Was ist Kunst? Was darf sie – und was nicht? Ist sie autonom oder heteronom, zweckfrei (vielleicht auch zwecklos?) oder erfüllt sie als soziale Praxis Aufgaben und Zwecke in der Lebenswelt? Seit 2019 widmet sich der Tübinger Sonderforschungsbereich Andere Ästhetik der Frage, welche Rolle ästhetische Praktiken in unterschiedlichen sozialen Feldern – von der Religion über die Politik bis zu Wissenschaft und Alltagskultur – spielen. Die Frage nach Kunst und Gesellschaft kommt dabei unter einer ‚anderen‘ Perspektive in den Blick: Denn der Sonderforschungsbereich untersucht ästhetische Akte, Artefakte und Akteure der Vormoderne – von der Antike über das Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit. Indem er ästhetische Praktiken stets als eingebunden in soziale Praxis betrachtet, hinterfragt er die von der westeuropäischen Moderne geprägten Erzählungen über Kunst, Kunstfreiheit und ästhetische Autonomie. Kunst und Leben, Kunst und Gesellschaft bilden – so die These – seit der Antike einen engen, wechselseitigen Zusammenhang. Ziel der Veranstaltung ist es, diese ,andere‘ Ästhetik der Vormoderne einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Die Auseinandersetzung mit ästhetischen Phänomenen der Vormoderne soll dabei zugleich einen neuen Blick für ästhetische Praktiken und Diskurse der Gegenwart eröffnen.
Termin: WS 2024/25, Montag 18–20 Uhr
Veranstaltungsort: Kupferbau, HS 25
Organisation: Prof. Dr. Jörg Robert
Downloads: Programm
Aesthetic turn – Perspektiven einer ,anderen‘ Ästhetik der Vormoderne
Die Corona-Krise ist auch eine Krise der Kunst und ihrer Institutionen. Die Schließungen von Theatern, Museen, Kinos und Kultureinrichtungen haben auf die ‚systemrelevante‘ Rolle der Kunst für ein gutes Leben aufmerksam gemacht. Kunst ist anthropologische Konstante und Medium des Sozialen – in der Geschichte wie heute. Auch in der Forschung haben Fragen der Kunst seit längerem wieder Konjunktur. Schon vor Corona war selbst in eigentlich kunstfernen Disziplinen wie Biologie oder Politik die Rede von einem aesthetic turn. Daneben haben die kontroversen Debatten um Cancel Culture und Autonomie der Kunst gezeigt, welches Konflikt- und Irritationspotential ästhetische Phänomene immer noch oder wieder bergen.
Anlass genug für den neu eingerichteten Sonderforschungsbereich 1391 Andere Ästhetik, Fragen der Kunst und der Ästhetik neu auf die Tagesordnung zu setzen. Der interdisziplinäre Verbund beschäftigt sich mit ästhetischen Phänomenen – Objekten, Texten, Artefakten usw. – von der griechischen Antike bis an die Schwelle zur Moderne. Denn ‚Ästhetik‘ beginnt nicht erst mit Gottlieb A. Baumgartens Aesthetica (1750–1758) bzw. mit der idealistischen Kunstphilosophie (Kant, Schiller, Hegel). Schon seit über 2000 Jahren regen ästhetische Phänomene zu Fragen an, die noch heute aktuell sind: Was ist und wo beginnt Kunst? Wozu ist sie gut und was darf sie – oder was nicht? Welche Kontinuitäten zeichnen sich in der historischen und kulturellen Vielfalt des Ästhetischen ab?
Ziel der Ringvorlesung ist es, diese vormoderne Ästhetik einem breiteren Publikum bekannt zu machen, um auf diese Weise einen neuen Blick für Debatten der Gegenwart zu eröffnen, die – oft unbewusst – auf die Vielfalt der vormodernen Kunst und Ästhetik zurückzugreifen.
Termin: SoSe 2021, Do 18–20 Uhr
Veranstaltungsort: digital auf Moodle
Organisation: Prof. Dr. Jörg Robert