Dissertationsprojekt
Arbeitstitel: Glanzmomente. Verhandlungen von ‚Licht‘, ‚Glanz‘ und ‚Schein‘ in der mittelhochdeutschen Epik
Die Verwendung der Lexeme ‚Licht‘, ‚Glanz‘ und ‚Schein‘ sowie Darstellungen und Phänomene des Leuchtens, Glänzens und Scheinens nehmen im Bereich weltlicher Texte im Hochmittelalter aufgrund der Ausdifferenzierung der höfischen Kultur des weltlichen Adels in hohem Maß zu. Es werden Figuren, Dinge und Ereignisse als leuchtend und glänzend benannt und dargestellt, um Beschreibungsmöglichkeiten höfischer Prachtentfaltung literarisch zu erproben sowie gesellschaftlich zu reflektieren. Kontextuell verorten sich die Texte dabei nicht nur in der höfischen Sphäre, sondern auch in christlichen Diskussionsfeldern. Nach mittelalterlich-theologischen Perspektiven kann der ‚Glanz‘ der Sujets auf der Ebene der histoire auf Gott bzw. das göttliche Licht verweisen und damit in besonderer Weise legitimiert werden. Er kann aber auch als bloßer Anschein, verbunden mit pejorativen Wertungen wie Eitelkeit, Selbstgefälligkeit und Täuschung, abgelehnt werden. Da die literarischen Texte intendieren, Figuren und deren Geschichten ‚zur Erscheinung‘ zu bringen, ist auch die Erzählweise auf der Ebene des discours aufgrund eines hohen rhetorischen Darstellungsaufwands als ‚glänzend‘ zu beschreiben. Sie kann jedoch gerade durch den Darstellungsaufwand auch als irreführend eingeschätzt werden, indem sie die Rezipierenden u.U. dazu verleitet, ausschließlich der glänzenden Oberfläche zu verfallen, anstatt durch Reflexionen Erkenntnisse aus der Auseinandersetzung mit dem Text zu gewinnen. Als zentral erweist sich daher die in den Texten auf beiden Ebenen ausgehandelte Grundspannung zwischen einem erkenntnisfördernden Zur-Erscheinung-bringen und einem erkenntnisverweigernden Anschein. Das Dissertationsvorhaben wendet sich ebendieser Grundspannung in ausgewählten Texten der mittelhochdeutschen Epik zu und versucht deren narrative Erscheinungsformen, kontextuelle Implikationen und ästhetische Potentiale anhand differenzierter Analysen herauszuarbeiten.
Organisation von Projekten und Workshops
- 07/2024: Organisation und Durchführung des Workshops „Einführung in das Verfassen von Hausarbeiten“, Tübingen, 31. Juli 2024.