Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2023 – 23.02.2023

Editorial

Liebe Leserinnen,
liebe Leser,

unter dem Titel „Strukturen der Forschungsfinanzierung an deutschen Hochschulen“ hat der Wissenschaftsrat Ende Januar ein Positionspapier vorgelegt, das die Diskussion in den kommenden Jahren stark prägen wird. Das wichtigste Beratungsgremium auf dem Feld der deutschen Wissenschaftspolitik macht darin unmissverständlich deutlich, mit welchen strukturellen Problemen vor allem forschungsstarke Universitäten seit Jahren konfrontiert sind: „Das aktuelle System der Forschungsfinanzierung, in dem Drittmittel ein ähnliches Gewicht gewonnen haben wie Grundmittel für Forschung, ist an seine Grenzen gelangt.“ Notwendig sei eine Neujustierung von Grund- und Projektfinanzierung. 

Knapp acht Milliarden Euro nahmen die deutschen Universitäten 2020 in Form von Drittmitteln ein. Bei besonders erfolgreichen Einrichtungen wie der Universität Tübingen bewegt sich der Anteil der Drittmittel am Gesamtbudget seit einigen Jahren auf die Marke von 40 Prozent zu. Sie sind Ausweis der Forschungsstärke und unerlässlich, um im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein. Ohne diese Form der Finanzierung wären große, oft interdisziplinär angelegte Verbundprojekte nicht durchführbar. 

Doch ein hoher Anteil von Drittmitteln bleibt nicht ohne Folgen. Eine davon ist die wachsende Zahl befristeter Arbeitsverträge vor allem von Nachwuchskräften in der Forschung. Ebenso beanspruchen die Prozesse um die Akquise, Verwaltung, Abrechnung und Berichtsanforderungen durch die verschiedenen Geldgeber einen hohen Anteil der Arbeitszeit von Forschenden und in der Administration. 

Eine andere Konsequenz sind versteckte infrastrukturelle Kosten, die letztlich aus dem Grundhaushalt der Universität finanziert werden müssen. Mehr Drittmittel bedeuten zwangsläufig mehr Flächenbedarf für Büros und Labore, mehr Verwaltungsaufwand maßgeblich im Finanz- und Personalbereich, mehr Ausgaben für Energie, Technik und die Bewirtschaftung von Gebäuden. Doch nur ein Teil dieser Kosten kann bislang aus Drittmitteln bestritten werden. 

Immerhin gewähren die beiden größten deutschen Fördereinrichtungen, das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, pauschale Zusatzmittel, um die indirekten Projektkosten abzufedern. Doch selbst diese Pauschalen von 20 beziehungsweise 22 Prozent der Fördersumme decken die realen Kosten nur etwa zur Hälfte ab. Diese seit Jahren bekannte strukturelle Unterfinanzierung universitärer Forschung wird akut, wenn wie derzeit eine Inflationsrate von 8 bis 10 Prozent die finanziellen Spielräume der Universitäten massiv einschränkt. 

Die Forderungen, die sich aus dieser Situation ergeben, liegen klar auf der Hand und werden auch im Positionspapier des Wissenschaftsrats adressiert. Zum einen: alle Fördereinrichtungen sollten in Zukunft ihrer Verantwortung für das Gesamtsystem nachkommen und sich über Projekt- oder Programmpauschalen an den indirekten Kosten der Forschung angemessener als bisher beteiligen. Zum anderen: alle Fördereinrichtungen sollten die Pauschalen bis 2030 schrittweise auf 40 Prozent der Fördersumme erhöhen.

Die Effekte der hier vom Wissenschaftsrat skizzierten Reform wären kaum zu überschätzen. Denn eine derart gestaltete, realistische Finanzierung von Forschungsprojekten würde den Universitäten neue Spielräume eröffnen. Mehr Mittel aus der Grundfinanzierung könnten in die langfristige strategische Weiterentwicklung der Universität fließen. Mehr Stellen unterhalb der Professur könnten als Dauerstellen angelegt und besetzt werden. Das Gesamtsystem Universität, seit zwei Jahrzehnten im Dauerstress, könnte eine spürbare Erholung erfahren. 

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre des Newsletters.

Ihre
Professorin Dr. Karla Pollmann, Rektorin


Forschung

ChatGPT: Schreiben künftig Maschinen Texte anstelle von Menschen? 

Moderne KI-basierte Sprachmodelle wie ChatGPT sind in der Lage, erstaunlich gute Texte zu nahezu allen Themen automatisiert zu produzieren. Welche Auswirkungen hat das auf die Wissenschaft oder den Journalismus? Können wir überhaupt noch erkennen, welche Texte von Menschen und welche von Maschinen stammen? Ein Gespräch mit der Medienethikerin PD Dr. Jessica Heesen und mit ChatGPT selbst über Chancen, Grenzen und Gefahren. [mehr]

Über einen Waffenstillstand oder Verhandlungen wird auf dem Schlachtfeld entschieden

Am 24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine überfallen. Zum Jahrestag des russischen Angriffs erläutert der Tübinger Osteuropa-Historiker und Russland-Experte Professor Klaus Gestwa die aktuelle Lage in der Kriegsregion. Im Video widerlegt er außerdem acht populäre Thesen zu Russlands Angriffskrieg. [mehr]

„Wenn in den Medien von der ‚ukrainischen Krise‘ die Rede ist, ist das höchst manipulativ“

Mithilfe eines Stipendiums des Universitätsbunds und der Unterstützung zahlreicher Mitarbeitenden der Universität Tübingen konnte die ukrainische Soziologin Dr. Taiisia Ratushna mit ihrer Tochter in Tübingen Fuß fassen. Einblicke in ihren Alltag. [mehr]

Grundlagenforschung für bessere Behandlungsmethoden in der Psychotherapie

Die Psychologin und Neurowissenschaftlerin Dr. Marie-Luise Schreiter plädiert für eine engere Zusammenarbeit von praktizierenden Psychologen und Psychotherapeuten mit Neurowissenschaftlern und Experimentalpsychologen. Dazu veranstaltet sie im Juli die internationale Tagung „Brückenschlag zwischen therapeutischer Praxis und Grundlagenforschung“. (English version available) [mehr]

Tübinger Umweltforscher Lars Angenent erhält Leibniz-Preis

Vom Kohlendioxid zum essbaren Protein: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) verleiht dem Tübinger Biotechnologen Professor Dr. Lars Angenent für seine herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Umweltbiotechnologie den wichtigsten Forschungsförderpreis in Deutschland. (English Version available) [mehr]

Neue These zur Migration indigener Völker in Alaska

Der Tübinger Förderpreis für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie geht in diesem Jahr an Briana N. Doering. Die Juniorprofessorin an der Universität Wyoming, USA, wird für ihre Dissertation zur Wanderung indigener Völker von Alaska in den amerikanischen Südwesten ausgezeichnet. [mehr]

Erster CAPES-Lehrstuhl: Sozialwissenschaftler Hermílio Santos untersucht Biografien schwarzer Brasilianerinnen

Ab März wird Professor Hermílio Santos von der Päpstlichen Katholischen Universität von Rio Grande do Sul in Brasilien zu Gast in Tübingen sein. Sein Aufenthalt findet im Rahmen einer neuen Partnerschaft zwischen der brasilianischen Förderagentur CAPES und der Universität Tübingen statt. (Versão em português) [mehr]

Neue Studien zu COVID-19 und Alzheimer

Zwei neue Studien am Universitätsklinikum Tübingen untersuchen die Nebenwirkungen von COVID-19-Impfungen sowie die Erkennung von Emotionen und nonverbale Kommunikation beim Tragen von Masken. In einer weiteren Studie haben Forschende unter Federführung des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen einen neuen Ansatzpunkt für Alzheimer-Therapien gefunden. [mehr]

Neugründungen: Hertie Institute for Artificial Intelligence in Brain Health und Forschungszentrum für Wissenschaftskommunikation

Das Hertie Institute for Artificial Intelligence in Brain Health (Hertie AI) erforscht Prävention und frühe Diagnose von Erkrankungen des Nervensystems mit Hilfe von Methoden der künstlichen Intelligenz – Das Forschungszentrum für Wissenschaftskommunikation soll untersuchen, wie Universitäten nicht nur exzellente Wissenschaft betreiben, sondern diese auch in der Gesellschaft wirksam vermitteln können. [mehr]

Forschungsmeldungen

ERC Consolidator Grants für KI-Forscher und Neurowissenschaftler – Neue Sonderforschungsbereiche Transregio in der Mathematik und den Molekularen Pflanzenwissenschaften – Universitäten Nottingham und Tübingen schließen strategische Partnerschaft – Millionenförderung für Digitale Bildung – Neue DFG-Forschungsgruppe „Abstraktion von Information im Schlaf“ – Spitzenplatz für Tübinger Sportwissenschaft bei Shanghai Ranking – Neues Webportal „Andere Ästhetik“ [mehr]


Studium und Lehre

Sich frühzeitig Unterstützung holen bei Problemen

2372 Beratungsstunden für 752 Studierende: Das ist die Bilanz der Psychotherapeutischen Beratungsstelle des Studierendenwerks Tübingen-Hohenheim für 2021 – Tendenz steigend. Über die Arbeit und die Angebote der Beratungsstelle berichtet ihr Leiter Stefan Balz im Interview. [mehr]

StuRa übernimmt Cafeteria 

Im Hörsaalzentrum Morgenstelle eröffnet im Sommer das Café unter studentischer Leitung wieder: Der Studierendenrat will hier für längere Öffnungszeiten und einen bunten Treffpunkt sorgen. [mehr]

Appetizer für das Erasmus-Programm

Eine Woche lernen in Athen, fünf Tage empirische Forschung in Stockholm? CIVIS macht’s möglich. Mit den Blended Intensive Programmes bietet die europäische Universitätsallianz Kurzaufenthalte an Hochschulen im Ausland an, flankiert von Lehrveranstaltungen online. Zwei Studierende aus Tübingen berichten von ihren Erfahrungen mit dem neuen Format. [mehr]

Ich möchte wirklich gerne nach Hause, aber meine Freunde raten mir davon ab…

Vor einem Jahr berichtete Daryna Kukhar aus Kyiv über ihren Weg aus der Ukraine nach Deutschland. Wie geht es ihr heute? Die Austauschstudentin berichtet über ihre Zeit in Tübingen, ihre Hoffnungen und die Erfahrungen ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen in der Ukraine. [mehr]

Meldungen aus Studium und Lehre

200 Euro Einmalzahlung für Studierende – JugendticketBW für Studierende – Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten – Auszeichnung für Studentisches Gesundheitsmanagement BeTaBalance – Essay-Wettbewerb Wettbewerb des Tübinger Forums für Wissenschaftskulturen [mehr]


Uni intern

Nachhaltiges Forschungsdatenmanagement für die Geisteswissenschaften

Vormals eScience-Center, jetzt Digital Humanities Center: Die Core Facility der Universität Tübingen macht Forschungsprojekten in den Geistes- und Sozialwissenschaften Angebote zu Datenmanagement, Archivierung und Publikation von digitalen Daten. [mehr]

Ausbildungsinitiative für die Universität Tübingen

Fachkräftemangel auch an der Universität Tübingen: Stellenbesetzungen in IT, Bibliothek, Verwaltung, Technik, Handwerk und Laboren verzögern sich und Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Die Universität reagiert mit einer Initiative zu Stärkung der dualen Ausbildung (mit Video). [mehr]


Alumni Tübingen

„Nur wer die Welt versteht, kann sie verändern!“

Können Menschen im Alter von 3 bis 103 gleichermaßen für Naturwissenschaft und Technik begeistert werden? Eindeutig ja, lautet die Antwort von Alumna Professorin Dr. Bärbel Renner. Im Interview berichtet sie von ihrer Tätigkeit bei der experimenta in Heilbronn und ihrer Studienzeit in Tübingen. [mehr]


Leute

Neu berufen an die Universität Tübingen

Professor Carsten Eickhoff (Medizinische Fakultät) – Professorin Ivana Fleischer (Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät) – Professor Tobias Hauser (Medizinische Fakultät) – Professor Jan C. Jansen (Philosophische Fakultät) – Juniorprofessorin Jacky Kosgei (Philosophische Fakultät) – Juniorprofessor Thomas Küstner (Medizinische Fakultät) – Professorin Marlit Annalena Lindner (Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät) – Professorin Isabel Monte (Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät) [mehr]

Moraltheologe, Ethiker und Brückenbauer

Zum Tode von Professor Dr. Gerfried Werner Hunold ein Nachruf von Franz-Josef Bormann [mehr]

Die Professionalisierung des Faches Religionswissenschaft

Zum Tode von Professor Dr. Burkhard Gladigow ein Nachruf von Christoph Auffarth und Alexandra Grieser [mehr]

Vielseitiger Jurist mit großer Liebe zur Musik

Zum Tode von Professor Dr. Wolfgang Münzberg ein Nachruf von Eberhard Wagner [mehr]

Langjähriger Direktor der Universitätsbibliothek in Zeiten des Wandels

Zum Tode von Dr. Berndt von Egidy ein Nachruf von Marianne Dörr [mehr]

Kernphysiker und begnadeter Hochschullehrer großem Engagement für die Zukunft unseres Planeten

Zum Tode von Professor Dr. Friedrich Gönnenwein ein Nachruf von seinen Schülern und ehemaligen Kollegen [mehr]

Pionierin der Augenheilkunde: 100. Geburtstag von Elfriede Aulhorn

Tübinger Perimeter, Mesoptometer, Phasendifferenzhaploskop – alle diese Verfahren wurden in der Augenheilkunde Standard. Entwickelt wurden sie von der Tübinger Neuroophthalmologin Elfriede Aulhorn. Am 8. Januar 2023 wäre sie 100 Jahre alt geworden. [mehr]

Personalnachrichten (Rufe, Ehrungen, Jubiläen)

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Meldungen Forum

Solidarität mit Erdbebenopfern in der Türkei und Syrien – Ausstellung: Cyber and the City. KI bewegt Tübingen – Nachhaltigkeitspreise 2022 – Auszeichnungen für drei Startups der Universität [mehr]