Aesthetics of Difference: Co-Creativity in Early Modern Royal Entertainments
An einem Tag im Mai des Jahres 1578 spaziert Königin Elizabeth I von England durch die Gärten des Wanstead-Anwesens. Dort trifft sie auf eine leidende Mutter. Ihre Tochter, so erzählt diese der Königin, hat zwei Verehrer, und sie kann nicht entscheiden, welchen der beiden sie heiraten soll. Daher hofft die Mutter, dass die Königin durch ihr Urteil die unglückliche Situation auflösen kann. Weder Mutter noch Tochter oder die beiden Verehrer sind real – es handelt sich bei ihnen um fiktive Charaktere eines königlichen Entertainments, aufgeführt zur Unterhaltung des Englischen Monarchen. Es gibt keine Bühne, auf der die Schauspieler ein Stück für die Königin spielen, sondern sie müssen es mit ihr aufführen: Sie ist ein wesentlicher Teil der Erzählung.
Das Beispiel verdeutlicht, was frühneuzeitliche Entertainments zu einer heiklen Angelegenheit macht: Der Dichter muss den Part des Monarchen planen, für den das Entertainment zugleich gedacht ist, aber dieser handelt nicht unbedingt nach den Plänen des Dichters. Das Dissertationsvorhaben widmet sich genau diesen Fällen, in denen die ästhetische Autorität des Dichters in Konflikt mit der ästhetischen Autorität des Monarchen gerät und damit eine Veränderung des Stückes einhergeht. Der Monarch tritt somit in eine co-kreative Beziehung mit dem Dichter, unabhängig von dessen Zustimmung. Dieser co-kreative Akt muss dann wiederum in den gedruckten Entertainment-Text integriert werden, der nicht nur den Text der Handlung selbst enthält, sondern auch eine Beschreibung des historischen Ereignisses. Somit sind Entertainments gleichzeitig autologisch (Poetik des Dichters vor der Aufführung) und heterologisch (Verschriftlichung des Dichters nach der Aufführung) betrachtbar. Der Monarch, spezifisch Elizabeth I. oder Jakob I., ist danach die ästhetische Reflexionsfigur. Durch diese verschiedenen Unterschiede – historisch / fiktional, Dichter / Monarch, Performanz / Text – ermöglicht dieser Ansatz einen neuen Blickwinkel auf das Konzept der Co-Kreativität.