Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2022: Studium und Lehre

„Hochschulen sollen stärker als Partner für das lebensbegleitende Lernen genutzt werden“


Regional- und Fachvernetzerin Nicole Folger im Interview über die ressortübergreifende Weiterbildungsoffensive WEITER.mit.BILDUNG@BW des Landes Baden-Württemberg

Frau Folger, was verbirgt sich hinter der Weiterbildungsoffensive und wer ist daran beteiligt?

Die Weiterbildungsoffensive WEITER.mit.BILDUNG@BW beinhaltet viele verschiedene Projekte – von der beruflichen über die allgemeine bis hin zur wissenschaftlichen Weiterbildung. Das Land Baden-Württemberg stellt dafür rund 48 Millionen Euro zur Verfügung – dies zeigt deutlich, wie wichtig dem Land das Thema Weiterbildung ist. Beteiligt an dieser Weiterbildungsoffensive sind das Wirtschaftsministerium, das Kultus- und das Wissenschaftsministerium.

Dabei ist Hochschulweiterbildung@BW eines der Projekte im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung. Es ist im Januar 2022 an der Universität Tübingen gestartet. Das Projekt wird vom Wissenschaftsministerium verantwortet und von der Uni Freiburg in Kooperation mit der Hochschule Furtwangen geleitet. Drei Jahre beträgt die Projektlaufzeit. Teil des Projekts ist die Stelle „Regional- und Fachvernetzung“, die angebunden ist an das Tübinger Zentrum für Wissenschaftliche Weiterbildung.

Warum ist Weiterbildung dem Land so wichtig?

Das liegt an der hohen Bedeutung der wissenschaftlichen Weiterbildung für die Arbeitswelt 4.0. Dem Land ist es wichtig, die Innovationskraft und Beschäftigung im Land zu sichern. Zukunftsthemen wie die neue Mobilität, die zunehmende Dynamik durch die Digitalisierung, aktuelle Herausforderungen durch den Klimawandel und die Folgen der Corona-Pandemie erfordern neue Lösungsstrategien und machen passgenaue Weiterbildungen für Berufstätige auf hohem Niveau notwendig. Ziel ist es, wissenschaftliche Forschungserkenntnisse schnell in die Fläche zu tragen, damit Wirtschaft und Gesellschaft von ihnen profitieren können. Hochschulen sollen mit ihrer Expertise viel stärker als Partner für das lebensbegleitende Lernen genutzt werden.

Die Forschungserkenntnisse der Hochschulen sollen für wissenschaftliche Weiterbildung genutzt werden – wie kann man sich das beispielsweise an der Universität Tübingen vorstellen?

Das ist eine Aufgabe von mir als Regional- und Fachvernetzerin: Ich bringe in Erfahrung, zu welchen Themen und Qualifikationen die Unternehmen und Firmen Bedarfe haben und spiegele sie in die Fakultäten, in die Fachbereiche der Universität Tübingen. Wenn es innerhalb der Universität Möglichkeiten gibt, diese Bedarfe abzudecken, überlegen wir gemeinsam im Verbund zwischen Unternehmen, Fakultät und gegebenenfalls weiteren Hochschulen, wie ein Angebot der wissenschaftlichen Weiterbildung ausschauen könnte und steigen in die Programmentwicklung ein. Ziel ist es, eine Lösung dafür zu finden, wie die Bedürfnisse der Wirtschaft durch die Kompetenzen der Uni Tübingen oder weiterer Hochschulen bestmöglich abgedeckt werden können. Das kommt natürlich auch immer auf das Thema an.

Sie sind also die zentrale Schnittstelle für alle Projektbeteiligten?

Ja, ich verstehe mich als Bindeglied zwischen der Uni Tübingen, der Wirtschaft und anderen Hochschulen. Nicht nur an der Universität Tübingen gibt eine Regional- und Fachvernetzerin, sondern an 24 weiteren Hochschulen in Baden-Württemberg. Wir sind für alle staatlichen Hochschulen im Land zuständig, denn teilweise betreut eine Stelle mehrere Hochschulen.

Wir stehen im engen Austausch und haben uns zusammengeschlossen in sogenannten Regional- und Fachclustern. Im Regionalcluster gehen wir auf Multiplikatoren zu wie Verbände, Kammern etc. und bringen uns im Verbund aktiv in andere Netzwerke der wissenschaftlichen Weiterbildung ein. Ziel der regionalen Vernetzung ist es, die Hochschulen als Anbieter für lebensbegleitendes Lernen bekannter zu machen. Die Idee hinter den Fachclustern ist es u.a., gemeinsam neue Angebote zu entwickeln. Die Uni Tübingen ist in den Fachclustern ‚Gesundheit und Soziales‘ sowie ‚Digitalisierung‘ vertreten.

 

Was ist das Einzigartige und das Baden-Württemberg-Spezifische an dem Projekt?

Das Besondere an diesem Projekt ist, dass es jetzt an jeder staatlichen Hochschule in Baden-Württemberg eine konkrete Ansprechperson gibt, die sich um dieses Matching von Angebot und Nachfrage kümmert. Mir ist kein anderes Bundesland bekannt, das dies so flächendeckend vorweisen kann. Darüber hinaus gibt es ein digitales Schaufenster, die Online-Plattform Hochschulweiterbildung@BW, auf der landesweit alle Angebote der wissenschaftlichen Weiterbildung auf einen Blick sichtbar sind.

Aber das Alleinstellungsmerkmal dieses Projekts besteht meiner Meinung darin, dass es über diese Website hinausgeht und Unternehmen Ansprechpartner vor Ort haben, mit denen sie im Dialog ihre Bedarfe besprechen können. So entstehen Weiterbildungsinhalte, die noch stärker am Kunden ausgerichtet sind. Das Projekt basiert auf einem starken Vernetzungsgedanken – durch den Austausch in den Regional- und Fachclustern können so hochschulübergreifend maßgeschneiderte Angebote für die Wirtschaft und Gesellschaft entwickelt werden.

Wer sollte in die Online-Plattform Hochschulweiterbildung@BW reinschauen?

Die landesweite Plattform richtet sich an alle, die eine Weiterbildung machen möchten oder die Personalverantwortung haben und Mitarbeiter in eine Weiterqualifizierung schicken möchten. Es ist ein digitales Schaufenster, das über Weiterbildungsangebote informiert. Der große Vorteil aber ist, dass sich Interessierte nicht mehr durch die Websites aller Unis durchklicken müssen. Die Plattform vereinfacht die Recherche immens, bündelt die Angebote und stellt eine Transparenz und Übersichtlichkeit her, um die Weiterbildungsangebote direkt miteinander vergleichen zu können.

Welchen Nutzen bietet wissenschaftliche Weiterbildung?

Sie leistet einen großen Beitrag zum Transfer von Wissen in die Gesellschaft. Das ist wichtig, um die beschriebenen tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, gut zu bewältigen. Daher sehe ich die wissenschaftliche Weiterbildung auch als Instrument, das in den Hochschulen vorhandene Wissen, in die Gesellschaft zu tragen.

Im Sinne des lebensbegleitenden Lernens sollte zu einer akademischen Lernbiographie der Besuch von wissenschaftlich fundierter universitärer Weiterbildung gehören. Damit das möglich wird, muss die Angebotspalette im Land ausgeweitet werden.

Für Mitarbeitende kann wissenschaftliche Weiterbildung aber auch ein wichtiger Schlüssel sein, um innerhalb der Organisation Karriere zu machen. Zudem ermöglicht Weiterbildung den Wiedereinstieg in das Berufsleben z.B. nach der Elternzeit. Um stets am Ball zu bleiben, ist es elementar, sich immer weiter zu qualifizieren. Hier sollte man auch die Alumni der Hochschulen in den Blick nehmen und ihnen lebensbegleitend Weiterbildungen anbieten, damit sie sich immer auf dem aktuellsten Stand halten können.

Lässt sich eine Weiterbildung gut integrieren in den regulären Arbeitsalltag?

Ja, das ist gut machbar. Wir berücksichtigen natürlich in unseren Konzepten, dass die Weiterbildung gut vereinbar sein sollte mit Beruf und Familie, deswegen findet sie in der Regel berufsbegleitend statt. Und wir gestalten sie im Blended-Learning-Format, einem Mix aus Präsenz-Veranstaltungen, Live-Online-Seminare und Inhalten aus dem Selbststudium. 

Wer kann sich an Sie wenden?

Kurz gesagt: All diejenigen, die weiterbilden oder die sich weiterbilden möchten. Sie können gerne mit mir bzw. mit dem Tübinger Zentrum für Wissenschaftliche Weiterbildung Kontakt aufnehmen.

Sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Idee für ein Weiterbildungsangebot oder sogar schon ein Konzept in der Schublade haben, sind sie eingeladen, mich zu kontaktieren. Genauso wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die einen Weiterbildungsbedarf feststellen.

Das Interview führte Judith Kochannek

Weitere Informationen

Kontakt:
Regional- und Fachvernetzungsstelle im Projekt Hochschulweiterbildung@BW an der Universität Tübingen
Nicole Folger M.A.
Wilhelmstraße 11
72074 Tübingen
07071 / 29-72685
Mobil: 01522 – 3864792
nicole.folgerspam prevention@uni-tuebingen.de 

Die Angebote des Tübinger Zentrums für Wissenschaftliche Weiterbildung stehen online zur Verfügung unter https://uni-tuebingen.de/de/109942