Kunst ist Aktion – Ästhetik ist aktuell! Ausgehend von dieser doppelten Prämisse versteht sich das Öffentlichkeitsprojekt des SFB 1391 als institutionelle Drehscheibe zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit(en), Geschichte und Gegenwart. In seiner Anlage greift das Öffentlichkeitsprojekt auf die Grundthese des SFB zurück: Ästhetische Akte und Artefakte werden nur im Zusammenspiel zwischen artistischen Eigenlogiken (autologische Dimension) und sozialen Alltagslogiken (heterologische Dimension) verstehbar. Entsprechend ‚übersetzt‘ das Öffentlichkeitsprojekt des SFB Wissen(schaft) in soziale Praxis und Interaktion, indem es den intensiven und interaktiven Dialog mit vergangenen Gegenwarten über unterschiedliche Zugänge stimuliert. Konzeptionell sind dabei drei Dimensionen bzw. Aspekte leitend:
- wissenssoziologisch: Wie ist eine spezifisch akademische Forschung (autologischer Pol) in einer medial plural und divers strukturierten Gesellschaft (heterologischer Pol) zu vermitteln?
- transdisziplinär und -kulturell: Wie treten im Dialog von Geisteswissenschaften und Natur- und Gesellschaftswissenschaften Funktionen des Ästhetischen neu in den Blick?
- epistemisch: Was kann die historische Perspektive dazu beitragen, die Ubiquität des Ästhetischen in der aktuellen Lebenswelt zu verstehen? Wo und wie lassen sich Analogien und Differenzen im Gespräch mit Kunst und Ästhetik der Gegenwart beobachten?
Das Öffentlichkeitsprojekt des SFB versteht Kunst und Kunstdiskurse als einen öffentlichen Handlungs- und ästhetischen Erfahrungsraum, wie ihn neuere performanztheoretische Konzepte der Museums-, Medien- und Theaterdidaktik prägen. Es möchte somit mehr leisten als eine kontinuierliche Vermittlung von Einzelresultaten in mediengerechter Form. Daher integriert es die gängigen Formate der Wissenschaftskommunikation, erweitert sie jedochum spezifische explorative Schwerpunkte wie Ausstellungsprojekte, das Format der ,Special Lectures‘ oder das Format ,Kunst im öffentlichen Raum‘. Verfolgt wird damit das Ziel, nicht nur über die Resultate des SFB aus den verschiedenen Disziplinen zu informieren, sondern auch die Frage nach der Kunst in unserer aktuellen Lebenswelt theoretisch wie praktisch neu zu fokussieren. So soll das Modell einer praxeologischen Ästhetik in seinen Chancen und Potentialen über den Vormoderne-Fokus des SFB hinaus auch von exzentrischen Perspektiven aus zur Diskussion gestellt werden. Dabei lässt sich insbesondere prüfen, inwiefern das praxeologische Modell des SFB die Fähigkeit besitzt, gerade rezente Entwicklungen innerhalb des ‚Kunstsystems‘ methodisch zu fassen und historisch einzuordnen, etwa die neuen Debatten um die Autonomie der Kunst, Meinungsfreiheit und Zensur, um Sexismus, Rassismus, safe spaces usw.
Insgesamt erhofft sich das Öffentlichkeitsprojekt in der Interaktion der wissenschaftlichen Ergebnisse des SFB mit der sozialen Praxis der Gegenwart kontinuierliche Rückkopplungsprozesse, die auch auf das wissenschaftliche Gesamtdesign zurückwirken. Zugleich möchte das Öffentlichkeitsprojekt auf diesem Weg die Universität Tübingen in regionaler wie internationaler Hinsicht als Forum der Ästhetik-Forschung ausweisen.