Ammerbuch-Reusten, Grüninger
Grabunger im Herbst 2020 oberhalb des Reustener Kirchbergs in der Flur Grüninger dienten der Klärung von neolithischen Funden, die seit mehreren Jahren in diesem Areal auftraten. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter Christel Bock und Achim Lehmkuhl konnten zudem immer wieder über menschliche Skelettreste berichten, die bei den landwirtschaftlichen Arbeiten auf der Fläche zu Tage traten. Die Grabungen konnten eine weitere bandkeramische Siedlung und verschiedene mittelneolithische Siedlungsgruben nachweisen. Die Skelettreste stehen offenbar nicht im Zusammenhang mit der jungsteinzeitlichen Besiedlung sondern sind jüngeren Datums.
Bei den Arbeiten wurde eine Frauenbestattung der Frühbronzezeit freigelegt. Als einzige Beigabe im Grab fand sich etwa in Hüfthöhe, links hinter der Bestattung ein kleines Spiralröllchen aus Golddraht. Die Art der Bestattung in seitlicher Hockerstellung mit dem Gesicht nach Süden steht noch in einer Tradition der ausgehenden Jungsteinzeit in Mitteleuropa. Über eine Radiokohlenstoffdatierung konnte der Zeitpunkt der Grablegung der Bestattung aber auf einen Zeitpunkt zwischen der Mitte des 19. und dem Ende des 17. Jahrhunderts v.u.Z. und damit in die frühe Bronzezeit eingegrenzt werden. Damit kann der Fund als bislang ältester, sicher datierter Edelmetallfund in Südwestdeutschland gelten. Seine Zusammensetzung mit ca. 20 % Silber und weniger als 2 % Kupfer, sowie Spuren von Platin und Zinn verweist auf eine natürliche Goldlegierung, wie sie typisch ist für Gold, das aus Flüssen gewaschen wurde. Das Spurenelementmuster ähnelt den sekundären Goldlagerstätten in Cornwall (Südwest-England), speziell aus dem Einzugsgebiet des Flusses Carnon. Dieser klare Bezug nach Nordwesteuropa ist bemerkenswert, da die älteren bekannten Gold- und Edelmetallfunde in Europa beinahe ausschließlich Lagerstätten in Südosteuropa zugewiesen werden können. Dort lässt sich eine Nutzung von Gold zur Fertigung von Schmuckgegenständen bereits ab dem 5. Jahrtausend v.u.Z nachweisen.
Der neue Goldfund aus Ammerbuch-Reusten belegt den wachsenden Einfluss von westlichen Kulturgruppen auf Mitteleuropa ab der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v.u.Z. Die Bestattung fand sich unweit einer Gruppe weiterer Bestattungen der Frühbronzezeit und steht offenbar in einem Zusammenhang mit der bekannten Höhensiedlung auf dem nahegelegenen Reustener Kirchberg.
Publikation:
An Early Bronze Age Burial with a Golden Spiral Ring from Ammerbuch-Reusten, Southwestern Germany
De Gruyter | Online erschienen: 21. Mai 2021 doi.org/10.1515/pz-2021-0010