar Lesungen oder partielle Lesungen vorgeschlagen, aber nicht allgemein akzeptiert worden: Dies betrifft vor allem die Widmung (des Caracalla?) an dem auf der Theaterterrasse von Pergamon gelegenen und in seiner Substanz hellenistischen Dionysos-Tempel, aber auch die Inschrift auf den nur in Bruchstücken erhaltenen Architraven des so genannten Korinthischen Tempels im Heraion von Samos (heute Prostylos I; mutmaßlich augusteisch). Einen weiteren bisher ungelösten Fall stellt eine ephesische Weihinschrift dar, bei der verdübelte Buchstaben über eine lediglich eingehauene und farblich hervorgehobene Inschrift gesetzt wurden, doch fehlen hier abermals beträchtliche Teile des gesamten Textes. Ebenso ungesichert ist die Fortsetzung der Inschrift auf dem hadrianischen Stadttor von Attaleia/Antalya, dessen Widmung an Hadrian unzweifelhaft ist: die vergoldeten Bronzebuchstaben auf dem ersten Architravblock waren bis in das spätere 19. Jh. noch an ihrem Platz.

Dank der Erfolge bei der Entzifferung der Weihinschrift des Zeustempels von Aizanoi, wurden in den letzten Jahren die oben erwähnten Objekte noch einmal genauer untersucht und in allen Fällen Indizien gefunden, die eine Entzifferung möglich erscheinen lassen. Die Auswertung dieser Arbeiten ist im Augenblick im Gange und soll in Abschnitten (s. Publikationsliste) demnächst vorgelegt werden.

Mitarbeiter:

K. Opitz (Universität Tübingen)

Fundmünzen Karthago Bir Messaouda (Tunesien)

In den Jahren 2000–2004 wurde durch ein Team der Universität Cambridge im Zentrum des modernen Karthago ein Basilika-Komplex des 6 Jhs. mit Baptisterium und Krypta zwischen dem antiken Decumanus Maximus und den Cardines IX und X untersucht.

Aufgrund des Schwerpunktes der Ausgrabung in Strukturen, welche in die byzantinische Spätphase Karthagos datieren, streut die Mehrzahl der über 360 Fundmünzen vom 4. bis zum 6. Jh. n. Chr. Durch den Vergleich mit Fundmünzen unmittelbar benachbarter Grabungsplätze (Universitäten Hamburg und Gent sowie Institut National du Patrimoine) bieten die Münzen der britischen Grabung beste Ausgangsmöglichkeiten, um den Münzumlauf und Geldverkehr der spätantiken und byzantinischen Epoche Karthagos zu untersuchen.

Kooperation:
Department of Classics and Ancient History, University of Sidney

Kontakt:
Dr. Stefan Krmnicek

Technologietransfer in der Antike - Untersuchungen antiker hydraulischer Mörtel