Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters

Grab Mechthild von der Pfalz und Ludwig I. Graf von Württemberg

Mechthild von der Pfalz

Als Mitgründerin von zwei Universitäten in Deutschland ist es nicht verwunderlich, dass Mechthild von der Pfalz häufig als eine leidenschaftliche Liebhaberin der Literatur und Kunst beschrieben wurde. Sie war eine außergewöhnliche Frau von festem Charakter, die ihrer Zeit voraus war und ihre Rechte nach außen hin geltend zu machen wusste. 

 8 Monate nach ihrer Geburt kam der Heiratsvertrag mit Ludwig I. von Württemberg zustande. 15 Jahre später heiratete sie in Stuttgart und kurz danach zog sie zusammen mit ihrem Gatten nach Urach. Sie hatte insgesamt 5 Kinder, davon haben nur 4 das Erwachsenenalter erreicht. Sie hatte eine enge Beziehung mit all ihren Kindern, insbesondere mit dem späteren Herzog Württembergs, Eberhard, dem sie in schwierigen Regierungsangelegenheiten mit Rat und Tat zur Seite stand.

Im Alter von 30 Jahren verlor Mechthild ihren Mann Ludwig I. an die Pest. Nach seinem Tod zog sie in die ihr als Witwensitz angewiesene Stadt Böblingen und ein Jahr später warb Herzog Albrecht VI. von Österreich um ihre Hand. Diese zweite Ehe wird als unglücklich bezeichnet, da sie kinderlos blieb und die Partner sich nur ein paar Jahre nach der Hochzeit entfremdeten. Das Paar lebte meist getrennt bis Albrecht 1463 unter unklaren Umständen starb. Sie wurde dieses Mal nach Rottenburg am Neckar geschickt, um ihre Witwenschaft zu erfüllen.  Dort richtete sie einen Musenhof ein, wo sie oft Musiker, Künstler und Dichter einlud bis zu ihrem Tod in 1482 .

Ob ihr Charakter und ihre Leidenschaft für alle Künste sowie ihre Verbindung zu der Gründung der Universität Tübingen und der Universität Freiburg auf ihren Grab zu finden sind, lässt sich unten herausfinden...

Standort des Grabs

Wer sich mit der Geschichte der Gräfin von Württemberg und Erzherzogin von Österreich nicht auskennt, hält es wahrscheinlich für gewöhnlich, dass Mechthild neben ihrem Ehemann Ludwig I begraben wurde. Doch sie war ein Jahr nach Ludwigs Tod zum zweiten Mal mit Herzog Albrecht VI. von Österreich verheiratet. Jedoch hat sie sich auf ihrem Testament gewünscht, in Güterstein beigesetzt zu werden. Ihre testamentarischen Anweisungen erläutern zwar nicht, dass sie ihre Reste neben Ludwig I. haben wollte, sondern, dass sie eine gewisse Distanzierung von ihrem zweiten Gatten und seinem Hause haben wollte.

Dies kann man zum Beispiel an ihrem Testament erkennen, in dem sie darum bittet, dass die Schulden von Erzherzog Albrecht an ihren ältesten Sohn nicht übertragen werden.

Zudem hatte sie laut mehreren Chronisten keine glückliche Ehe mit dem Erzherzog. Dies wird damit begründet, dass die Ehe nicht nur keine Kinder hatte, sondern auch, dass die Ehepartner ein distanziertes Verhalten gezeigt hatten: Sie zog nach Rottenburg um, während er in Wien blieb und recht selten wurden sie zusammen gesehen.

Herkunft und Heraldik – Mechthild

Während das Wappen auf der unteren rechten Ecke, das Silber und Blau schräg geweckt ist, das Wappen von Wittelsbach darstellt (siehe rechts).

Beide Wappen gehören zum Kurpfalz-Gebiet, dessen Wappen eine Kombination von beiden darstellt.

Die zwei Wappen, die an Mechthilds Grab zu sehen sind, sind die Wappen von ihren Vorgängern. Das Wappen auf der oberen rechten Ecke ihres Grabs, das einen schwarzen Hintergrund und einen goldenen gekrönten Löwe darstellt, ist das Wappen der Pfalz.

Die Verbindung von Mechthild zu diesem Wappen kommt von der Seite ihres Vaters, Ludwig III. Pfalzgrafen bei Rhein und Kurfürsten von Baiern. Hier ist eine Übereinstimmung von Sein und Schein zu erkennen, da Mechthilds adelige Herkunft deutlich nach ihrem testamentarischen Wünsch auf ihrem Grab gekennzeichnet wurde. Dies war für sie besonders wichtig, da sie dadurch ein Totengedächtnis sichern wollte: Es lag in Mechthilds Interesse – egal ob bewusst oder unbewusst –, ihr Ansehen und ihren Rang auch über den Tod hinaus zu erhalten. Das lässt sich auch dadurch bestätigen, dass sowohl ihre Kleider als auch manche ihrer Gemälde ebenfalls das kurpfälzische Wappen zeigen.

Mechthilds Persönlichkeit

Im Mittelalter war der Familienstand einer Frau so wichtig wie ihr Familienname oder ihre Herkunft. Nicht nur im Leben, sondern auch nach dem Tod war er deutlich zu kennzeichnen, weswegen es eine bestimmte Symbolik gab, um verstobene verheiratete Frauen von verstorbenen verwitweten Frauen zu unterscheiden.

Dafür trugen die dargestellten Witwen von Gräbern eine Mundbedeckung, die das ganze Kinn und Mund verhüllen musste, wie man es am Grab von Sabina von Bayern erkennen kann. Jedoch ist das Grab von Mechthild diesbezüglich komplett unkonventionell, da man ihren Mund und sogar auch einen kleinen Teil ihres Kinns sehen kann, was auch natürlich zu der Zeit ungewöhnlich und ungewünscht war.

Dieses Merkmal ihres Grabes stimmt sicherlich mit ihrer Persönlichkeit überein, da sie meist als eine starke und gebildete Frau, die ihr Leben selbstbewusst und selbständig übernahm und ihre Ziele zur Verwirklichung bringen wusste, beschrieben wurde.

Zudem beschäftigte sie sich ebenfalls mit der Anfertigung ihres eigenen Grabs als sie in einem großen Teil ihres Testaments darum bat, die Wappen ihres Hauses auf ihrem Grabmal sichtbar zu machen. Es lässt sich also vermuten, dass sie auch an der graphischen Anfertigung ihres Grabs beteilig war und, dass sie wahrscheinlich Einfluss auf einige Details hatte.

Mechthilds Verbindung zur Begründung der Universitäten

Es ist wohl bekannt, dass die Begründung zweier Universitäten Deutschlands Mechthild von der Pfalz zu verdanken ist. Sie hat ihren zweiten Mann Albrecht VI. von Österreich dazu überredet, eine Universität in Freiburg zu gründen. Einige Jahre später hat sie ihren Sohn Herzog Eberhard I. von Württemberg zur gleichen Tat beeinflusst und dadurch wurde die Universität in Tübingen begründet. Jedoch kann man keinen eindeutigen Beweis dafür finden und man muss sich auf die Behauptungen von Chronisten verlassen.

Erstens kann Mechthild nicht direkt zu den oben genannten Universitäten irgendwie verknüpft werden, da ihr Name in keiner Verbindung mit den Hochschulen steht. Sowohl die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als auch die Eberhard Karls Universität Tübingen wurden wiederum  nach ihren (Haupt)Begründern benannt.

Zweitens verrät ihr Grab nichts davon, dass sie bei der Begründung eine Rolle gespielt hat. Im Gegensatz zu Mechthilds Grab, kann man auf dem Rand von Eberhards Grabmal die Palme, die zum Logo der Universität Tübingen geworden ist, erkennen.

Ludwig I. Graf von Württemberg

Der Graf von Württemberg wurde 1412 durch in der Ehe zwischen Graf Eberhard IV. von Württemberg und Henriette von Mömpelgard geboren. Sein Vater starb 7 Jahre später und seitdem wurden er und sein Bruder Ulrich V. unter Vormundschaft gestellt. Als er 14 Jahre alt wurde, durfte er Württemberg alleine regieren.

1436 heiratete er Mechthild von der Pfalz und ein Jahr später kam sein erstes Kind auf die Welt: Seine erste Tochter Mechthild. 1441 teilte er das Land mit seinem Bruder Ulrich V. und behielt den Uracher Teil zusammen mit den Gebieten im Westen und Süden des Landes. Von seiner Politik ist nicht viel bekannt: Er bestärkte die Klöster in seinem Land und unterstützte Herzog Albrecht VI. von Österreich im Kampf gegen den Eidgenossen.

Ob er aber selbst im Kampf beteilig war, ist nicht in Dokumentationen zu finden. Als er 38 Jahre alt war, starb er an der Pest.

Herkunft und Heraldik – Ludwig I.

Im Gegensatz zu Mechthild gibt es keinen Beweis dafür, dass Ludwig I. sich explizit gewünscht hat, die Wappen seines Hauses auf seinem Grab anfertigen zu lassen. Aber auch, wenn er keine Anmerkung in Bezug auf die Wappen angegeben hätte, war das in der Zeit traditionell so geregelt.

Jedenfalls kann man eine direkte Verbindung von seinem Grab mit seiner tatsächlichen Herkunft anhand der Wappen erkennen.

Das Wappen auf der oberen linken Ecke seines Grabs, das drei schwarze Hirschstangen aufeinander darstellt, ist das Wappen von Württemberg (siehe rechts).

Während das Wappen auf dem unteren linken Eck, das ein Fischweiblein auf dem Helm und zwei Fische auf dem Schild mit einem roten Hintergrund zeigt, das Wappen von Mömpelgard darstellt (siehe links).

Dies lässt sich dadurch bestätigen, dass Ludwig I. der Sohn von Graf Eberhard IV. von Württemberg und Henriette von Mömpelgard war.

Rüstung und Lebensumstände von Ludwig I.

Auf dem Grab sieht man Graf Ludwig I. mit Rüstung und Schwert dargestellt, obwohl es keinerlei Evidenz darüber gibt, dass er jemals direkt an einem Kapmf beteiligt gewesen ist. Außerdem war er kein Ritter und daher stimmt diese Visualisierung mit der Realität nicht überein.

Jedoch ist es bemerkenswert, dass fast alle Herzogsgräber des Mittelalters wichtige Führer in Rüstung zeigen. Es lässt sich vermuten, dass diese Konzeption einer Symbolik der Männlichkeit und Kraft dient.

Zudem ist es noch kurioser, dass Ludwig I. trotz seinem Tod an der bekanntesten, aggressivsten und ansteckendsten Krankheit des Mittelalters komplett Gesund und im Frieden erscheint. Hier gibt es also eine eindeutige Diskrepanz zwischen Sein und Schein des Grafs.