Uni-Tübingen

Sommeruniversität

Sommeruniversität an der Universität Tübingen heißt, dass Studierende und die interessierte Öffentlichkeit aus einer Serie von neun allgemein verständlichen, aber dennoch forschungsaktuellen und spannenden Vorlesungen aus ganz verschiedenen Fachgebieten auswählen können. Die Sommeruniversität wird organisiert in Zusammenarbeit mit der Universitätsstadt Tübingen und ist Teil des Tübinger Kultursommers.

Die Vorlesungen finden jeweils um 10:15 Uhr im Hörsaal des Theologicums, Liebermeisterstraße 16, statt. Eine Anmeldung ist nicht nötig.

Montag, 29. Juli

Digitale Unsterblichkeit – Weiterleben als Avatar?

PD Dr. Jessica Heesen

Viele Menschen verbringen einen Großteil ihres Lebens in und mit digitalen Medien. Ist es nicht reizvoll, auch nach dem Tod noch im Digitalen präsent zu sein? Künstliche Intelligenz macht es möglich, dass Verstorbene als Avatar oder Chatbot „weiterleben“ und sich mit den Hinterbliebenen unterhalten. Der Vortrag stellt die Angebote der digitalen Trauertechnologie vor und diskutiert sie aus ethischer Perspektive.

PD Dr. Jessica Heesen ist Leiterin des Forschungsschwerpunkts Medienethik, Technikphilosophie & KI am Ethikzentrum der Universität Tübingen. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen in den kulturellen und ethischen Implikationen der Digitalisierung und insbesondere der Nutzung von KI-Systemen. Sie forscht u.a. zu der Frage, wie Techniken des Digital Afterlife das Erinnern und Trauern verändern könnten.

Dienstag, 30. Juli

(Nicht)wählen dürfen in den Vereinigten Staaten

Jun.-Prof. Dr. Nadja Klopprogge

Die Wiederwahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA im November dieses Jahres scheint alles andere als unwahrscheinlich. Entsprechend groß ist auch das mediale Interesse an den Gerichtsprozessen, denen sich Trump aktuell stellen muss, knüpft sich an diese doch die Hoffnung, dass eine Verurteilung des Ex-Präsidenten auch dessen Wahlausschluss bedeuten könnte. Allerdings ist das Felon Disenfranchisement (Wahlrechtsentzug für verurteilte Straftäter), das vor diesem Hintergrund als Schutzschild der Demokratie daherkommt, nicht nur historisch betrachtet ein Werkzeug, bestimmte Gruppen von der Teilhabe am demokratischen Prozess auszuschließen. Im Vortrag werden diese Linien des Felon Disenfranchisement aufgezeigt und danach gefragt, wie der Wahlausschluss zum Instrument wurde, gesellschaftliche Hierarchien aufrechtzuerhalten. 

Jun.-Prof. Dr. Nadja Klopprogge ist seit 2023 Juniorprofessorin für Nordamerikanische Geschichte an der Universität Tübingen. In Lehre und Forschung interessiert sie sich für die Geschichte von Race, Intimität und Wissen im transatlantischen Kontext, sowie für die Verbindung von Kapitalismus und Geschlecht.

Mittwoch, 31. Juli

Die Restaurierung der astronomischen Decke im oberägyptischen Esna

Prof. Dr. Christian Leitz

Seit 2018 führt die Abteilung für Ägyptologie des IANES der Universität Tübingen zusammen mit dem Ministerium für Tourismus und Altertümer umfangreiche Restaurierungsarbeiten im Tempel von Esna durch, das gut 50 km südlich des heutigen Luxor in Oberägypten liegt. Einen Höhepunkt dieser Arbeiten bildet die astronomische Decke, deren Restaurierung mittlerweile abgeschlossen ist. Der Vortrag gibt einen Überblick zu den sechs Abschnitten mit den Themen Lauf der Sonne und des Mondes, altägyptischer Sternhimmel und dem von den Griechen übernommenen Tierkreis.

Prof. Dr. Christian Leitz, Direktor des Instituts für die Kulturen des Alten Orients (IANES) und Leiter der Abteilung für Ägyptologie. Studium in Marburg und Göttingen, Promotion über altägyptische Astronomie, Habilitation in Köln, seit 2004 in Tübingen. Hauptinteressen: Tempel der griechisch-römischen Zeit, altägyptische Astronomie und Medizin.

Donnerstag, 1. August 

"Gesund rund um die Geburt": Die Bedeutung der kontinuierlichen Hebammenbetreuung

Prof. Dr. rer. nat. Claudia Plappert & Neeltje Schubert, M.Sc. Midwifery

Eine vertrauensvolle und kontinuierliche Hebammenbetreuung vor, während und nach der Geburt bis hin zum Ende der Stillzeit ermöglicht Schwangeren, Gebärenden und Stillenden das Potential ihrer gesunden körperlichen Fähigkeiten zu erkennen, um ein Kind auf natürlichem Wege zu gebären, eine innige Bindung zu ihm zu entwickeln und eine kompetente Mutter zu sein. 
Die Vorlesung aus der Hebammenwissenschaft wirft einen Blick auf die aktuellen Erkenntnisse zur Physiologie des Gebärens und zur Bindungsentwicklung und stellt dar, wie und unter welchen Voraussetzungen Hebammenbetreuung diese Prozesse optimal unterstützen.

Prof. Dr. rer. nat. Claudia Plappert ist Biologin und Hebamme. Seit 2020 leitet sie als berufene Professorin der Hebammenwissenschaft den Bachelorstudiengang Hebammenwissenschaft an der Universität Tübingen. Ihr wissenschaftliches Interesse gilt, neben der Studiengangsentwicklung, der Physiologie insbesondere den neuroendokrinen Prozessen rund um die Geburt.

Neeltje Schubert, M.Sc. Midwifery ist Hebamme, wissenschaftliche Mitarbeitende und Praxisbegleitende im Bachelorstudiengang Hebammenwissenschaft an der Universität Tübingen. Ihr besonderer Fokus liegt auf der hebammengeleiteten Schwangerenvorsorge.

Freitag, 2. August 

Politische Architektur. Zur öffentlichen Relevanz unserer gebauten Umwelt

Prof. Dr. Ernst Seidl

Architektur bildet die politischste aller Künste. Sie ist die manifesteste, unmittelbarste und uns nahezu auf Schritt und Tritt umgebende. Dass sie daher von Beginn ihres Auftretens an als Zeichen oder gar als Medium der sozialen Beeinflussung genutzt wurde, liegt auf der Hand. Dies geschah manchmal mehr, manchmal weniger subtil. Der Vortrag will einen grundlegenden Überblick über die unterschiedlichsten Ausprägungen politischer Architektur von der Frühzeit bis heute liefern.

Prof. Dr. Ernst Seidl ist seit 2008 Direktor des Museums der Universität Tübingen und seit 2016 Professor am Kunsthistorischen Institut. Er studierte Kunstgeschichte, Volkskunde und Romanistik in Regensburg, Frankfurt am  Main und Hamburg. Nach der Promotion 1994 und der Habilitation 2004 folgten Aufenthalte in Rom, Paris und Heidelberg. 2015 lehnte er einen Ruf auf eine Direktorenstelle am DHM in Berlin ab sowie 2019 einen Ruf auf die Direktorenstelle des Senckenberg Naturkundemuseums in Frankfurt. 

Montag, 5. August 

Unsichtbare Helden: Mikroskopische Einblicke in Krebsimmuntherapien

Prof. Dr. Bettina Weigelin

Der Einsatz moderner mikroskopischer Bildgebungsverfahren ermöglicht es, das Immunsystem mit immer größerer Genauigkeit und Informationstiefe zu beobachten. Diese Technologien eröffnen neue Möglichkeiten, die komplexen Interaktionen zwischen Immunzellen und Krebszellen zu verstehen. Die Vorlesung vermittelt die neuesten Entwicklungen in der mikroskopischen Bildgebung und deren Anwendung in der Krebsimmuntherapie. Sie bietet einen spannenden Einblick in die Forschung, die darauf abzielt, das Immunsystem zur Bekämpfung von Krebs einzusetzen und damit neue Therapieansätze zu entwickeln, die das Leben vieler Patienten verbessern könnten.

Prof. Dr. Bettina Weigelin ist seit 2021 Professorin an der Abteilung für Präklinische Bildgebung und Radiopharmazie an der Universität Tübingen. Sie studierte Biologie in Würzburg und promovierte in Nijmegen, in den Niederlanden. Ihre Forschung zur Metastasierung von Krebs führte sie an das MD Anderson Cancer Center in Houston, Texas. Heute forscht sie an der Verbesserung von Immuntherapien gegen Krebs mit Hilfe moderner mikroskopischer Bildgehungsverfahren.

Dienstag, 6. August 

Die extreme Rechte in Deutschland und Europa

PD Dr. Rolf Frankenberger 

Rechtspopulistische und extrem rechte Parteien sind auf dem Vormarsch. In Deutschland und Europa. Sie treten bei Wahlen an und sitzen seit Jahren in Parlamenten. Dabei agitieren sie gegen die parlamentarische Demokratie, Migrant:innen und die EU.  Im Vortrag werden, ausgehend von zentralen Definitionen, erstens Entwicklungen in der extremen Rechten und deren Vernetzung dargestellt, zweitens die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament mit Fokus auf die extrem rechten Parteien analysiert und drittens deren Positionen und Inhalte vorgestellt und diskutiert, welche Auswirkungen Erfolge der extremen Rechten für die EU haben könnte.

PD Dr. Rolf Frankenberger ist wissenschaftlicher Geschäftsführer des Institut für Rechtsextremismusforschung der Universität Tübingen. Er hat Politikwissenschaft, Soziologie und PSychologie studiert und in Politikwissenschaft promoviert und habilitiert. Seine Forschungsschwerpunkte sind Demokratie und Autokratie, politische Kultur und Lebenswelten sowie Rechtsextremismus.

Mittwoch, 7. August 

Nachhaltige Geldanlage: Umsetzung, Performance und Impact

Prof. Dr. Christian Koziol

Obwohl inzwischen in der Anlageberatung eine nachhaltige Ausrichtung durch die Investorenseite eingefordert werden kann, steckt das Thema noch weitestgehend in den Kinderschuhen und ein wünschenswerter Marktstandard ist noch in weiter Ferne. Auch die Wissenschaft liefert bisher unterschiedliche Erkenntnisse, ob mit einer entsprechenden Geldanlage tatsächlich die Nachhaltigkeit verbessert und die Performance erhöht werden kann. Professor Koziol gibt dazu einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung und löst scheinbare Widersprüche auf.

Prof. Dr. Christian Koziol ist Inhaber des Lehrstuhls für Finance an der Eberhard Karls Universität Tübingen. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit Portfolio- und Risikomanagement, Unternehmensfinanzierung und der Analyse von komplexen Finanzprodukten. Neben zahlreichen Publikationen in leading field Journals ist er im Vorstand des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Bundesverbands für strukturierte Wertpapiere, und Schatzmeister der Deutschen Gesellschaft für Finanzwirtschaft.

Donnerstag, 8. August 

Klimagerechtigkeit, fossile Infrastrukturen und das Völkerrecht

Prof. Dr. Jochen von Bernstorff, LL.M.

Der Vortrag befasst sich mit der Rolle des Völkerrechts bei der Verwirklichung der Klimaziele des Paris-Abkommens. Die notwendige Transformation hin zu erneuerbaren Energien trifft derzeit weltweit auf eine bestehende "fossile" Energieinfrastruktur, deren Erhalt von mächtigen ökonomischen und politischen Akteuren verteidigt wird. Wie kann die Transformation hin zu erneuerbaren Energien dennoch gelingen und welche Rolle spielt hierbei das Völkerrecht? 

Prof. Dr. Jochen von Bernstorff hat den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Menschenrechte an der Universität Tübingen inne. Er war vor seiner Professur in Tübingen als Diplomat im Auswärtigen Amt und am Max Plank Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg tätig.