Uni-Tübingen

Erste Förderphase

Sprecher:

Prof. Dr. Martin Bartelheim

Stellvertreter:

Prof. Dr. Roland Hardenberg

Umfassende Informationen zum SFB 1070 finden Sie hier.

Die Frage, was Gesellschaften von der Frühgeschichte bis heute benötigen, um zu entstehen, sich zu erhalten und zu verändern, steht im Mittelpunkt eines neuen kulturwissenschaftlichen Forschungsverbundes an der Universität Tübingen. Es soll erforscht werden, wie unterschiedliche Gesellschaften Ressourcen definieren, bewerten, sich aneignen und nutzen. Mehr als 60 Wissenschaftler aus rund 12 wissenschaftlichen Disziplinen werden sich in 20 Teilprojekten in den kommenden vier Jahren diesen Fragen in bisher nie möglicher historischer Tiefe und geographischer Breite widmen. Ziel ist es, Modelle zu entwickeln, die den Zusammenhang von kulturellen Vorstellungen und Werten, materiellen wie immateriellen Mitteln (Ressourcen) und sozialen Entwicklungen über lange Zeiträume und große Distanzen sichtbar machen. Gefördert wird der neue SFB von der Deutschen Forschungsgemeinschaft über zunächst vier Jahre.

Archäologen, Ethnologen, Geographen, Historiker, Altphilologen und Wirtschaftshistoriker wollen klären, wie etwas zu einer Ressource für gesellschaftliche Entwicklungen wird und welche sozialen Dynamiken der Bedarf und die Nutzung dieser Ressourcen auslöst. Sie gehen von der Beobachtung aus, dass Gesellschaften in unterschiedlichen Zeiten und Orten ganz eigene Vorstellungen davon entworfen haben, was für ihr Zusammenleben von besonderem Wert ist.

Diese wertvollen Ressourcen können materiell (z. B. Prestigegüter, Rohstoffe) oder immateriell (z. B. Wissen) sein und treten meist in Ressourcenkomplexen auf, also in Kombination mit verschiedenen anderen Mitteln, die für ihre Nutzung nötig sind. Die Wissenschaftler des SFB betonen die Bedeutung kultureller Vorstellungen für die Entstehung von Gesellschaften, die Auswahl bestimmter Ressourcen und die Vorschriften zum Umgang mit ihnen. Gleichzeitig betrachten sie die Prozesse, die durch den Umgang mit Ressourcen ausgelöst werden und von Migration, sozialer Mobilität und Wohlstand zu Kriegen, Eroberungen und Zerstörungen reichen.

Die Themen der verschiedenen Forschungsgruppen erstrecken sich über große Zeiträume und Distanzen: von der Raumerschließung durch Ressourcennutzung der Neandertaler bis zur prähistorischen Erzförderung auf der iberischen Halbinsel, der Vernichtung von Ressourcen durch die Wikinger bis zur Bedeutung materieller Ressourcen in religiösen Kontexten im modernen Indien.

Der SFB will ein Bewusstsein für die soziale und kulturelle Dimension von Ressourcen schaffen und hofft damit, die in unserer Gesellschaft verbreitete ökonomische Sichtweise auf Ressourcen maßgeblich zu erweitern. In Vortragsreihen, Ausstellungen, Schulprojekten und mittels audio-visueller Medien sollen die im Zuge der Projektarbeit gewonnenen Erkenntnisse der Öffentlichkeit vorgestellt werden.