Vergleichende Untersuchungen zu archäologischen Funden des Mittelalters und der Neuzeit.
Die Glasforschung ist in den letzten Jahren immer mehr in den Mittelpunkt des archäologischen Interesses gerückt. Archäologische Ausgrabungen bringen vielfältige Formen von Glasgefäßen an die Oberfläche. Mit dem folgenden Dissertationsvorhaben soll versucht werden, Hohlglasfunde aus dem westfälischen Raum einzuordnen, einen Überblick zu geben und Fragen über Verbreitung, Entwicklung und Herkunft zu beantworten.
Die Gläser werden mit archäologischen und kunsthistorischen Methoden ausgewertet. Angeregt und zwei Jahre durch ein Stipendium unterstützt wurde dieses Projekt durch das LWL-Museum für Archäologie und LWL-Archäologie für Westfalen, Mittelalter- und Neuzeitarchäologie in Münster.
Seit Beginn der Dissertation im Juli 2003 wurden Glasfunde aus über 60 Fundstellen im gesamten westfälischen Gebiet in eine Datenbank aufgenommen. Die Funde traten bei Stadtkern- und Klostergrabungen oder bei Ausgrabungen auf Burgen und Herrensitzen zu tage.
Die größten Fundkomplexe stammen aus den Städten Münster, Bocholt, Warburg und von den Herrensitzen Schloss Horst in Gelsenkirchen, dem Unteren Schloss in Siegen und dem Falkenhof in Rheine. Die bereits publizierten Funde aus Städten wie Soest, Paderborn und Höxter wurden aus der Literatur übernommen.
Im Fundmaterial befinden sich einige ältere Fragmente von Schlaufenfaden- und Kreuzrippenbechern sowie Maigelein und Scheuern, hauptsächlich jedoch spätmittelalterliche und neuzeitliche Gläser, wie Stangengläser, Krautstrünke, Römer und Berkemeyer sowie Kelchgläser „à la Façon de Venise“ und verschiedene Flaschen.
Die einzelnen Fundorte werden in regionale Gruppen zusammengefasst und durch ein statistisches Verfahren miteinander verglichen. Dadurch soll geklärt werden, ob regionale Eigenheiten in der Qualität des Glases bestehen, d.h. ob in jeder Region während eines bestimmten Zeitraumes die gleichen Gläser verwendet wurden.
Außerdem wird untersucht, ob es möglich ist, die Produkte bestimmten Glashüttenregionen zuzuweisen.
Ein weiterer Aspekt ist die Ausstattung des gläsernen Tischgeschirrs. Sie gibt Auskunft über die soziale Stellung ihrer Besitzer. Hierbei wird überprüft, ob sich im Fundgut von Städten, Klöstern und Burgen oder Herrensitzen, unterschiedliche Glasausstattungen finden.
Die verschiedenen Glasformen geben teilweise darüber Aufschluss, was aus den Gläsern getrunken wurde. So wurden Stangengläser vorwiegend für Bier und Kelchgläser und Römer für Wein verwendet.
Die Ergebnisse sollen ein typologisches und chronologisches Bild der Gläser des Spätmittelalters und der Neuzeit und ihre Verwendung in Westfalen entwerfen.
Heike Tausendfreund
Stand 2013: Das Projekt ist abgeschlossen und die Ergebnisse werden publiziert in: H. Tausendfreund, Mittelalterliches und neuzeitliches Glas aus Bodenfunden in Westfalen (Univ.-Diss. Tübingen, vorgelegt 2012) (Publikation in Vorbereitung).
Glasformen im Bild
Fotos: S. Brentführer, LWL-Museum für Archäologie, Zentrale Dienste, Münster