09.12.2025
ERC Consolidator Grants für Andreas Geiger und Tobias Hauser
Förderungen für Projekte zu KI als Assistent für wissenschaftliche Innovationen und personalisierte Behandlungsansätze bei Zwangsstörungen
Mit Andreas Geiger und Tobias Hauser haben gleich zwei Mitglieder unseres Clusters in der aktuellen Vergaberunde Consolidator Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) eingeworben. Diese Auszeichnungen sind mit einer hochdotierten Projektförderung verbunden. In dieser Runde bewilligte der ERC EU-weit 349 der 3.121 eingereichten Bewerbungen auf Consolidator Grants, die Erfolgsquote lag bei rund elf Prozent. Insgesamt gehen fünf Consolidator Grants an die Universität Tübingen. „Dass sich gleich fünf Tübinger Bewerbungen in der europaweit harten Konkurrenz um die Consolidator Grants durchgesetzt haben, ist ein beachtlicher Erfolg. Die herausragenden Forscherinnen und Forscher beweisen großen Ideenreichtum, der das Potenzial für echte Innovationen im medizinischen Bereich oder auch im maschinellen Lernen in sich trägt“, sagt die Rektorin der Universität Tübingen, Professorin Dr. Dr. h.c. (Dōshisha) Karla Pollmann.
Andreas Geiger – Künstliche Intelligenz als Assistent für wissenschaftliche Innovationen
In seinem Projekt „Computational Assistants for Scientific Discovery” (CASIDO) – Computerassistenz für wissenschaftliche Entdeckungen – möchte Andreas Geiger neue Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) entwickeln, die Forscherinnen und Forscher bei der Erarbeitung neuer Erkenntnisse unterstützen und den Fortschritt ihrer Arbeit beschleunigen. Sein Vorhaben wird vom ERC über einen Zeitraum von fünf Jahren mit insgesamt zwei Millionen Euro gefördert.
„In einzelnen Bereichen zum Beispiel der Biologie, Chemie oder Materialwissenschaften hat der Einsatz von KI deren großes Potenzial zur Entwicklung von Lösungen bereits bewiesen“, sagt Andreas Geiger. „Ich will KI als eine Art allgemeinen Forschungsassistenten nutzen.“ Der Ausstoß an wissenschaftlichen Publikationen wachse rasant. Forscherinnen und Forscher müssten täglich Tausende von neuen Veröffentlichungen sichten, um relevante Entwicklungen zu erkennen und komplexe Zusammenhänge zwischen Fächern zu verstehen, sagt er. „Diese Informationsflut überlastet den Menschen. Das führt dazu, dass interessante Verbindungen in Texten oder Muster in Datenbeständen übersehen, Chancen verpasst werden und sich die wissenschaftlichen Innovationen verlangsamen.“
Hier setzt er mit seinem CASIDO-Projekt an: Ein menschenzentrierter KI-Assistent soll Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrem Arbeitsalltag unterstützen, etwa bei der Durchsicht und dem Vergleichen von Forschungsarbeiten, bei der Identifikation von entscheidenden Forschungslücken sowie bei der Entwicklung neuer und kreativer Forschungsansätze. „Wir wollen keine KI, die Forschende ersetzt, sondern eine, die ihre Fähigkeiten erweitert“, erklärt Andreas Geiger. „Unsere Vision ist eine neue Generation intelligenter Werkzeuge, die Forschenden hilft, das vorhandene Wissen besser zu organisieren.“ Es gehe um eine Kooperation zwischen Mensch und KI, in die der Mensch seine Stärken Kreativität, Intuition und kritisches Denken in den wissenschaftlichen Entdeckungsprozess einbringe.
Andreas Geiger schließt mit dem Consolidator Grant direkt an einen Starting Grant des ERC an. In dem Projekt LEGO-3D entwickelte er in den vergangenen fünf Jahren Modelle, mit denen Maschinen, wie zum Beispiel autonome Fahrzeuge, lernen, ihre Umgebung dreidimensional zu erfassen.
Kontakt:
Prof. Dr. Andreas Geiger
Universität Tübingen – Fachbereich Informatik
Exzellenzcluster „Maschinelles Lernen: Neue Perspektiven für die Wissenschaft“
Tübingen AI Center
a.geiger[at]uni-tuebingen.de
Tobias Hauser – Zwangsstörungen mit personalisierten Behandlungsansätzen begegnen
Psychische Erkrankungen gehören heute zu den größten Herausforderungen unserer Gesellschaft und betreffen Millionen von Menschen weltweit. Dennoch haben sich viele Behandlungsansätze seit Jahren kaum verändert und berücksichtigen selten, wie unterschiedlich das Gehirn und die Symptome einzelner Betroffener sein können. Ein typisches Beispiel ist die Zwangsstörung (OCD): Sie ist weit verbreitet und kann den Alltag stark beeinträchtigen – doch bestehende Therapien sprechen nicht bei allen Menschen gleich gut an.
Tobias Hauser aus dem Bereich Computational Psychiatry der Medizinischen Fakultät und wissenschaftliches Mitglied des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG) am Standort Tübingen möchte das mit seinem neuen Projekt CoNbI-OCD (Computational Neuroscience-based Interventions for OCD) ändern. Mit dem Consolidator Grant wird er dabei mit zwei Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren gefördert. Hauser will die Behandlung von Zwangsstörungen grundlegend neu denken – mit Hilfe modernster Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft und künstlichen Intelligenz (KI). Ziel ist es, hochmoderne, personalisierte Behandlungsansätze zu entwickeln, die klassische Psychotherapie mit innovativen Technologien wie Gehirnscans, Computermodellen des Denkens und generativer KI verbinden. So soll es möglich werden, besser zu verstehen, was im Gehirn während zwanghafter Gedanken geschieht, um individuell zugeschnittene Unterstützung anzubieten.
„Wir stehen an einem Wendepunkt in der Behandlung psychischer Erkrankungen“, sagt Tobias Hauser. „Mit CoNbI-OCD wollen wir die Erkenntnisse aus der modernen Gehirnforschung und der KI nutzen, um Betroffenen endlich wirksamere und besser an ihre persönlichen Bedürfnisse angepasste Therapien anbieten zu können.“ Durch die enge Zusammenarbeit mit Menschen, die selbst Erfahrungen mit OCD gemacht haben, sowie mit Fachkräften aus der psychischen Gesundheitsversorgung sorgt CoNbI-OCD dafür, dass die neuen Methoden praxisnah, sicher und alltagstauglich sind. Das Ziel ist klar: Für die Behandlung von Zwangsstörungen sollen moderne, wirksamere und auf jede Person abgestimmte Therapien entwickelt werden.
Kontakt:
Prof. Dr. Tobias Hauser
Universitätsklinikum Tübingen
Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie
Developmental Computational Psychiatry Lab
tobias.hauser[at]uni-tuebingen.de
Nach einer Pressemitteilung der Universität Tübingen.