am 21. Juli hat der Senat der Universität über den Namen unserer Hochschule abgestimmt. Die demokratisch legitimierte Vertretung aller Statusgruppen hat dabei einer Umbenennung der Eberhard Karls Universität eine Absage erteilt. Die für eine Umbenennung erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde deutlich verfehlt. Die Entscheidung des Senats gründet auf einem ausführlichen Gutachten, das sich mit den Leistungen, aber auch den Schattenseiten der beiden Namensgeber Graf Eberhard und Herzog Karl Eugen von Württemberg befasst. Der Abstimmung ging zudem eine ausführliche Beratung des Themas in den Gremien sowie eine öffentliche Podiumsdiskussion unter Moderation der Landeszentrale für politische Bildung voraus. Man darf also sagen, dass das Abstimmungsergebnis wohl fundiert war und die Haltung der Universität in großer Breite repräsentiert.
Dieses Ergebnis einer demokratischen Mehrheitsentscheidung müssen wir respektieren. Damit wird die Kritik an den beiden Herrscherpersönlichkeiten, die die Universität im Namen trägt, nicht verstummen. Es bleibt aber bei der Feststellung, dass es ohne Eberhard und Karl Eugen heute keine Universität Tübingen gäbe. Sie sind, ob uns das gefällt oder nicht, untrennbar mit unserer Alma Mater verbunden. Zu meiner eigenen Überraschung wurde in den Diskussionen der vergangenen Wochen von Studierenden immer wieder betont, dass die Geschichte unserer Hochschule zu wenig präsent sei. Tatsächlich ist offenbar nur einer Minderheit an der Universität Tübingen bekannt, dass hier Geistesgrößen wie Kepler, Melanchthon, Hegel und Hölderlin gelehrt oder studiert haben.
In der Debatte um den Universitätsnamen wurde deutlich, dass wir angesichts der Herausforderungen der Gegenwart die Vergangenheit ein wenig zu sehr aus dem Blick verloren haben. Dies sollten wir und das können wir ändern, nicht allein mit der Einrichtung eines Lehrstuhls für jüdische Geschichte. 2027 wird die Universität ihr 550-jähriges Bestehen feiern. Ich denke, wir sollten die kommenden fünf Jahre bis zu diesem Jubiläum nutzen, um uns intensiv mit unserer Geschichte zu befassen. Wir werden dabei vieles finden, auf das wir auch heute noch stolz sein können, und manches, das wir verurteilen werden. Wichtig ist dabei eines: Die Vergangenheit ist kein Ballast, den man möglichst schnell loswerden sollte. Sie ist weder eine Aneinanderreihung von großartigen Leistungen, noch ein ununterbrochenes Schurkenstück. Geschichte ist immer Licht und Schatten und sie ist Teil unserer Identität.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre des Newsletters.
Ihr
Professor Dr. Bernd Engler, Rektor