Die Pläne der Bundesregierung für die Energiewende sehen vor, dass erneuerbare Energien bis zum Jahr 2030 einen Anteil von mindestens 80 Prozent des Stromverbrauchs decken sollen. Eine wesentliche Säule ist hierbei die Offshore-Windenergie. Werden Windparks errichtet, beeinflussen sie jedoch die Windströmungen über dem Meer.
Das Projekt X-Wakes
Aufgrund der begrenzten nutzbaren Flächen werden Offshore-Windparks in Gruppen, sogenannten Clustern, errichtet. Als Folge beeinflussen sich die Windparks und die einzelnen Anlagen gegenseitig. Im Windschatten hinter den Anlagen entstehen Nachlaufströmungen (Wakes) mit geringeren Windgeschwindigkeiten und stärkeren Turbulenzen. Ziel des vom Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES) koordinierten Projekts X-Wakes ist eine Erfassung der Veränderungen der Windbedingungen für den Betrieb von Offshore-Windparkclustern bei großflächigem Ausbau. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz,
Damit die Auswirkungen eines großflächigen Ausbaus von Offshore-Windparks auf die zukünftigen Windverhältnisse messbar werden, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Tübingen über der Nordsee meteorologische Daten erhoben: Wind, Turbulenz, Temperatur und Luftfeuchte, jeweils in hoher Auflösung. Ziel war die Validierung der Algorithmen, die zur Berechnung von Winddaten aus Satellitenüberflügen verwendet werden. Leiter dieses Teilvorhaben im Projekt X-Wakes ist Dr. Andreas Platis. Er ist Postdoc an der Universität Tübingen in der Arbeitsgruppe Umweltphysik von Professor Jens Bange. Mit Unterstützung des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Bremen kam für die Messungen ein unbemanntes Flugsystem zum Einsatz. Durchgeführt wurden die Datenerhebungen am Testzentrum für Maritime Technologien auf Helgoland, zu deren Betreibern das IFAM gehört.
„Um die für das Projekt erforderlichen geringen Flughöhen zu erreichen sowie aus Effizienzgründen, haben wir uns für die Nutzung eines unbemannten Luftfahrzeugs entschieden. Das Fraunhofer IFAM hat uns im Vorfeld bei der Planung unterstützt und vor Ort auf Helgoland die Koordination übernommen. Wir selbst konnten uns so mehr auf das fliegende System, die Messdatenerfassung und die Flugmission konzentrieren. Das Messsystem wurde von der Arbeitsgruppe Umweltphysik selbst entwickelt. Im Zentrum stehen eine präzise Messung der Luftströmung, sowie des Flugzustandes. Darüber hinaus nutzen wir selbst entwickelte Temperatur- und Feuchtesensoren. Alle Komponenten müssen sehr leicht sein im Vergleich zu traditionellen meteorologischen Flugmessungen und eine hohe zeitliche Auflösung haben“, erläutert Ines Weber, Doktorandin der Umweltphysik und im Projekt für die Aktivitäten der Unbemannten Flugssysteme (UAS) verantwortlich.
„Die Umsetzung solcher Flugkampagnen erfordert eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen, die mit den vielfältigen Nutzern des Luftraums in der Deutschen Bucht zusammenhängen und mit engen Betriebsabsprachen der luftfahrtechnischen Stellen vor Ort einhergehen “, berichtet Tim Strohbach, Projektleiter in der Abteilung Qualitätssicherung und Cyber-Physische Systeme am Fraunhofer IFAM. “Während der Messreihen wurde von dem unbemannten Luftfahrzeug pro Einsatz eine Strecke von über 70 Kilometern zurückgelegt. Die maximale Entfernung vom Startplatz entsprach dabei etwas mehr als 12 Kilometern. Ein Großteil des Fluges erfolgte in einer Höhe von etwa 30 Metern über See. Zusätzlich begleitete das Forschungsschiff „Joseph von Fraunhofer“ der Fraunhofer-Gesellschaft das Luftfahrzeug in der ersten Flugphase, um bei potenziellen Problemen schnell reagieren zu können. Auch der Naturschutzverein „Jordsand“ war mit an Bord, um mögliche Einflüsse auf Seevögel zu beobachten“, beschreibt Strohbach das Vorhaben.
„Insgesamt konnten wir während der gesamten Messkampagne alle Flüge unkompliziert durchführen und die relevanten Daten reibungslos erfassen. Auf dieser Basis können wir nun Modelle für künftige Ausbauszenarien von Offshore-Windparks entwickeln“, freut sich Doktorandin Weber über die Ergebnisse.
Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung