Uni-Tübingen

Teilprojekt C02: Die Bedrohung politisch-sozialer Ordnungen im 14./15. Jahrhundert. Dynastische Brüche

Abstract

Das Teilprojekt untersucht die Bedrohung der politisch-sozialen Ordnung im Zusammenhang mit dynastischen Brüchen im Spätmittelalter. Anhand vergleichender Studien wird jeweils auf der geographischen Makro- und Mikroebene untersucht, welche Formen von Bedrohung durch das Fehlen legitimer Erben von Herrschern entstanden, wie diese kommuniziert wurden und welche Konsequenzen sich aus den Bedrohungssituationen ergaben.

Projektteam

Projektleitung:

Prof. Dr. Ellen Widder

Mitarbeiter/innen:

Dr. Iris Holzwart-Schäfer

Dr. Christian Heinemeyer

Fachgebiete und Arbeitsrichtung

Mittelalterliche Geschichte

Projektbeschreibung

Das Teilprojekt untersucht die Bedrohung politischer Ordnungen durch befürchtete oder tatsächlich eingetretene dynastische Brüche, etwa wenn ein erbenloser Herrscher alterte, erkrankte oder der einzige Sohn eines regierenden Fürsten oder Königs noch zu dessen Lebzeiten verstarb. Derartige Ereignisse implizierten viel mehr als lediglich das „Aussterben“ und damit das Ende der Herrschaft der betroffenen Dynastie, denn politische Ordnungen des Spätmittelalters waren im Allgemeinen auf die Person des Herrschers und seine Dynastie ausgerichtet. Deshalb war das Vorhandensein eines legitimen Erben nicht nur für den Fortbestand der Dynastie, sondern auch der politischen Ordnung überhaupt sowie der daran hängenden sozialen Ordnungen (die über Klientelverbände, Patronagenetzwerke etc. funktionierten) notwendig. Die untersuchten Ordnungen umfassen nicht nur das bestehende Machtgefüge mit seiner rechtlichen und ideologischen Fundierung, sondern auch die Pflichten und Rechte, die Herrschenden und Beherrschten jeweils zukamen, die wechselseitigen Erwartungen und die daraus resultierenden sozialen Gefüge. Somit stellten sie komplexe und stetigen Veränderungen unterworfene Beziehungsgeflechte dar, die im Teilprojekt in ihrem durch die Bedrohung beschleunigten Wandel beschrieben und analysiert werden sollen.

An Fallbeispielen des 14. und 15. Jahrhunderts aus Frankreich, Süditalien und ausgewählten Territorien im Reich soll zunächst untersucht werden, in welcher Form sich im Zusammenhang mit konkret erwarteten dynastischen Brüchen eine Bedrohungskommunikation ausbildete und welche Maßnahmen zur Bewältigung der Bedrohung ergriffen wurden. Auf einer zweiten Ebene sollen die intendierten und nicht intendierten Folgen des Bewältigungshandelns untersucht werden. Drohte ein Geschlecht zu erlöschen, konnten einzelne Vertreter und Gruppen inner- wie außerhalb der Dynastie (Herrschaftskonkurrenten, einzelne Aspiranten, Nebenlinien, Töchter, Töchtersöhne aus anderen Dynastien) und inner- wie außerhalb des Hofes (Adel und Städte) eine Bedrohungskommunikation etablieren. Darin konnten eigene Herrschaftsansprüche oder politische Partizipation eingefordert bzw. – bei drohendem Bedeutungsschwund – Warnungen artikuliert werden. Damit wurden teilweise hochdynamisch verlaufende Entwicklungen in Gang gesetzt, die zu Motoren politischer Formierungsprozesse werden und zur Verdichtung oder Veränderung politischer und sozialer Ordnungen führen konnten. Diese Prozesse sollen neben den o.g. Aspekten und Phänomenen im Teilprojekt analysiert werden, ohne sie jedoch im Sinne des gängigen Musters einer teleologischen Entwicklung von einer als „vormodern“ (ab-)qualifizierten Form der Herrschaft hin zu einer (positiv konnotierten) „modernen Staatlichkeit“ zu deuten.

Projektbezogene Vorträge und Publikationen

Sammelband:

Heinemeyer, Christian

Holzwart-Schäfer, Iris

Widder, Ellen

Tagungen, Workshops, Konferenzen

Ausstellungen

SFB-Filmreihe

Projektrelevante Lehrveranstaltungen

Heinemeyer, Christian

Holzwart-Schäfer, Iris

Widder, Ellen